
Bielefeld. Spielzeugpistolen führten am Mittwoch bei der Kundgebung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Wuppertal zu einem Großeinsatz der Polizei, am gleichen Tag musste die niederländische Königin nach einer Massenpanik in Amsterdam schleunigst in Sicherheit gebracht werden (NW von gestern). Personenschützer müssen ihre Augen überall haben. So wie die Polizisten des Bielefelder Personenschutzkommandos, die am Samstag auf dem Rathausplatz Angela Merkel zu beschützen haben.
"Es sind meistens verwirrte Personen, die Probleme machen", sagt Michael Langer, Chef des 14-köpfigen Personenschutzkommandos (PSK) aus Bielefeld. "Selten sind es Kriminelle." Sie stehen wie Autogrammjäger in der Menge, suchen die Nähe der Politiker, wirken auf den ersten Blick harmlos. "Aber es gibt einige Faktoren, an denen wir solch unberechenbare Menschen erkennen können", sagt der Polizeihauptkommissar. Dann müsse man mit rigorosem Auftreten und eindeutiger Körpersprache die Lage entspannen. "Hauptsache dezent. Oft reicht es, sich nur vor die Schutzperson zu stellen." Die schwerwiegenden Attentate auf Wolfgang Schäuble und Oskar Lafontaine (jeweils 1990) sind Beispiele dafür, dass es totale Sicherheit nicht gibt.
In Wuppertal hatten BKA-Beamte Personen mit einem verdächtigen Gegenstand auf einem Balkon entdeckt, das SEK nahm kurz darauf fünf Personen fest – in ihrer Wohnung fand man zwei Spielzeugpistolen. Wenn Politiker mit den Bürgern in Kontakt treten, wird es für die Personenschützer noch unübersichtlicher. "Wir scannen die Menschen die ganze Zeit, Kollegen kundschaften die Umgebung aus, per Funk stehen wir ständig miteinander in Kontakt", sagt Langer. Durch ein achtwöchiges Training auf Basis der Spezialeinheiten-Ausbildung (Schießen, Fitness, Fahrtraining mit gepanzerten Autos) sowie ständiger Fortbildung seien unter den erfahrenen Beamten kaum Absprachen nötig. "Jeder weiß, was er zu tun hat. Der Knopf im Ohr ist deshalb meistens still", sagt er.
Schon bei den vergangenen Merkelbesuchen in OWL – zuletzt Ende April in Bethel – haben Michael Langer und seine Kollegen (Namen und Gesichter müssen unbekannt bleiben) die Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) – ständig für den Schutz der Bundeskanzlerin –, tatkräftig unterstützt. "Bei Wahlveranstaltungen reichen die Kapazitäten des BKA oft nicht aus. Die sind für unsere Unterstützung jedes mal sehr dankbar."
Das für den Regierungsbezirk Detmold zuständige Personenschutzkommando ist erst seit April 2009 im Polizeipräsidium Bielefeld angesiedelt, vorher war die Einheit mit zehn Mann bei der Bezirksregierung in Detmold. Neben dem Schutz von hohen Politikern sind sie für die Bewachung gefährdeter Menschen (Kronzeugen oder drohende Entführung) wie auch für heikle Gefangenentransporte OWL-weit zuständig.
Derzeit muss die PSK einen kleinen Junge ständig schützen. Man befürchte, dass sein Vater den Kleinen ins Ausland entführen möchte. "Diese Ehren- und Bedrohungsfälle sind psychisch die belastendsten – auch für uns", sagt Langer. Im Rheinland musste die Bielefelder PSK kürzlich aushelfen, um die Kinder einer von der Mafia bedrohte Familie zu schützen. "Die Kinder wurden immer mehr gemieden, isoliert. Die Familie ist an der Situation zerbrochen."
Sechs PSKs gibt es in NRW. Während Köln und Düsseldorf bis zu 70 Beamte beschäftigten, seien in Essen, Dortmund, Münster und Bielefeld nur Reserve-Kommandos installiert. "Das heißt, dass die Kollegen im Alltag für die Kripo, die Direktion Verkehr oder im Wach- und Wechseldienst arbeiten." Drei in Paderborn, drei in Gütersloh, acht in Bielefeld. Langer ist der einzige hauptamtliche Personenschützer.