Bielefeld. Gemütlich soll er sein und verschmust. Aber auch ausdauernd und sportlich. Er darf keine Probleme mit Kindern haben, muss wachsam sein, darf Besucher jedoch nicht gleich verbellen. Es gibt mehr als 400 anerkannte Hunderassen. Keine kann alle diese Anforderungen gleich gut erfüllen. Wer sich einen vierbeinigen Freund zulegen will, muss sich entscheiden. Die Frage nach der richtigen Rasse ist auch eine Frage nach der eigenen Persönlichkeit.
"Entscheidend ist immer der, der die Leine in der Hand hält", sagt Mustafa Irmak. Er ist Leiter einer Hundeschule in Bad-Salzuflen und rät jedem, der über einen Hund nachdenkt, sich zunächst die Frage zu stellen: "Welcher Typ bin ich eigentlich?"
Die Suche nach dem richtigen Hund als Weg zur Selbsterkenntnis? "Man muss sich hinterfragen: Bin ich charakterlich einer Rasse gewachsen? Menschen, die sich etwa scheuen, Konflikte auszutragen, sollten sich beispielsweise keinen Terrier oder Rhodesian Ridgeback zulegen, bei deren Erziehung besonders viel Konsequenz nötig ist", sagt Irmak. Für sie seien ruhigere Rassen wie der wuschelige kleine Havaneser oder auch der Shelty, eine kleine Ausgabe des Collies, besser geeignet.
Herdenschutzhunde brauchen eine konsequente Erziehung
Nur ein paar Beispiele wohlgemerkt, die dem individuellen Charakter, den jeder Hund neben seiner genetischen Prägung mitbringt, nicht gerecht werden können. Um einen ersten Überblick zu gewinnen, ist es hilfreich, sich mit dem Ursprung der einzelnen Hunderassen auseinanderzusetzen. Sogenannte Herdenschutzhunde wie der Kangal oder der Pyrenäenberghund etwa sind sehr selbstständig. Sie haben früher ihr Herrchen nicht erst gefragt: "Soll ich diesen Wolf vertreiben oder nicht?" Daher haben sie noch heute die Tendenz, eigene Entscheidungen zu treffen.
Ein solcher Hund braucht von Welpenpfoten an eine konsequente Erziehung, damit er lernt, sich in der Familie unterzuordnen. Auch für Hütehunde, Treibhunde, Haus- und Hofhunde oder Wachhunde gibt es entsprechende Empfehlungen und Anforderungen, die die jeweilige Rasse an seine Umgebung und den Besitzer stellt.
"Heute aber entscheiden beim Hundekauf oft Modetrends. Man wählt das Tier aus, weil es gerade den Zeitgeist bedient. Wie ein Auto. Soll es sportlich, schick oder familientauglich sein?", sagt Thomas Riepe. Der 47-Jährige ist Hundepsychologe und seit einigen Jahren auch Ausbilder in diesem Bereich. Er kritisiert, dass die wichtige Frage, welche Eigenschaften eine Rasse hat, oft außer Acht gelassen werde. Den Border Collie beispielsweise, einer der beliebtesten Hunde, hält er in vielen Umgebungen für "denkbar ungeeignet" und erklärt: "Border Collies benötigen spezielle Formen der Auslastung, die ihren Veranlagungen entsprechen. Stupides Neben-dem-Fahrrad-Laufen reicht da nicht aus und wird dem Hund nicht gerecht."
Wie Mustafa Irmak rät auch Thomas Riepe, sich vor der Anschaffung eines Hundes mit Fachleuten zu beraten und sich am besten die Welpen, aber vor allem auch die Züchter genau anzuschauen. Und auch einmal in Betracht zu ziehen, einem Hund aus dem Tierheim ein neues Zuhause zu geben.
Es prüfe, wer sich ewig bindet - Das gilt auch für Hunde
Gibt es einen Hund, den der Hundepsychologe grundsätzlich empfehlen kann? "Man sollte sich auf die alten Rassen besinnen", rät er. "Der Pudel zum Beispiel ist ein Hund, der die meisten Erwartungen der heutigen Gesellschaft hervorragend erfüllt. Er ruht in sich, ist hochgradig intelligent, von der Körperform fürs Laufen prädestiniert und haart praktisch nicht. Und wer größere Hunde bevorzugt, findet in einem Königspudel einen guten Freund und Partner."Doch auch wer diesem Ratschlag folgt, sollte zunächst Grundsätzliches klären. Wie viel Zeit kann ich mich täglich mit dem Hund beschäftigen? Wie viel Platz habe ich? Wie hoch sind die Kosten für Versicherungen, Steuern, Impfungen und Futter? Sich nur von Huskies blauen Augen, der Intelligenz des Border Collies oder dem süßen Gesicht des Golden Retrievers bei der Wahl leiten zu lassen, wird der Bedeutung der Entscheidung nicht gerecht. "Es prüfe, wer sich ewig bindet", heißt es in einem Sprichwort. Das gilt auch für die Wahl des richtigen Hundes. Auch wenn die Ewigkeit mit ihm mitunter nur ein paar Jahre dauert.