Bielefeld. Die Timeline auf Twitter ist voll davon. Und auch auf Facebook weisen die ersten Nutzer darauf hin, dass man ihnen jetzt sogenannte Tells, also anonyme Nachrichten, Komplimente oder Geheimnisse schreiben kann. Wie das geht? Mit der Internetplattform Tellonym, die bald auch als App erscheinen soll.
Auf einer für den angemeldeten Nutzer eingerichteten Pinnwand werden die anonymen Nachrichten gesammelt. Lediglich er sieht die Kommentare. Niemand anderes. Aber wozu? Immerhin regt man sich regelmäßig über anonyme Kommentare von Nutzern mit Fakeprofil auf.
Was also kann Tellonym, was das restliche Netz nicht kann? Es hilft nichts, ein Test muss her.
Was halten Sie von Tellonym? Verraten Sie es uns, schicken Sie uns einen Tell - Sie bleiben auch unerkannt:
Irgendwie interessiert's einen dann doch - also haut raus! Ist alles anonym. Auch Beleidigungen nehm ich - ist besser als nichts.
Posted by Christian Geisler on Mittwoch, 16. November 2016
Gesagt getan. Der Post auf Facebook ist raus. Was werden einem wohl Freunde und Bekannte auf die eigene Tellonym-Pinnwand schreiben? Geben sie Kritik, die sie einem niemals ins Gesicht sagen würden? Oder gibt es Lob? Abwarten.
Und das ganz schön lange. Auf der Tellonym-Pinnwand herrscht gähnende Leere. Kein Lob. Keine Kritik. Nicht einmal eine Beleidigung. Dann nach 22 Stunden zumindest ein erstes Like auf den Facebook-Post. "Gerhard Reinholzen" - ein Freund, der online keinen Klarnamen nutzt. Das musste ja so kommen.
Dann tut sich etwas. Auf der Tellonym-Seite erscheint ein erster Tell. "Du Schnitte! Als ich deine Augen das erste Mal gesehen habe, war es um mich geschehen." Ironie klingt mit. Die Netzwelt scheint Tellonym und auch dessen Nutzer nicht ernst zu nehmen.
- Tellonym hat etwas mehr als 10.000 angemeldete Nutzer.
- Etwa 119.000 Tells wurden bereits versendet.
- Die Plattform finanziert sich komplett durch Werbeeinnahmen und Spenden
- Es gibt keine absolute Anonymität auf Tellonym. So wird die IP bei jeder Nachricht gespeichert, um den Versender von unerwünschten Tells zu identifizieren und zu sperren.
- Eine App ist bereits in Planung. Diese soll vorerst nur für Android erscheinen. Ein Erscheinungstermin ist noch nicht bekannt.
Dazu Max Fehmerling, der Entwickler von Tellonym: "Mein Ziel ist, den Nutzern eine angenehme Möglichkeit zu bieten, sich untereinander anonym Kritik, Meinungen etc. zu geben. Dabei fungiert Tellonym nicht als 'Hochsicherheits-Messenger', wie es oftmals missinterpretiert wird, sondern als lustige Möglichkeit für Freunde und Bekannte. Die Reise führt ins Unbekannte."
Oder in die Bedeutungslosigkeit. Weiterhin steht nur ein Tell auf der Seite. Nervosität. Was, wenn es dabei bleiben sollte und sich niemand mehr die Mühe macht, auf die Pinnwand zu schreiben?
Da muss nachgeholfen werden. Ich bitte Freunde aktiv darum, sich auch zu verewigen, damit ich mich nicht mehr ganz so unwichtig fühle. Schließlich ist ja auch alles anonym. "Was bringt dir das?" und "Was soll der Mist?" lauten die antworten. Na toll.
Aber immerhin: Ein paar Stunden später erscheinen dann doch noch drei weitere Tells. Alle sind sie ironisch angehaucht, einer ist sogar liebevoll beleidigend. Klasse! Und jetzt?
Was nützt es einem auch, sich über anonyme Postings den Kopf zu zerbrechen? Ehrliche Kritik oder auch Lob von Menschen aus dem eigenen Umfeld ist durch die Plattform nicht zu ersetzen. Mehr als ein netter Zeitvertreib ist Tellonym wohl nicht.