In den meisten Stadien der 1. und 2. Fußball-Bundesliga lief es friedlich ab, doch einige Fans zündeten Pyrotechnik und warfen Feuerwerkskörper in den Innenraum. Die verbotenen Böller passten nicht zu den überwiegend ruhigen Protesten in Deutschlands Fußball-Stadien am Wochenende: Schweigen zu Beginn der Spiele und viele Plakate gegen Verschärfungen durch die Politik.
Die am 3. Dezember in Bremen beginnende Innenministerkonferenz, bei der es um die Sicherheit in deutschen Arenen geht, wirft ihre Schatten voraus. Und sorgt für bundesweite Diskussionen.
Zu allem Überfluss brannte es nach der Partie zwischen dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt (3:4) am Samstag noch im Gästeblock. Allerdings konnte bislang nicht zweifelsfrei geklärt werden, was die Ursache für das Feuer und den Rauch war.
Fans schweigen zwölf Minuten lang
«Soll das die Zukunft des Fußballs sein?» stand auf Bannern, die in etlichen Stadien zu sehen waren - ob in München, Wolfsburg, Augsburg, Heidenheim oder Düsseldorf. In vielen Arenen stimmten die organisierten Fans ihre Gesänge erst nach der zwölften Minute an - symbolisch für den zwölften Mann, sprich die Anhänger hinter der Mannschaft. Doch warum eigentlich?
Die Fanszenen in Deutschland halten die kolportierten geplanten Maßnahmen der Innenministerien für überzogen und einseitig, insbesondere zentral verfügte Stadionverbote, das Personalisieren von Eintrittskarten und eine aus ihrer Sicht flächendeckende Überwachung auch mit einer Gesichtserkennung im Stadion.
Bereits am Sonntag vergangener Woche hatten sich Tausende Fans von teils stark rivalisierenden Vereinen zu einem Protestmarsch in Leipzig getroffen.
Bosse von Bayern und BVB zeigen Verständnis
Die Clubs können das Vorgehen der Anhänger nachvollziehen, wissen aber auch um die Komplexität des Themas. Die Diskussion sei vielschichtig, sagte etwa Vorstandschef Jan-Christian Dreesen vom FC Bayern München.
«Ich habe Verständnis dafür, wenn Fans dagegen protestieren, dass es kollektive Strafen gibt. Die Deutsche Fußball Liga und der Deutsche Fußball-Bund sind in Gesprächen mit der Politik, um personalisierte Tickets zu verhindern», sagte der 58-Jährige. «Wer die möchte, verbietet damit zwangsläufig die Stehplätze und auch die Fankurve.»
Am Ende gehe es immer um Kommunikation, meinte Geschäftsführer Lars Ricken von Borussia Dortmund: «Wir sind mit den Fans, den Behörden, den Verbänden im Austausch», erklärte der 49 Jahre alte Ex-Profi beim Streamingdienst DAZN. «Da müssen wir es hinkriegen, dass unsere Fans ihre Kultur weiter ausleben können und dass gleichzeitig die Sicherheit gewährleistet sein muss.»
Die Situation sei nicht dramatisch und würde von den Innenministern völlig verkannt, meinte Rickens Clubkollege, der langjährige BVB-Boss Hans-Joachim Watzke auf der Mitgliederversammlung der Borussia. Personalisierte Tickets und pauschale Stadionverbote seien für ihn persönlich nicht akzeptabel.
Scharfe Kritik von «Unsere Kurve»
Die Innenminister der Länder haben das Thema für ihre nächste Konferenz Anfang Dezember in Bremen aufgesetzt. Dabei solle es darum gehen, ob die Maßnahmen ausreichend seien oder es notwendige Anpassungen geben müsse, hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zuletzt gesagt.
Die Fanvereinigung «Unsere Kurve» hatte in einem Brief mit der Überschrift «Versachlichung der Debatte statt Intransparenz und Populismus» an die Minister und Ministerinnen die geplanten Schritte und auch den Weg dorthin scharf kritisiert. «Eine Diskussion über Sicherheit in und um die Stadien kann nur dann legitim sein, wenn sie offen, ehrlich und faktenbasiert ist. Leider sehen wir dies durch das beschriebene Vorgehen bislang nicht gewahrt», hieß es.
Aus Sicht der organisierten Fans sind Stadionbesuche sicher. Auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte das betont. «Das ist nicht nur ein subjektives Empfinden. Das zeigen uns vielmehr Zahlen und Fakten», sagte er unlängst.
Partie in Köln kurzzeitig unterbrochen
Bilder wie die des Brands im Frankfurt-Block gibt es aber eben auch. Ursache soll eine Fahne gewesen sein, die Eintracht-Anhänger zuvor angezündet haben sollen. Während der Partie am Samstagabend hatten Fans auf beiden Seiten zudem immer wieder Pyrotechnik gezündet. Mehrere Böller und in den Innenraum geworfene Feuerwerkskörper aus dem Gästeblock sorgten kurz nach Anpfiff der zweiten Hälfte sogar für eine Unterbrechung.
Auch Fans des Hamburger SV hatten bei der 0:1-Niederlage beim FC Augsburg gezündelt - und die ohnehin schon hitzige Debatte um die Fan-Kultur im deutschen Profifußball damit weiter befeuert.