
Die beiden Helden der Krimireihe sind schwer gezeichnet vom Tod Mary Watsons. Der Witwer leidet unter Schlaflosigkeit und halluziniert von seiner verstorbenen Frau. Zudem hat er sich deutlich von Sherlock Holmes distanziert. Der wiederum widmet sich ausgiebig seiner Drogensucht. So exzessiv, dass sich die Vermieterin, nicht Haushälterin, Mrs. Hudson genötigt sieht, das Duo auf eigenwillige Art wieder zusammenzubringen.
Keine optimalen Voraussetzungen für erfolgreiche Detektivarbeit. Doch als der Fall des mutmaßlichen Serienmörders Culverton Smith an Sherlock herangetragen wird, raufen sich der Titelheld und sein Assistent wieder zusammen. Zumindest soweit, dass Sherlock der Lösung des Falls näher kommen kann. Doch die Spannungen bleiben bestehen, denn Watson macht Holmes weiterhin für den Tod seiner Frau verantwortlich.

Offensiver Mörder – benebelter Detektiv
Der ultrareiche Mogul Smith, großartig verkörpert durch Toby Jones, nutzt Sitzungen mit seinen hochrangigen Vertrauten und Freunden dazu, seine Mordpläne zu gestehen. Allerdings lässt er allen Teilnehmern ein Serum verabreichen, das gedächtnishemmend wirkt. Somit ist niemand in der Lage, sich daran zu erinnern. Seine Tochter Faith versucht, nach einer der Beichtstunden eine Notiz anzufertigen. Mit dieser erscheint sie bei Sherlock in der Baker Street. Der kann seine Fähigkeiten jedoch nur fahrig einsetzen. Sherlocks ausgiebiger Drogenkonsum machen die Abgrenzung von Realität, Schlussfolgerung und Phantasie nicht einfach.

Es ist die Kombination aus perfiden Taten, offensiver Zurschaustellung seines Egos und der strategischen Planung mit der Culverton Smith sich dem schwächelnden Ermittler-Duo gegenüber stellt. Dessen eigentliche Stärken, die ausgleichenden Charakterzüge von Watson und der Scharfsinn von Sherlock Holmes, leiden unter den realitätsverzerrenden Umständen, die sich aus „Die sechs Thatchers" ergeben haben. Zudem ist da noch das Vermächtnis Marys für Sherlock: Er soll Watson beschützen. Kein leichter Auftrag für den im Drogenwahn wandelnden Meisterdetektiv.
Der diabolische Culverton Smith weiß die sich bietenden Schwachstellen auszunutzen, zumal nichts scheint wie es war. Die von Sherlock geplante Enttarnung des Serienkillers scheitert nicht an der Logik seiner Schlussfolgerungen, sondern an einer Sinnestäuschung, der der Meisterschnüffler erlegen ist. Sherlock lässt die Situation eskalieren und begibt sich so auf das Spielfeld seines umtriebigen und sich als Wohltäter inszenierenden Gegenspielers.
Das Staffel Highlight
Nach der der vorhergehenden schwächeren Episode ist „Der lügende Detektiv" wieder eine starke Folge. Geschichte, Erzählweise, filmische Stilmittel und starke Dialoge spielen auf dem hohen Niveau, das man von der BBC-Produktion gewohnt ist. Die zuweilen komödiantisch wirkenden Szenen der Geschichte sind stimmig inszeniert und durchbrechen die düstere Stimmung der Folge pointiert.
In der Entwicklung der Rahmengeschichte dieser Staffel verblassen der ansonsten omnipräsente Moriarty und dessen weitreichende Verschwörungen. Doch wie immer bei Sherlock lohnt es, sich nicht nur in den Fall-Details zu verlieren, denn die Einzelfolgen sind geschickt miteinander verwoben und manches wird erst mit der Fortsetzung enttarnt. Deshalb sollten die Zuschauer, ebenso wie der immer wieder auftauchende Bruder Mycroft Holmes, Sherrinford im Auge behalten.
Das Fazit für „Der Lügende Detektiv": Absolut sehenswert.
INFORMATION
Die verbleibenden Sendetermine der vierten Staffel Sherlock:
5. Juni
"Der lügende Detektiv"
11. Juni
"Das letzte Problem"
Jeweils um 21.45 Uhr in der ARD.