Alle reden vom ersten Titel für die A-Nationalmannschaft seit 1996. Dabei gibt es rund um die Mannschaft einige Baustellen . . .
NIERSBACH: . . . für die wir ja extra ein paar Leute eingestellt haben! Und was hätten Sie denn zu schreiben, wenn es diese Baustellen nicht geben würde? Nein, im Ernst: Ich habe ein extrem großes Vertrauen in das Trainerteam und in die Mannschaft. Der Bundestrainer und sein Team haben das immer hinbekommen, und wenn ich sehe, was für Klassejungs in der Mannschaft sind, dann geht mir das Herz auf. Wie viel fußballerische Substanz da drin steckt – das ist die helle Freude. Ob es dann am Ende zum Titel reicht? Wir haben jetzt beim Champions League-Finale gesehen, was alles passieren kann, auch wenn man fast alles richtig macht .
Haben Sie deshalb das vorauseilende Bekenntnis für Bundestrainer Joachim Löw abgegeben?
NIERSBACH: Nein, das habe ich abgegeben, weil Journalisten danach gefragt haben. Sonst hätte ich das nicht gesagt, weil es so selbstverständlich ist. Aber das kommt noch öfter vor der EM, ich weiß, wie das Spiel geht. Einer fragt: Herr Löw, was ist wenn . . . Ein anderer sagt: Der Verband hat gesagt, dass . . . Dann kommt eine Antwort, die fängt an mit "Im Fußball ist alles möglich" – und schon machen wilde Spekulationen die Runde.
Der DFB hat vor einem Jahr den Vertrag mit den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten verlängert und nannte es einen guten Abschluss. Der gerade jetzt verlängerte Vertrag der DFL wird als "sensationell" bezeichnet. Haben Sie Ihre Premium-Produkt Nationalmannschaft nicht doch zu günstig verkauft?
NIERSBACH: Nein, denn wir haben auch einen sehr guten Vertrag mit den öffentlich-rechtlichen Partnern ARD und ZDF, und zwar nicht nur für die Länderspiele, sondern auch darüber hinaus. Nennen Sie mir ein anderes Land, in dem es für die Rechte an der höchsten Frauen-Liga 2,7 Millionen Euro gibt. Daneben haben wir den höchstdotierten Drittliga-Vertrag der Welt. Und das, was wir beim DFB-Pokal durch den Ausstieg des ZDF verlieren, kompensieren wir durch neue Marketing-Einnahmen. So wird der DFB-Pokal 2012/13 erstmals mit einem eigenen Ärmelsponsor ausgespielt. Der DFB-Pokal ist topvermarktet und wird – anders als in vielen Ländern, wo die vergleichbaren Wettbewerbe eher eine Nebenrolle spielen – optimal im Fernsehen präsentiert. Der Pokalwettbewerb bietet gerade kleineren Vereinen die Chance, außergewöhnliche Einnahmen zu erzielen. Im DFB-Pokal hat sich schon mancher in Existenznot geratene Traditionsverein saniert.
Dem deutschen Fußball geht es gut wie lange nicht mehr – doch die Schlagzeilen werden beherrscht von Ausschreitungen, der Pyrotechnik-Debatte und Platzstürmen. In dieser Ausprägung gewinnen all die an Oberwasser, die Repression befürworten. Stimmen Sie da zu?
NIERSBACH: Ich könnte jetzt aufzählen, was der DFB, die DFL und die Vereine an Prävention im Fanbereich tun – das mache ich nicht, sondern sage nur, dass es kein Land in Europa gibt, das hier mehr leistet. Aber: Es gibt einen Kern von Leuten, die durch keine Präventivmaßnahme zu erreichen sind und davon auch nicht erreicht werden wollen. Die sind auf Krawall und Gewalt aus, eine kleine Minderheit, die die große Masse der friedlichen Fans in Misskredit bringt.
Was wollen Sie konkret tun mit Blick auf die neue Saison?
NIERSBACH: Wir werden neue Wege gehen und als DFB und Ligaverband ein klares Bündnis mit den Vereinen bilden, um Geschlossenheit zu zeigen und gemeinsam zu handeln. Ganz wie jeder andere Veranstalter auch: Störenfrieden die Tür weisen. Wenn einer in Hamburg im Schauspielhaus im zweiten Akt aufsteht und Münzen auf die Bühne wirft, kann der gehen. Das heißt für uns: Alle Vereine müssen darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden. Es ist kein Kavaliersdelikt, wenn Toilettenpapier, Bierdeckel, Bananen oder Münzen aufs Spielfeld geworfen werden. Daran muss man erinnern, aber da müssen alle Vereine mitziehen. Das fängt damit an, dass die Einhaltung der Stadionordnung konsequent durchgesetzt werden muss. Ein Fußballstadion ist doch keine rechtsfreie Spielwiese, auf der sich jeder ein bisschen austoben kann.