
Von
Thomas Seim
02.05.2017 | 02.05.2017, 18:46
Meinung
Innenminister de Maizière hat die Leitkultur-Debatte wieder ins Gespräch gebracht
Der Satz „Wir sind nicht Burka" ist schlechtes Deutsch. Das ist nicht nur unter Germanisten keines Streits würdig. Thomas de Maizière klingt ebenfalls nicht wirklich deutsch, auch wenn viele französische Hugenotten dieses Namens bereits vor dreieinhalb Jahrhunderten zu uns einwanderten. Gleichwohl wird man unseren Bundesinnenminister mit Fug und Recht einen guten Deutschen nennen – und dies, obwohl er nach 15 Jahren der Versuchung nicht widerstanden hat, die unsägliche Leitkultur-Debatte zu erneuern, die damals der ebenfalls daran gescheiterte Christdemokrat Friedrich Merz lostrat.
Die Not muss groß, die Verunsicherung in der Union riesig sein, wenn sie glaubt, dass diese Debatte für einen Erfolg bei den Wahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und im Bund notwendig wird. Insbesondere in NRW reibt man sich – nicht nur, aber auch in der Union – verwundert die Augen, dass der Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl nun an der Seite de Maizières erscheint und Prinzipien fordert, die über das Grundgesetz hinausgehen. Noch im vergangenen Jahr hatte Armin Laschet umgekehrt in Bezug auf flüchtlingsfeindliche Angriffe in Sachsen erklärt, die Integration mancher Deutscher in unsere Leitkultur sei gescheitert. Ja, was denn nun?
Da ist es eher wohltuend, wenn der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz aus Münster die Debatte für überflüssig, vor allem aber gefährlich hält. Denn, auch da darf man Polenz zitieren: Das Grundgesetz ist die Leitkultur und bildet den Rahmen für viele Kulturen. Das Grundgesetz aber gibt es schon, dafür braucht es keine neue Debatte. Es sei denn, man will es stärker national ausrichten.
Man kann nur hoffen, dass das nicht der Hintergrund des de-Maizière-Vorstoßes ist. Und man muss hoffen, dass das schlechte Deutsch nicht das des Innenministers ist. Denn diese schlechte Sprache ist nur von der Wahl Benedikts XVI in Erinnerung: „Wir sind Papst" hieß es da. Der aber ist nicht mehr im Amt. De Mazière ist es noch.
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