Berlin. Nach achtmonatigem erbittertem Streit zwischen der Balda AG und ihrem Großaktionär Elector hat Aufsichtsratschef Michael Naschke Mittwoch bei der außerordentlichen Hauptversammlung in Berlin seinen freiwilligen Rücktritt erklärt. Damit wollte er seiner möglichen Abwahl zuvorkommen.
Der Berliner Anwalt Thomas van Aubel, dem die mit fast 30 Prozent an Balda beteiligte Zweckgesellschaft Elector gehört, wollte den Balda-Aufsichtsrat kippen und dort selbst einziehen – zusammen mit zwei eigenen Kandidaten.
Bis auf einen Kandidaten setzte er sein Ziel durch. Van Aubel wurde am Ende mit großer Mehrheit (72,4 Prozent) in den Aufsichtsrat gewählt – bei einer Präsenz von 60,25 Prozent der Stammaktien. Seine Kandidatin Frauke Vogler (47) - die Berliner Steuerberaterin arbeitet auch für van Aubels Gesellschaften – wählten 76 Prozent. Sie ersetzt Irene Schetelig.
Sein weiterer Kandidat Oliver Oechsle zog seine Kandidatur zurück. Gewählt wurde der Ex-Merck-Manager Klaus Rueth (64), den die beiden US-Investmentgesellschaften TPG (Octavian) und Indaba (beide halten 13,26 Prozent) ins Rennen geschickt hatten, mit 79,84 Prozent. Er ersetzt das Aufsichtsratsmitglied Wilfried Niemann.
Versammlungsleiter Christoph Seibt bestand aus rechtlichen Gründen zunächst auf einer Abstimmung über Naschkes Abberufung. 72,3 Prozent stimmten mit Ja. Naschke sagte gleich zu Beginn in seiner Rede, er werde nach Ende der außerordentlichen Hauptversammlung sein Amt niederlegen.
"Die Fortsetzung des Konflikts würde der Balda AG weiteren Schaden zufügen", sagte er zur Begründung. Es sei im Interesse der Gesellschaft, endlich zu einem fairen Interessenausgleich zu kommen. Doch die von Elector einberufene Aktionärsversammlung geriet trotzdem zur Schlammschlacht, bei der van Aubel schwere Vorwürfe gegen Naschke erhob.
Van Aubel hatte wie berichtet zwei Tage vor der Versammlung Strafanzeige gegen Naschke wegen versuchten Betrugs erhoben. Der Aufsichtratschef soll den geplanten Verkauf von Optionsscheinen an Balda mit eingefädelt haben und weder Vorstand noch Aufsichtsrat über seine Mitwirkung informiert haben. Laut Handelsblatt verhinderten Anwälte den Deal, für den Balda vier Millionen Euro zahlen sollte. Ein weit überhöhter Kaufpreis, kritisierte van Aubel.
Laut einem Commerzbank-Gutachten belief sich der Wert nur auf 480.000 Euro. Naschke seinerseits hinterfragte van Aubels Geschäfte. Dessen Elector GmbH habe keine eigene Telefonnummer und keine E-Mailadresse. Seine Quercus GmbH habe 2010 einen Fehlbetrag von 127 Millionen Euro aufgewiesen – nach 14 Millionen Euro Verlust im Vorjahr.
Die Strafanzeige habe ihm zum Rücktritt bewogen, sagte Naschke der Neuen Westfälischen. Er wies er erneut alle Vorwürfe von sich. Er werde sich gegen die Urheber solch falscher Behauptungen straf- und berufsrechtlich zur Wehr setzen. Damit zielte er gegen seinen ehemaligen Partner van Aubel, in dessen Kanzlei er gearbeitet hatte. Naschke empörte sich: "Jemand ist in mein persönliches E-Mailfach eingedrungen."
Berufsaktionäre ärgerten sich über van Aubels Verhalten, der kritische Nachfragen nicht beantwortete und aus dem Saal verschwand. Der für Anfechtungsklagen bekannte Manfred Klein beschimpfte ihn: "Sie werden einen Alleingang machen und die Balda-Kassen plündern", die 270 Millionen Euro cash (pro Aktie: 4,58 Euro) enthalten.
Van Aubel habe als langjähriger Aufsichtsratschef beim Solarhersteller Q-Cells "eine Spur der Verwüstung hinterlassen", konstatierte Redner Oliver Kraus. Er habe Millionen abkassiert und sich vor der Pleite von Q-Cells aus dem Staub gemacht. Aktionärsschützer Heiko Barkemeyer betonte, dass van Aubel das Vertrauen der Aktionäre verloren habe. Der Anlegerschützer Thomas Hechtfischer lobte Naschkes Rücktrittsentschluss. Damit baue er dem Großaktionär eine Brücke.