Bielefeld-Gadderbaum. Als das Dach der Georgenkirche im Januar zusammenbrach, stand das vereinsamte Gotteshaus bereits seit sechs Jahren leer. Jetzt wurde die Kirche dem Erdboden gleichgemacht. Und neben Schutt und Asche tragen die Mitarbeiter der Abriss-Firma auch Erinnerungen davon.
"Eigentlich wollten wir uns das ja nicht antun", sagt Renate Krüger. Die 70-Jährige steht mit ihrem Mann Wolfgang hinter der Absperrung und sieht dabei zu, wie der Baggerfahrer das Gebäude mit kräftigen Schaufel-Hieben zerstört; als sei die Kirche aus Pappe statt aus Beton.
Das Gemeinde- sowie das Gotteshaus waren für die Krügers Arbeitsstätte und Wohnung zugleich – Renate Krüger war von 1963 bis 1999 die erste Küsterin der Georgenkirche. "Wir sind hier die Ersten und die Letzten", kommentiert das Zaungast-Ehepaar den Abriss. Es fällt ihnen schwer, zuzusehen. Wolfgang Krüger hat bis zum Abriss noch den Rasen rund um die Kirche gemäht "Ich habe hier 46 Jahre gewerkelt", sagt der 70-Jährige.
Bei all der Trauer können die Krügers den Abriss trotzdem nachvollziehen. "Man muss ja auch der Realität ins Auge blicken", gesteht die pensionierte Küsterin, die ab und zu noch in der Stephanuskirche aushilft. Der leer stehende Gebäude-Komplex verwahrloste. "Natürlich ist eine Kirche aus psychologischer Sicht ein emotional aufgeladenes Gebäude, gar keine Frage", sagt Hans Große, Pfarrer der Martini-Gemeinde. "Wenn wir aber nur Gebäude erhalten, bleibt kein Geld für die restliche Gemeinde-Arbeit", erklärt der Theologe.
Nach dem Zusammenbruch des Daches im Januar hatte das Presbyterium der Kirchengemeinde den Abriss beschlossen. Danach wurde per Ausschreibung ein Abbruch-Unternehmen gefunden und engagiert. Die Kosten muss die Martini-Gemeinde zunächst selbst übernehmen. Der Gemeinde-Vorstand sucht schon seit Jahren nach einem Käufer für das Grundstück. "Wir stehen in Verhandlungen mit mehreren Investoren", sagt Große.
Neben der Kirche musste die Gemeinde vor zwei Jahren auch die Räume der Kita am Botanischen Garten aufgeben und an den Hortweg verlagern. Und aus der Martini-Kirche an der Artur-Ladebeck-Straße wurde 2004 bereits das Restaurant "Glückundseligkeit". Alles aus finanzieller Not. Den etwa 3.000 Mitgliedern bleibt noch die Stephanuskirche am Pellaweg.