Fußball-Nationalmannschaft

Mit Dreiklang nach Belfast: Gier, Galligkeit und gute Laune

Die Nationalmannschaft erfreut wieder ihre Fans. | © Tom Weller/dpa

11.10.2025 | 11.10.2025, 10:33

Doppelpacker Joshua Kimmich amüsierte sich mit Schabernack über sein Fußball-Rollenspiel. Serge Gnabry schmunzelte über die Frage nach der «Form seines Lebens». Und David Raum war happy über den besonderen Touch beim ersten Länderspiel-Tor. Nur Julian Nagelsmann sah nach dem 4:0 (2:0) gegen Luxemburg nicht aus wie ein rundum zufriedener Sieger.

Eine gewisse Erleichterung war spürbar beim Bundestrainer über «einen verdienten Sieg, den wir unbedingt brauchten». Platz eins in Gruppe A verändert die Ausgangslage in der WM-Qualifikation generell. Aber mit seinem Mienenspiel und seiner strikt aufs Fußball-Fachliche beschränkten Analyse blieb Nagelsmann in puncto Lockerheit weit hinter seinen drei glücklichen Torschützen zurück.

Julian Nagelsmann schaut nicht auf die Tabelle in der Qualifikationsgruppe. - © Tom Weller/dpa
Julian Nagelsmann schaut nicht auf die Tabelle in der Qualifikationsgruppe. | © Tom Weller/dpa

Schon vor der Rückkehr tief in der Nacht aus dem Kraichgau ins Teamquartier in Herzogenaurach schwante dem 38-Jährigen, dass der Sieg gegen den Außenseiter nur ein erster Schritt aus dem September-Stimmungstief war. Der Weg zur WM 2026 nach Nordamerika erscheint nun wieder einfach - verführerisch einfach, aber.

Nagelsmann und Kimmich sind nach dem Spiel gegen Luxemburg zufrieden. - © Tom Weller/dpa
Nagelsmann und Kimmich sind nach dem Spiel gegen Luxemburg zufrieden. | © Tom Weller/dpa

«Am Ende müssen wir das Spiel gewinnen, das steht über allem. Ich denke, es ist nicht ratsam, die Tabelle zu lesen, wenn es nicht vorbei ist. Wir müssen die Spiele gewinnen. Und das versuchen wir am Montag», sagte Nagelsmann in seiner ersten Nordirland-Vorschau und zum Sprung auf Platz eins, der in der Schlussrechnung das direkte WM-Ticket bringt.

«Gier» und «Galligkeit» auch in Belfast

Julian Nagelsmann umarmt seine Lebensgefährtin nach dem Sieg gegen Luxemburg. - © Federico Gambarini/dpa
Julian Nagelsmann umarmt seine Lebensgefährtin nach dem Sieg gegen Luxemburg. | © Federico Gambarini/dpa

Jetzt geht es nach einem Zwischenstopp im fränkischen Refugium am Sonntag nach Belfast. In den zugigen Stimmungstempel Windsor Park. Nagelsmann weiß, was ihn dort erwartet. Widerstandsfähigkeit und viele lange Bälle.

«Die Herangehensweise muss immer die gleiche sein. Das ist manchmal auch ein Wunschdenken. Die Herangehensweise muss losgelöst sein vom Gegner», forderte der Bundestrainer die gleiche «Gier» und «Galligkeit» wie beim ungleichen Spiel gegen die lange zu zehnt spielenden Luxemburger.

Julian Nagelsmann erwartet eine Fortsetzung der ge - © Federico Gambarini/dpa
Julian Nagelsmann erwartet eine Fortsetzung der ge | © Federico Gambarini/dpa

Die Quintessenz des Mutmacher-Abends in Sinsheim fasste für Nagelsmann der überragende Kapitän und Doppeltorschütze Kimmich zusammen. «Es war wichtig zu gewinnen, aber es war auch wichtig, dass wir in der Art und Weise gewonnen haben. Was gut ist, dass wir gewisse Prinzipien und Einstellungsthemen an den Tag gelegt haben», sagte der 30-Jährige.

Kapitän Kimmich bejubelt ein Tor. - © Uwe Anspach/dpa
Kapitän Kimmich bejubelt ein Tor. | © Uwe Anspach/dpa

Kimmich ist längst nicht mehr nur ehrgeizig verbissen. Humorvoll antwortete er nach der erneuten Versetzung aus dem zentralen Mittelfeld auf die rechte Abwehrseite im 104. Länderspiel auf die Frage, wo er denn nun tatsächlich am liebsten spiele. «Eigentlich im Tor», sagte der Bayern-Profi und lachte.

Sein Kumpel Raum war ähnlich locker drauf. Der Leipziger berichtete launig, dass er sein Premierentor dem Physiotherapeuten prophezeit habe. «Als ich vor dem Spiel bei ihm auf der Liege lag, da habe ich gesagt: Heute wird es mal Zeit für ein Tor. Da hat er nur gelacht», erzählte er.

Power-Mann Gnabry, der neben seinem Tor besonders für einen Sprint zurück und eine Abwehrgrätsche gefeiert wurde, fand die Reporterfrage zur Form seines Lebens ein «bisschen hochgegriffen», aber natürlich freue er sich, dass die «Tore fallen». «Manchmal läuft es, manchmal läuft es nicht. Gerade läuft es», sagte der 30-Jährige zu seiner Hochform.

Das Trio gab so den launig befreiten Tenor vor und Nagelsmann konnte seinen eigenen Dreiklang in die Analyse und weiteren Planungen aufnehmen.

Erkenntnis 1

Kimmich kann wirklich überall spielen. Die Rückversetzung des Anführers auf die rechte Außenbahn funktionierte. Auch weil der Kapitän sich alle Freiheiten nahm, das Spiel zu dirigieren. Ob die Position für Kimmich auch gegen stärkere Gegner ratsam sein wird? Das ist Nagelsmann egal. «Den kann ich auch eine halbe Stunde vor dem Spiel woanders hinstellen, der kriegt das gut hin.»

Erkenntnis 2

Das Leistungsprinzip greift. Nagelsmann setzte auf formstarke Bayern. Und die Münchner Lieferkette funktioniert. Kimmich lieferte. Gnabry zeigte als Torschütze, ständiger Aktivposten in der Offensive und mit seinem Abwehrsprint das laut Bundestrainer «beste Spiel seit langem». Der 30-Jährige sei «ein Vorbildspieler». Sonderlob bekamen auch Aleksander Pavlovic und Leon Goretzka als neue DFB-Doppelsechs.

Erkenntnis 3

In Abwesenheit der verletzten Säulen Kai Havertz, Jamal Musiala, Antonio Rüdiger und Marc-André ter Stegen muss das Team funktionieren. Nagelsmann beschreibt das mit Begriffen wie «Baseline» und «Soft Facts», die stimmen müssten. Er will zum Beispiel «die Lust auf das gemeinschaftliche Verteidigen» erkennen. «Unser Trumpf muss sein, dass wir eine Mannschaft sind», sagte Kimmich.