Bielefeld. In den Augen einiger Verbraucherschützer verletzt das sogenannte Zero-Rating das Gebot der Netzneutralität. Bei dieser Mobilfunk-Praxis werden bestimmte Dienste, zum Beispiel Musik- oder Videostreaming-Apps, nicht auf das Datenvolumen von Mobilfunkkunden angerechnet. Interessant wird nun, wie sich durch Gebühren finanzierte öffentlich-rechtliche Sender zu diesem Thema verhalten. Diese Frage stellt sich beim Blick auf die Partner des Telekom-Tarifs "StreamOn".
Mit "StreamOn" bietet die Telekom seit April dieses Jahres Zero-Rating an. In den Augen von Kritikern werden die Dienste, auf die kein Datenvolumen angerechnet wird, bevorzugt und dadurch nicht mehr alle Daten im Internet diskriminierungsfrei behandelt. Sie sehen die Netzneutralität verletzt. Vodafone bietet seit Oktober ein ähnliches Tarif-Modell an.
Die Telekom ist mit dem Tarif nach eigenen Angaben erfolgreich am Markt. Inzwischen gebe es 550.000 Buchungen, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Außerdem gibt es immer mehr Dienste, die sich an "StreamOn" beteiligen. Seit November ist auch ein zweiter öffentlich-rechtlicher Player dabei: Bremen Eins, eine Hörfunkwelle der ARD. Auch das ZDF macht mit. Seit April gehört die ZDF-Mediathek zu den Video-Streaming-Partnern.
Klare Haltung beim ZDF, Abwarten bei der ARD
Wie halten es die öffentlich-rechtlichen Sender dann mit der Netzneutralität? Das ZDF jedenfalls hat, im Gegensatz zur ARD, eine klare Haltung. Auf Anfrage teilt eine Sprecherin mit, dass sich das ZDF zur Netzneutralität bekenne und verweist unter anderem auf eine von ARD und ZDF veröffentlichte Stellungnahme zum Thema. Darin heißt es unter anderem: "Aus Sicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es (...) essenziell, dass die Rundfunkbeitragszahler über das Internet einen von Netzbetreibern nicht beeinträchtigten, diskriminierungsfreien Zugang zu den aus Rundfunkbeiträgen finanzierten und dort abrufbaren Inhalten haben."
Das ZDF sieht durch den Telekom-Tarif die Netzneutralität nicht verletzt. Jeder Anbieter von Videodiensten könne schließlich kostenfrei mitmachen. Die Tarifoption sei auch nur mit einem entsprechend großen Inklusiv-Volumen buchbar, das auch die Nutzung anderer Dienste außerhalb des Zero-Ratings ermögliche. Das ZDF verweist außerdem darauf, dass sich "StreamOn" innerhalb des EU-Rechtsrahmens bewegt, weil nach Verbrauch des Datenvolumens der Zugang zu allen Diensten gedrosselt wird.
Warten auf die Intendanten-Sitzung
So klar wie das ZDF positioniert sich die ARD bislang nicht. "Das Thema befindet sich in Beratungen. Eine konkrete Entscheidung gibt es bislang", sagt ARD-Sprecher Steffen Grimberg. Warum die zur ARD gehörende Welle nun zu den "StreamOn"-Partnern gehöre, kann selbst Radio Bremen auf Anfrage nicht klar beantworten. Der zuständige Mitarbeiter sei nicht da. So viel weiß man aber schon: Dass Bremen Eins nun unter den "StreamOn"-Partnern zu finden sei, sei nicht das Ergebnis einer Entscheidung der Geschäftsleitung von RadioBremen, sondern die Folge eines Dienstleisterwechsels. Das klingt ein wenig nach einem Versehen. Eine genauere Erklärung steht aus.
Radio Bremen wolle nun die Beratungen der Intendanten abwarten und dann entscheiden, wie es mit Bremen Eins bei "StreamOn" weitergehen soll. Die Fachleute der ARD seien überwiegend der Ansicht, dass die Telekom mit StreamOn die Netzneutralität nicht verletze. Die Intendanten treffen sich am 27. und 28. November. Auf die Positionen zu Netzneutralität und Zero-Rating-Angeboten darf man gespannt sein.
INFORMATION
Entscheidung der Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur hatte im Oktober Details der mobilen Daten-Flatrate "StreamOn" der Telekom untersagt. Allerdings sieht die Agentur die Netzneutralität nicht durch das Zero-Rating verletzt, sondern weil im "Tarif L" die Audio- und Videodienste nicht gleich behandelt und Verbraucher "StreamOn" im europäischen Ausland nicht so nutzen können wie im Inland. Auf die Frage, ob die Telekom die von der Bundesnetzagentur geforderten Veränderungen bereits umgesetzt hat, antwortet ein Sprecher: "Wir sind in Kontakt mit der Bundesnetzagentur und hoffen, die Behörde von einer Lösung im Sinne der Kunden überzeugen zu können."