Aue. Aschfahle Gesichter in Aue und ein Präsident, der gestern einen der größten Irrtümer seiner Laufbahn eingestehen musste. "Der SC Paderborn liegt dem Roland Seitz nicht", davon war Wilfried Finke vor dem Anstoß in Aue eigentlich felsenfest überzeugt. Gegen 16.45 Uhr trat dann am gestrigen Sonntag die traurige Wahrheit auf den Plan. Die Ostwestfalen unterschrieben im Erzgebirgsstadion ein 0:6 (0:3)-Debakel und kassierten im dritten Zweitligajahr gleichzeitig die höchste Niederlage nach dem Aufstieg von 2005. Der Ende 2006 vom SCP-Präsidenten entlassene Seitz feierte somit einen der größten Triumphe seiner Karriere.
Die 13., 41., 45., 52., 62. und 73. Minute, das sind die chronologischen Stationen eines quasi sechsfachen Offenbarungseids, die sich die SCP-Defensive während der 90 Spielminuten als kaum nachvollziehbaren Luxus leistete. Nachdem Adam Nemec, Sanibal Orahovac und Skerdilaid Curri den todkranken Patienten aus Ostwestfalen bereits zum Seitenwechsel mit 0:3 vorentscheidend angezählt hatten, legten Leandro Grech, Adam Petrous im zweiten Durchgang nach, bevor Aues Wintereinkauf Orahovac das gnadenlose halbe Dutzend voll machte.
Paderborns Offensive war zuletzt ebenso hoffnungslos überfordert wie die Kollegen aus der Defensivabteilung, aber vielleicht war das eine Manko ja auch die Konsequenz des anderen. Nachdem die Elf von Pavel Dotchev ihrer kleinen mitgereisten Fangemeinde deutlich die im Vorfeld in dieser Form kaum für möglich gehaltenen Schattenseiten demonstrierte und bis zum Schlusspfiff nicht eine nur halbwegs ernst zu nehmende Torchance kreiert hatte, scheiterten angesichts des eigentlich auch Unfassbaren sogar die abschließenden Erklärungsversuche. "Ich habe nicht viel zu sagen," so die einleitenden Worte des Paderborner Cheftrainers während der gestrigen Pressekonferenz, "andererseits gibt es aber sehr, sehr viel zu sagen".
Auch dieser etwas hilflos anmutende Satz Dotchevs war sicherlich ein klares Dokument der Ratlosigkeit, "heute ein Team erlebt zu haben, das überhaupt nicht gefestigt und nur in der Foulstatistik besser als der Gegner war". Darüber hinaus stellte der Nachfolger von Holger Fach ernüchtert fest, dass "meine personellen Hintergedanken, die Defensive etwas zu stärken" in Aue nicht gefruchtet hätten.
Allerdings musste der SCP-Coach sein Ensemble bereits vor dem Anstoß umbauen. Mit Marc Gouiffe á Goufan hatte sich der etatmäßige Sechser beim Warmmachen an der Leiste verletzt, für ihn rückte Markus Krösche ins defensive Mittelfeld, während David Fall nach seiner abgelaufenen Rotsperre statt dessen in der Viererkette spielte.