Düsseldorf

NRW startet Pilotversuch: Polizisten werden mit 200 Bodycams ausgestattet

Auf diese Weise sollen die Polizisten mehr vor Aggressionen geschützt werden

Ein Polizist ist mit einer Bodycam ausgerüstet. | © picture alliance / Franziska Kraufmann/dpa

11.04.2017 | 11.04.2017, 07:00

Düsseldorf (dpa). Ob Polizisten mit kleinen Kameras am Körper Einsätze filmen sollen, ist heftig umstritten. Im Mai beginnt in Nordrhein-Westfalen ein Pilotversuch mit 400 Polizisten in fünf Polizeibehörden. Anlass sind die drastisch gestiegenen Übergriffe auf Ordnungshüter. Mit Hilfe der Bodycams sollen Beweise gesichert, besser noch: die Situation soll entschärft werden.

Welche Polizeibehörden machen mit?
In Düsseldorf, Duisburg, Köln, Wuppertal und im Kreis Siegen-Wittgenstein haben von Mai an 400 Polizisten die Kamera am Revers. Die Beamten werden derzeit geschult. Insgesamt 200 Bodycams stehen in den Regionen bei ganz verschiedenen Einsätzen zur Verfügung: bei Streifengängen auf den Partymeilen in Köln, in Vierteln mit hohem Migrantenanteil oder im ländlichen Raum. Das Pilotprojekt wird wissenschaftlich ausgewertet.

Wozu eine Körperkamera?
In erster Linie geht es um den Schutz der Polizisten vor Aggressionen. Die Polizeigewerkschaften schlagen schon länger Alarm, weil die Beamten oft mit Worten und Taten angegriffen werden. Das zeigen auch die Zahlen: Von 2015 auf 2016 stieg die Zahl der Pöbeleien und tätlichen Angriffe auf Polizisten in NRW um mehr als 20 Prozent.

Wann wird das Gerät eingesetzt?
Die Bodycam läuft nicht automatisch mit, sondern wird vom Polizisten mit Ansage beim Einsatz aktiviert. Dann ist die Aufnahme auch für den Betroffenen live in einem kleinen Display zu sehen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) setzt auf eine abschreckende und deeskalierende Wirkung durch diese Beweissicherung. Ohne Anlass soll die Kamera aber nicht laufen. "Erst die Gefahr, dann die Aufzeichnung", sagt Projektleiter Marco Bartjes. Nach zwei Wochen müssen die Daten gelöscht werden.

Was ist das für ein Gerät, die Bodycam?
Es wiegt rund 150 Gramm und kostet 1.000 Euro pro Stück. Per Magnet wird das kleine High-Tech-Gerät in Brusthöhe an die Polizeiuniform geheftet. Wenn die Bodycam an- und ausgeschaltet wird, ertönt ein Signal. In anderen Bundesländern werden die Kameras auf der Schulter getragen.

Was sagen Kritiker?
Landesdatenschutzbeauftragte Helga Block kündigte an, sie werde Pilotversuch und Evaluation "kritisch begleiten". Sollten Zweifel an der Wirksamkeit von Bodycams bestehen, "sind die Kameras auszuschalten". Block hatte schon im Gesetzgebungsprozess beanstandet, dass es bislang keine wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit von Bodycams gebe. Die CDU-Fraktion im Landtag kritisierte, der Test zum Einsatz von Minikameras sei im "Schneckentempo" gekommen. Man habe schon im Mai 2014 gefordert, den Einsatz zu erproben.

Warum macht NRW einen eigenen Pilotversuch?
In NRW dürfen Polizisten auch in privaten Räumen filmen. Das ist eine Lehre aus problematischen Einsätzen wegen häuslicher Gewalt. Die "Datenerhebung durch den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte" ist im eigens geänderten NRW-Polizeigesetz geregelt. Ob Bodycams wirklich deeskalierend wirken, soll eine wissenschaftliche Begleituntersuchung zeigen.

Wie halten es andere Bundesländer?
In ganz Hessen werden Bodycams seit 2016 verwendet. Die Polizei dort verfügt über 99 Körperkameras, die gezielt an Brennpunkten eingesetzt werden. "Das Tragen der Schulterkameras schreckt bei Kontrollen in Brennpunktbereichen potenzielle Aggressoren ab", erklärt das dortige Innenministerium. Im benachbarten Rheinland-Pfalz sind inzwischen 100 Kameras bei 20 Dienststellen im Einsatz. Dadurch konnten Übergriffe teilweise unterbunden werden, sagen die Behörden. Auch für eine Beweisführung im Strafverfahren seien die Daten wichtig.

Und was sagen die Polizisten dazu?
Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) könnten die Bodycams ohne Probelauf sofort eingeführt werden. "Wir fordern das schon seit zwei Jahren", sagt GdP-Chef Arnold Plickert und verweist auf gute Erfahrungen in Hessen und Rheinland-Pfalz. Auch wenn nicht jeder Angriff damit verhindert werde: Bei betrunkenen, aggressiven Krawallmachern zieht die Warnung vor der Kamera wohl nicht.