Kita-Krise in OWL: Land kürzt die Mittel für Alltagshelfer drastisch

Bielefeld/Paderborn. Nach wie vor stehen die Kitas in NRW kurz vor dem Kollaps. Fehlende Finanzierung und Personalmangel sorgen für Ausfälle und fehlende Betreuung. Halbwegs am Laufen halten können die Mitarbeiter das System zu einem großen Teil mit der Unterstützung der Alltagshelfer. Ausgerechnet an dieser Notlösung spart das Land nun erneut – mit einer vorab nicht kommunizierten zehnprozentigen Streichung der Fördermittel. Die Trägerlandschaft in OWL reagiert fassungslos. Im Runderlass von November 2023 war die Höhe der Zuwendungen für die Kitajahre 24/25 und 25/26 jeweils noch mit 18.000 Euro pro Kita festgelegt. Nun gibt es einen neuen Erlass. Darin ist von den ursprünglichen Summen keine Rede mehr. Stattdessen werden hier für das Halbjahr August bis Dezember ’25 nur noch 6.750 Euro festgesetzt. Für Januar bis Juli beläuft sich der Förderbetrag auf 9.450 Euro. Die Trägerlandschaft ist fassungslos angesichts der Kürzungen. Denn die Helfer, die zwar keine pädagogischen Arbeiten am Kind, dafür aber alle sonstigen Hilfstätigkeiten übernehmen dürfen, sind eine wichtige Entlastung. &bdquo;Die Kürzungen sind schwer herauszulesen angesichts der unterschiedlichen Zeitfenster“, sagt Detlef Müller, Geschäftsführer der Katholischen Kitas Hochstift und Bielefeld, mit 159 Kitas einer der größten Träger OWLs. &bdquo;Einmal werden die Beiträge für das Kitajahr, einmal für das Kalenderhalbjahr angegeben. Für uns bedeuten die Streichungen aber konkret 100.000 Euro weniger Förderung für die GmbH im Hochstift und 60.000 Euro weniger Förderung für die GmbH in Bielefeld.“ Lesen Sie auch: Land verlängert Alltagshelferprogramm erneut zu spät 150 Euro pro Monat und Stelle weniger für Träger in OWL Doch nicht nur der Verlust der Mittel empört Müller. &bdquo;Diese Förderung war immer verbindlich zugesagt, sollte jetzt in die Verstetigung gehen. Und auf einmal wird da ohne vorherige Kommunikation oder Ankündigung gekürzt. Da verliert man vollständig das Vertrauen.“ Auch bei der AWO OWL, Träger von 120 Kitas, ist man fassungslos. &bdquo;Die Träger haben sich im vergangenen Jahr auf die zugesagten Förderkonditionen verlassen und entsprechende Verträge abgeschlossen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Thomas Euler. Diese Konditionen hätten vom ersten August 2025 bis 31. Juli 2026 Mittel in Höhe von 1.500 Euro pro Monat vorgesehen. &bdquo;Nun wurde der Festbetrag um 150 Euro pro Monat und pro Stelle reduziert. Wir können diese Kürzung und das Vorgehen nicht nachvollziehen.“ Träger brauchten Verlässlichkeit bei der Planung, wenn Zusagen nicht eingehalten würden, komme es zur Unterfinanzierung. &bdquo;Die Alltagshelferinnen sind ohnehin Geringverdiener. Es wird unserer Meinung nach an der falschen Stelle gespart.“ Lesen Sie auch: Eine Fachkraft für 60 Kinder - wie das Land die Aufsicht in den Kitas ausdünnt Beim Kirchenkreis Herford weiß man derzeit noch gar nicht, wie es weitergehen soll. &bdquo;Als Träger von 56 Kindertageseinrichtungen im Kreisgebiet trifft uns diese Entscheidung des Landes schwer“, sagt Valeska Absi, Mitglied der Geschäftsführung. Die Alltagshelferinnen und -helfer seien fester Bestandteil des pädagogischen Alltags. &bdquo;Sie unterstützen die Fachkräfte und tragen mit ihrem Einsatz dazu bei, die Angebote und die Qualität in den Einrichtungen zu sichern. Dass diese wertvolle Hilfe künftig nicht mehr auskömmlich vom Land finanziert werden soll, ist schwer verständlich.“ Grundsätzlich sei das Bestreben, alle Helfer weiter in vollem Umfang bereitzustellen. &bdquo;Angesichts der Tatsache, dass die Träger von Kindertageseinrichtungen bereits durch das aktuelle Kinderbildungsgesetz unterfinanziert sind, wissen wir aktuell noch nicht, wie dies möglich sein wird.“ Resignation und Frust bei Bielefelder Trägern wächst Das Land begründet die Kürzung hingegen mit dem Argument, das Ziel der Förderung sei die Sicherstellung, dass auch alle rund 11.000 Einrichtungen in NRW davon profitierten. &bdquo;Damit eine möglichst hohe Zahl der Einrichtungen am Kita-Helfer:innen-Programm teilnehmen kann, war es unter Berücksichtigung der schwierigen aktuellen Haushaltslage auf der einen Seite, und einem breiten Interesse auf der anderen Seite, notwendig, die entsprechenden Fördersätze anzupassen“, teilt eine Sprecherin des Familienministeriums auf Anfrage dieser Redaktion mit. Doch nicht nur die Maßnahme an sich, auch der Zeitpunkt der Verkündung kommt für viele Träger zum falschen Zeitpunkt. &bdquo;Wir haben angesichts der versprochenen Fördermittel Festanstellungen vorgenommen“, sagt Detlef Müller. &bdquo;Die Verträge sind fix, die Kosten müssen wir jetzt aus eigener Tasche zahlen.“ Was ein großer Träger vielleicht gerade noch leisten kann. Lesen Sie auch: &bdquo;Völlig untragbar“ - Eltern nehmen Tochter aus Bielefelder Kita Ganz anders sieht es bei kleinen Verbänden aus, wie dem Christlichen Schulverein aus Paderborn. Er unterhält drei Kitas, vier Alltagshelferinnen arbeiten hier. &bdquo;Wir werden angesichts der Kürzungen pro Kita einen Arbeitstag bei den Helfern streichen müssen“, sagt Geschäftsführer Eduard Butt. &bdquo;Und angesichts der Überlastungen bei den Mitarbeitern ist jeder Tag, an dem ein Alltagshelfer mit anpackt, wichtig. So dreht sich die Spirale immer weiter abwärts.“ Butt ist vor allem ernüchtert vom Vorgehen aus Düsseldorf. &bdquo;Was wir brauchen, ist ehrliche, transparente Kommunikation. Was passiert, ist, dass man uns langsam ausbluten lässt.“ Auch Jana Marnitz, Geschäftsführerin der Wirbelwind GmbH aus Bielefeld, resigniert zunehmend. Seit Jahren rührt sie gemeinsam mit den anderen freien Trägern aus Bielefeld die Trommel, um auf die Zustände im Kita-System aufmerksam zu machen. &bdquo;Wir haben alles gemacht. Wir waren laut, wir waren auf der Straße, wir haben Brandbriefe geschrieben. Und trotzdem geht aus Düsseldorf immer alles weiter in die falsche Richtung. Es ist nicht aufzuhalten.“ Kommentar: Sparen an der Notlösung: Neuer Tiefpunkt in der Kita-Politik in NRW

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