Hurkacz fegt wie ein Orkan über die Nummer eins hinweg

Halle. Oscar Otte servierte in der OWL-Arena in Halle noch ein letztes Sahnestück, beim finalen Wettstreit um den Pokal der 29. Terra Wortmann Open, es wäre sein erster auf ATP-Ebene gewesen, musste der Shootingstar aus Köln jedoch zusehen. Daniil Medwedew spielte anstelle des Deutschen das Endspiel vor 11.000 Zuschauern, wollte seine Titelmission erfolgreich zu Ende bringen. Er hatte jedoch die Rechnung ohne den Gegner gemacht. Hubert Hurkacz fegte wie ein Orkan über den Weltranglistenersten hinweg, siegte im Stile eines Champions in nur 62 Minuten mit 6:1, 6:4 und war anschließend zu Tränen gerührt. &bdquo;Ich bin sehr glücklich, das ist mein erster Titel in diesem Jahr und dann auf Rasen", sagte der Sieger des 500er-Turniers. Medwedew muss sich im Finale gefühlt haben, als habe man ihm die bessere Version seines Halbfinalgegners gegenübergestellt. Wie Oscar Otte setzte auch Hubert Hurkacz den Nummer-Eins-Mann aus Moskau mit mächtigen Aufschlägen unter Druck, hielt diesen mit eingestreuten Rückhand-Slicebällen außerhalb der Komfortzone, rückte energisch ans Netz vor und streute häufiger mal einen Stopp ein. Ein probates Mittel gegen den beim Return weit hinter der Grundlinie postierten Russen. Nach 19 Minuten stand es 0:5 aus Sicht des Favoriten, der sich frustriert in Diskussionen mit seiner Box verlor. "Ich habe das Momentum genutzt und dann einfach weitergemacht" Dass Hurkacz auf Rasen zu den Besten seiner Zunft zählt, war Medwedew nicht neu, schließlich hatte er bereits im Wimbledon-Achtelfinale 2021 das Nachsehen gehabt. Eine derartige Dominanz des Weltranglisten-12. dürfte er jedoch kaum erwartet haben. Zumal sich dieser beim 4:6, 7:6 (2), 7:6 (4) in der Vorschlussrunde gegen den Australier Nick Kyrgios deutlich mehr abgemüht hatte. Medwedew wehrte sich nach Kräften, aber der nächste Service-Verlust zu Beginn des zweiten Satzes war vorentscheidend, denn der aufschlagstarke Pole ließ auch in der Folge nicht eine Breakchance zu. &bdquo;Ich habe heute so aufgeschlagen, wie ich es wollte. Und ich habe das Momentum bei Daniils Aufschlag genutzt. Und dann habe ich einfach weitergemacht", erklärt der 25-Jährige aus Warschau, als sei der Triumph gegen den Branchenführer keine große Sache. Der Unterlegene entschuldigt sich anschließend etwas geknickt beim Publikum für das "etwas zu kurze Finale". Er habe das Match etwas spannender gestalten wollen auch mit einem positiven Ausgang zu seinen Gunsten, aber es sei einfach nicht sein Tag gewesen, sagte Medwedew bei seiner Rede auf dem Centre Court. "Allerdings muss ich Hubert auch ein Kompliment machen. Er hat heute praktisch nichts zugelassen." Medwedew hatte schon beim 7:6 (3), 6:4-Erfolg im Halbfinale gegen Oscar Otte lange Zeit größten Widerstand überwinden müssen. Bis zum Satzball des Kölners beim Stand von 5:3 im ersten Satz lag sogar die Sensation in der Luft. Doch im denkbar unglücklichsten Moment unterlief Otte ein Fauxpas, den er teuer bezahlen musste: Mit dem Doppelfehler beim Stand von 5:3, 40:30 öffnete er dem Russen die Tür zurück ins Match. &bdquo;Der Doppelfehler bei Satzball war schon blöd", haderte der 28-Jährige. &bdquo;Ich hätte den ersten Satz gern gewonnen, um zu schauen, was dann passiert." Otte bricht Heimfahrt ab und kehrt zurück nach Halle Otte wollte sich von der unglücklichen Niederlage jedoch nicht die Stimmung verderben lassen. &bdquo;Es hat wieder Mega-Bock gemacht. In meiner ganzen Karriere habe ich noch nie so viel Zuschauer hinter mir gehabt", schwärmt der Deutsche, der sich in Halle schnell zum Publikumsliebling entwickelte. Die Halbfinal-Vorstöße in Stuttgart und Halle katapultieren ihn auf Rang 37 der Weltrangliste. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Alexander Zverev tritt er als Deutschlands Bester beim Rasenklassiker in Wimbledon an. Das weckt Begehrlichkeiten, denen er gern nachkommt. Weil ihn das ZDF kurzfristig als Experten rund um das Finalmatch anfragt, bricht der sympathische Rheinländer die Heimreise ab und kehrt nach Halle zurück. &bdquo;Warum denn nicht? Es ist ein deutsches Turnier, irgendwie noch ums Eck von zuhause", sagte er. Und so war Otte – zwar anders als erhofft – doch noch ein Finalteilnehmer.

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