Die Foltermorde von Bosseborn (4): Die Nachbarn reagierten nicht

Höxter. Angelika W. und Wilfried W. ziehen 2010, einen Tag vor Weihnachten, in den kleinen, beschaulichen Ort Bosseborn. War es bis dahin eher ruhig im und um das kleine Gehöft, wird es nun geschäftig. Es kommen jetzt immer mehr Autos und halten an. Frauen steigen aus, mit großem und kleinen Gepäck. Frauen verlassen das Gehöft, kehren zurück oder werden nie wieder gesehen. Zwei von ihnen werden in dem Haus zu Tode gequält, anderen gelingt nach schwersten Misshandlungen die Flucht. Auf dem kleinen Bauernhof herrscht ab 2011 reger Betrieb, meistens ab Mittag. Bis dahin sind die Gardinen im Erdgeschoss zugezogen. Bei Nacht und Nebel zog das Paar ein, erinnert sich eine Nachbarin. Die beiden Fremden werden für Bruder und Schwester gehalten. Sie fallen auf im Dorf und werden beäugt. Nachbar A. bemerkt zu Ostern eine schmale Frau mit schulterlangen Haaren beim Folterpaar. &bdquo;Die schmale Frau war nach einer Woche Abwesenheit auf einmal wieder da und hatte plötzlich eine Glatze. Nie war sie allein, immer in Begleitung von Angelika und Wilfried W.. Etwa 10 Frauen hat der Nachbar gehabt." Nachbar B. weiß, dass die beiden immer bis Mittag schliefen. &bdquo;Ständig gab es neue Autos vor dem Haus. Der Nachbar schlug auch sofort zu. 2014 hatte eine Frau für längere Zeit bei Wilfried W. gewohnt. Sie war zum Schluss sehr gebrechlich. Sie konnte kaum noch laufen. Die Unterarme waren verbunden von den Handgelenken bis zu den Ellenbogen. Ich bemerkte, dass sie irgendwann eine Glatze hatte und richtig schlecht aussah." Nachbar C. fiel auf, dass es im Haus von Wilfried und Angelika ein ständiges Rein und Raus gab. &bdquo;Die erste Frau war vor drei Jahren da, die letzte vor zwei Jahren. Sie war so schwach und mit einer Glatze, und die letzte Frau war vor ein paar Tagen plötzlich verschwunden." Nachbar D. sieht, wie das Veterinäramt Tiere wegholt. &bdquo;Die Geschwister hatten Schweine, Hühner, Gänse und Ziegen im Keller gehabt. Alle Tiere waren total verwahrlost. Die letzte Frau mit der Glatze hatte eine Katze mitgebracht. Zum Einkaufen fuhren die drei immer zusammen los. Mit den Lebensmitteln fütterten sie die Tiere. Wilfried lebte von Hartz IV und hatte mal für den uniformierten Wachschutz gearbeitet. Beide lagen immer bis Mittags im Bett. Eine Frau habe ich tagelang nicht gesehen. Als sie wieder auftauchte, sah sie vollkommen abgemagert und schlapp aus. Angelika W. stieß die arme Frau vor der Tür zu Boden. Ich ging davon aus, dass sie dort eingesperrt wurde und vermutlich nicht mehr machen konnte, was sie wollte. Eines Tages war die Frau verschwunden. Danach sind wieder mehrere Frauen aufgetaucht und nach mehreren Tagen waren sie wieder weg. Die letzte Frau hatte erst schulterlange Haare und drei Wochen später fast eine Glatze. Nie hat man Schreie gehört, nur von den Tieren." Nachbar E. fällt 2014 eine Frau auf, die mit zwei Hunden ankommt. &bdquo;Plötzlich waren die zwei großen Schäferhunde weg, dann die Frau und danach das Auto. Später sah ich die Frau auf dem Pflaster liegen. Die haben sie geschubst und sie ist gefallen. Ich hörte, wie Wilfried W. sagte, dass er ihr nicht helfe beim Aufstehen. Diese Frau war etwa sechs bis acht Wochen hier." Nachbar F. wollte sich wegen Ruhestörung bei Wilfried W. beschweren. &bdquo;Gegen 23 Uhr am Sonntag sägten sie Holz. Wir sind rübergegangen, und der Nachbar wurde nach einem kurzen, verbalen Streit gleich handgreiflich. Die letzte Frau, die dort zusätzlich lebte, hatte erst lange Haare und später keine mehr." Eine Frau, die an Wilfried W. und Angelika W. Stroh verkaufte, erinnert sich: &bdquo;Es kamen Bruder und Schwester zu mir und kauften mehrmals Stroh. Im Laderaum des Autos saß wiederholt eine dürre, zusammengekauerte Frau. Sie sah aus wie ein verkommenes Tier. Einmal war die Schwester verletzt, sie hatte einen Arm verbunden und ihren Augen waren ganz blaugeschlagen." Eine Zeugin klingelte im Saatweg, um für eine Religionsgemeinschaft neue Mitglieder zu finden. &bdquo;Beim Abgeben der Werbebroschüre fiel mir sofort eine größere Frau auf, die ganz langsam ging und teilnahmslos wirkte. Sie schaute sehr traurig." Die besorgte Nachbarin G. teilt dem Veterinäramt 2013 mit, dass Angelika W. einen Rottweiler nicht artgerecht halte. Der Hund befinde sich im Obergeschoss, die Rollläden seien ständig geschlossen. Bei einer Kontrolle leugnet Angelika W. gegenüber der Tierärztin, einen Hund zu besitzen. Wenig später fällt der Rottweiler dann doch auf. Nachbarin G. hat ihn wieder gesehen und es dem Veterinäramt mitgeteilt. Das leitet eine Untersuchung ein. Es besteht der Verdacht einer Straftat wegen Verstoßes gegen das Landeshunde- und Tierschutzgesetz.

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