
Bielefeld. Vor 14 Tagen saß er noch bei Günter Jauch in der Show "Wer wird Millionär?" auf dem heißen Stuhl, jetzt versucht er auf andere Art sein Glück und wechselt in die GFL 1: Stefan Conrad, seit 2006 bei den Bielefeld Bulldogs, geht gemeinsam mit seinem "Buddie" Kai Stockfisch zum Süd-Erstligisten Marburg Mercenaries.
Am Montag teilten die beiden der Klubführung, Coach Willie Robinson und der Fanbase ihre Entscheidung mit und baten alle Beteiligten um Verständnis. "Es war immer mein Traum, einmal in der ersten Liga zu spielen. Dass ich diese Möglichkeit im Spätherbst meiner Footballkarriere noch bekomme, ist einfach nur der Wahnsinn", sagt der 37-jährige Conrad. Jeder habe ihm zugeraten, diese Chance wahrzunehmen - allen voran sein amerikanischer Freund und Ex-Bulldogs-Quarterback Chase Vogler: "Von ihm habe ich den kurzen, aber prägnanten Rat 'Just do it' (Mach's einfach) bekommen", erzählt der selbstständige IT-Experte.
»Die Mercenaries haben mich voll überzeugt«
Das Bulldogs-Duo stürzt sich allerdings nicht unüberlegt und aus dem Bauch heraus in das Abenteuer GFL 1, sondern hat die Dinge lange abgewogen. "Ich hatte sogar mehrere Angebote, aber die Rahmenbedingungen in Marburg und die professionelle Art und Weise, wie die Mercenaries auf mich zugekommen sind, haben mich total voll überzeugt", erklärt Conrad. Den letzten Ausschlag gab schließlich, dass Marburg vor 14 Tagen Dale Heffron, den früheren Erfolgstrainer der Bulldogs, als neuen Headcoach vorstellte: "Da wusste ich natürlich noch ein Stück weit mehr, was mich da erwartet."
Noch vor dem ersten Training schwärmt der D-Liner von den Gegebenheiten in seiner neuen sportlichen Heimat. "Den Mercenaries stehen zum Training zwei Kunstrasenplätze zur Verfügung", berichtet Conrad, der sich deshalb zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder ein paar Multinoppenschuhe gekauft hat. Der Belag komme ihm als "altem Sack" enorm entgegen: "Das Verletzungsrisiko ist einfach viel geringer als auf dem Stoppelacker an der Radrennbahn." Ab Januar werden Stockfisch und Conrad zweimal wöchentlich nach Nordhessen pendeln, knapp zwei Stunden Fahrt, "die Kai und ich auf einer Backe absitzen werden", so Conrad.
Verein und Headcoach waren im Übrigen die ganze Zeit über einen möglichen Wechsel der beiden Leistungsträger informiert. "Du erzählst mir wirklich keine Neuigkeiten", sagt Willie Robinson, der den Abgang des Duos zwar sportlich nimmt ("Ist doch klar, dass die beiden sich das nicht entgehen lassen wollen"), trotzdem aber einen "schweren Verlust" konstatiert. Conrad sei zwar noch ansatzweise zu ersetzen ("Mir schwebt da schon die eine oder andere Lösung vor"), doch bei Stockfisch werde es enorm schwierig. "Kai ist ein besonderer Spieler mit speziellen Fähigkeiten, die du so schnell bei keinem anderen findest", meint der Headcoach: Um einen Lineman wie Stockfisch zu finden. müsse man sich auf die Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen begeben. Ob damit der Fall eingetreten sei, in dem man in den USA oder dem europäischen Ausland nach adäquatem Ersatz suchen müsse, wollte Robinson nicht bestätigen.
Sportdirektor Heiko Schreiber war bemüht, schnell zur Tagesordnung überzugehen. Er sie zwar traurig und enttäuscht, schrieb er bei Facebook, der Weggang seiner langjährigen Weggefährten sei aber "nichts Lebensbedrohliches". So weit, so gut - weitere Nackenschläge sollten jetzt aber nicht mehr kommen.