Vor Ort: Die Zustände in einem griechischen Flüchtlingscamp

Bielefeld/Thessaloniki. Die Zahl der Flüchtlinge, die aktuell nach Ostwestfalen-Lippe kommen, ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Denn viele der hilfesuchenden Menschen kommen gar nicht mehr bis nach Deutschland. Doch sie sind nach wie vor unter europäischer Obhut, zum Beispiel in Griechenland. Wiebke Esdar, Vorsitzende der SPD in Bielefeld, reiste in den Raum Thessaloniki und half dort in mehreren Flüchtlingscamps aus. Die Eindrücke die sie dort sammelte, machen sie mehr als nachdenklich. &bdquo;Ich war erschrocken über die medizinische Versorgung, weil diese so schlecht war", umschreibt sie ihre Eindrücke aus den vier Camps, die als Ersatz für das kürzlich aufgelöste inoffizielle Lager in Idomeni, nahe der Grenze zu Mazedonien, von den griechischen Behörden eingerichtet wurden. Ein Privatmann habe einen Patienten des nachts mit einem eigenen Fahrzeug in ein Krankenhaus bringen müssen, der offenbar einen Herzinfarkt erlitten habe. Eine andere, offizielle Möglichkeit habe es nicht gegeben. Lediglich in einem Lager mit etwa 700 Bewohnern, die alle in Zelten lebten, habe Esdar eine Ärztin namens Katarina angetroffen. &bdquo;Eine private slowakische Universität versorgt die Station." Es war das einzige Camp, das aus ihrer Sicht eine ordentliche medizinische Versorgung hat. So lebten in einem Camp namens Softex, das wie die anderen unter Kontrolle des griechischen Militärs steht, rund 1.500 Menschen in Zelten oder einer alten Fabrikhalle. Nebenan liegt ein verlassenes Industriegebiet. &bdquo;Da ist nichts in der Region." Bei Hitze bis um 39 Grad im Schatten sei Warten die einzige Beschäftigung, für Kinder wie Erwachsene. &bdquo;Ich habe nirgendwo ein Bett gesehen", sagt Esdar. Immerhin sei zufällig an diesem Tag eine Clownsgruppe aus Spanien dort unterwegs gewesen, um den Flüchtlingen wenigsten etwas Abwechslung zu verschaffen. Kinder auf sich allein gestellt &bdquo;Viele Kinder, die man gesehen hat, hatten einen offensichtlichen Förderbedarf", sagt Esdar. Sie hätten etwa geschielt oder Einschränkungen in der Motorik. Doch Hilfe dafür gebe es nicht. Andere Kinder seien auf sich allein gestellt gewesen. Ihre Angehörigen seien bereits in Deutschland oder Österreich. &bdquo;Sie warten auf eine Familienzusammenführung." In einem Camp namens Diavata mit rund 1.700 Bewohnern bot eine aus Syrien stammende Lehrerin täglich ab 11 Uhr privat organisierten Unterricht an. Englisch, Körperhygiene oder Lieder und Tänze stehen auf dem Plan. Die griechische Polizei habe sie gewarnt, in dieses Lager zu gehen, weil sie dort begrapscht werden könne. Sie tat es dennoch und fand ein Lager vor, &bdquo;in dem die hygienischen Zustände am dramatischsten waren". Die Dixi-Toiletten waren mitten im Camp aufgestellt. &bdquo;Es stank bestialisch." Eine Zeltreihe sei abgebrannt gewesen. &bdquo;Niemand weiß, wann man sich registrieren kann", umschreibt sie den bürokratischen Teil des Daseins der Flüchtlinge dort. Die Verpflegung: &bdquo;Sie bekommen Reis mit brauner Soße oder Reis mit roten Bohnen." Zwar habe sie in Griechenland eine große Hilfsbereitschaft festgestellt. Doch das Land sei ja selbst in der Krise. &bdquo;Wie soll Griechenland mit der Krise fertig werden, wenn die Wirtschaft darniederliegt?" Ein Kfz-Mechaniker habe ihr erzählt, dass sich sein Nettolohn innerhalb von zehn Jahren halbiert habe. Dieser liegt für den Familienvater jetzt bei 650 Euro im Monat. Die EU habe 15 Millionen Euro in das Land geschickt, um die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. &bdquo;Ich habe nicht gesehen, wo die angekommen sind." Esdar: &bdquo;Die Unterstützung der EU muss sichtbarer werden!" Es zeige sich, wie gut man in OWL mittlerweile die Aufnahme der Flüchtlinge organisiert habe. Es gebe erfahrene Betreiber der Unterkünfte wie AWO, DRK, ASB, Malteser oder Johanniter. Doch: &bdquo;Wir brauchen Unterstützung für Länder wie Griechenland. Es ist außerdem unsere humanitäre Pflicht, Kinder aufzunehmen, deren Eltern hier sind."

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