Bielefeld. Anton Pleva ist das Schauspiel in die Wiege gelegt worden. Mit Beginn der Saison hat der 29-Jährige, der 2010 sein Schauspielstudium in Hamburg beendete, eine Heimstatt beim Bielefelder Theater gefunden. Er realisierte dort bereits Inszenierungen wie die Collagen "Bielefeld für Anfänger" und "textbar1. Clash of the Titans". Dominik Lenze sprach mit dem Neu-Bielefelder.
Herr Pleva, bei Ihren Eltern, war die Schauspielkarriere da selbstverständlich, oder hatten Sie auch mal andere Pläne?
ANTON PLEVA: In der Grundschule habe ich bei Theaterprojekten nie mitmachen wollen, ich wollte nicht vor anderen den Kasper machen (lacht). Später habe ich Theater hauptsächlich gemacht, um Zeit mit meinem Vater zu verbringen. Er hat früh gemerkt, dass ich ein Querkopf bin, also hat er mich früh in seine Projekte geholt. Mit 12 stand ich das erste Mal richtig auf der Bühne. Die Schule hab ich dann ja auch nicht zu Ende gemacht.
Gibt es etwa skandalöse Rauswurfgeschichten?
PLEVA: Nein, ich war einfach nur desinteressiert. Außer, dass ich mich im Philosophieunterricht gerne gestritten habe. Am Ende wollte ich einfach nicht mehr, meine Eltern haben das akzeptiert.
Wie ging es weiter?
PLEVA: Durch meinen Vater hatte ich hier und da eine Rolle, aber auch viel Leerlauf. Ich wusste nicht wirklich wohin. Erst als eine Freundin mir erzählte, sie wolle Schauspiel studieren, habe ich erfahren, dass man das überhaupt studieren kann.
Hatten sie es mit Ihren Vorerfahrungen da besonders leicht reinzukommen?
PLEVA: Mein Vorteil war eher, dass ich das Ganze sehr locker anging: Zu den Vorsprechen für die Schulen ging ich hauptsächlich, um überhaupt irgendetwas zu tun zu haben. Ich wurde aber auch mal abgelehnt. Das Problem bei den Vorsprechen ist: Du kriegst überall eine andere Kritik. Aber man kann Schauspielerei nicht bewerten. Und jetzt gibt es den Bachelor und dafür sollen Noten gegeben werden, das ist wahnsinnig. Entscheidend ist nur, was für eine Vorstellung du von Theater hast.
Und was ist Ihre Vorstellung von Theater?
PLEVA: Theater soll Unmittelbarkeit bieten. Es ist ein Live-Moment, der auch schiefgehen kann, dafür aber unvergesslich bleibt. Mehr als bloß gut gespielt. Das ewige Denken weglassen und einfach mal machen. Das passt auch zu unserer Popkultur: Ich mags, wenn es bunt ist, ich mag es zu feiern.
Auf YouTube findet man auch Kurzfilme, in denen Sie mitspielen. Was hat es damit auf sich?
PLEVA: Das sind Ergebnisse vom Kinokabarett, das sind Filmfestivals, bei denen Filmbegeisterte in nur 48 Stunden gemeinsam Filme machen - also mit dem geringstmöglichen Aufwand. Man trinkt viel, schläft höchstens drei Stunden und arbeitet in einem gewaltigen Tempo. Dadurch lernt man aber schnell. Bald kommt eine DVD-Box mit den besten Kino-Kabarett-Kurzfilmen, mit dabei auch ein Film, an dem ich mitwirkte.
Sie haben auch schon in Fernsehproduktionen mitgespielt, wieso sind Sie nun beim Theater gelandet?
PLEVA: Beim Schauspiel funktioniert alles über Netzwerke. Mein Vater hat nach den 80ern aufgehört, Fernsehen zu machen, weil er mit der Qualität unzufrieden war, also hatte auch ich in dieser Richtung keine Kontakte. Aber ich muss mal einen Stab brechen für meine Kollegen vom Fernsehen: Produktionszeiten werden aus Kostengründen gesenkt, Folgen werden wie am Fließband abgedreht, so kann man nichts Gutes schaffen, eher kriegt man ein Burnout.
Aber beim Theater ist man als Schauspieler doch auch sehr eingespannt.
PLEVA: Das stimmt, ein Freundeskreis außerhalb des Theaters ist etwas Besonderes. In der Schauspielschule in Hamburg war ich auch einer der wenigen, die noch eine Existenz außerhalb der Schauspielschule hatten, weil ich eben halt Hamburger war.
Wie ist es, von der Millionenstadt Hamburg nach Bielefeld zu ziehen?
PLEVA: Meine Freunde sagen immer: "Du Armer." Die Leute reagieren komisch auf Bielefeld, vielleicht weil Bielefeld so bemüht darum ist, als Großstadt zu gelten, und das schlägt dann in der Außenwahrnehmung total ins Gegenteil um. Ich finds aber großstädtisch hier, ich fühl mich wohl. Nur: Es ist recht teuer, hier feiern zu gehen. Wobei ich auch gut finde, dass ich hier in Bielefeld nicht soviel Ablenkung wie in Hamburg habe. Wenn ich alles Nötige vorbereitet und geprobt habe, weiß ich nichts mit mir anzufangen, dann langweile ich mich. Oder ich recherchiere für ein Projekt. Das mache ich sehr gerne, ich liebe es, mich tief in die Materie hineinzuarbeiten. Das habe ich von meinem Vater geerbt, ihm reichte es auch nie, nur ein Buch von einem Autor zu lesen, wenn er ein Projekt vorbereitete, er musste immer alles wissen.
Gibt es Ecken in Bielefeld, die Sie besonders mögen?
PLEVA: (überlegt) Den Tierpark Olderdissen, mit dessen Erwähnung sich die Herzen der Bielefelder öffnen lassen.