Herr Hornberger, seit Pfingstmontag sind Sie neuer Präsident des SC Paderborn und damit Nachfolger von Wilfried Finke. Wie kam es denn zu dieser Amtsübernahme?
Martin Hornberger: Vor rund zehn Tagen hat mich der Aufsichtsrat gefragt, ob ich neuer Präsident werden möchte. Ich habe mich dann mit Michael Rickers, der neuer Vizepräsident werden sollte, beraten. Und wir haben uns entschlossen, es gemeinsam anzupacken.
Kritiker monieren allerdings, dass ein wirklicher Neuaufbau anders aussieht. Gerade Sie standen als Gesamtgeschäftsführer, der auch mal unpopuläre Entscheidungen nach außen verkaufen musste, oft in der Schusslinie.
Hornberger: Das ist eben so in meinem Job. Damit muss man leben und ich kann mit Kritik umgehen. Dem Aufsichtsrat war wichtig, dass es in der Führung des Vereins eine gewisse Kontinuität gibt. Denn Leerlauf kann sich der SC Paderborn in dieser Situation nicht leisten. Die nun handelnden Personen wissen, was zu tun ist. Und ich gehe mit einer hochmotivierten Mannschaft an den Start.
Wie begegnen sie Vorwürfen, dass Ex-Präsident Wilfried Finke ohnehin auch künftig die Strippen ziehen wird?
Hornberger: Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass der Verein Wilfried Finke unglaublich viel zu verdanken hat. Den sportlichen Erfolg in den letzten zwei Jahrzehnten, das Stadion und das Trainings- und Nachwuchsleistungszentrum hätte es ohne ihn nie gegeben. Und ich werde selbstverständlich auch künftig den ein oder anderen Kaffee mit ihm trinken und auf seine Erfahrung bauen. Er ist ja nicht aus der Welt. Wilfried Finke ist schließlich auch weiterhin einer der Hauptsponsoren sowie der größte Gesellschafter der Stadiongesellschaft. Wir werden ihm bei der Jahreshauptversammlung im November sicherlich die gebührende Ehre zuteil werden lassen.
Und welchen Führungsstil werden Sie selbst pflegen?
Hornberger: Das Wir-Gefühl steht im Vordergrund und ist extrem wichtig - und zwar auf allen Ebenen. Dabei setze ich auf Dialog. Meine Tür steht allen offen, ob Spielern, Mitarbeitern, Sponsoren oder Fans. Ich werde leicht zu erreichen sein und man kann mit mir über jedes Thema sprechen. Und wir werden ganz sicher auch den regelmäßigen Austausch mit dem Fanbeirat und dem Fanprojekt fortsetzen. Ich werde mich den Fans stellen. Und das wird mir möglicherweise im Tagesgeschäft leichter fallen als dem ehrenamtlichen Präsidenten Wilfried Finke, der ja auch ein erfolgreicher Möbelunternehmer ist.
Neben Tim Sebastian und Robin Krauße, die einen gültigen Vertrag haben, bekannten sich auch Thomas Bertels und Christian Bickel zum SCP. Darüber hinaus haben die Paderborner mit den Nachwuchsspielern Tim Mannek und Semir Saric zwei talentierte Kicker aus den eigenen Reihen unter Vertrag genommen.
Zunächst aber haben Sie die undankbare Aufgabe, die Zahl der Geschäftsstellen-Mitarbeiter zu halbieren.
Hornberger: Ich habe mit den betroffenen Mitarbeitern gesprochen und ihnen allen gesagt, dass sie erstklassige Arbeit geleistet und viel Herz für den SCP gezeigt haben. Aber wir müssen nun einmal sparen. Die verbleibenden Mitarbeiter werden unterdessen ihre hervorragende Arbeit fortsetzen. Da habe ich vollstes Vertrauen.
Die Mitarbeiter haben gute Arbeit geleistet. Doch auf Führungsebene wurden in der vergangenen Saison Fehler gemacht. Was waren aus Ihrer Sicht die größten Versäumnisse und was muss sich ändern?
Hornberger: Ich will gar nicht nach hinten schauen, denn das bringt nichts und kostet nur Energie. Aber wir können sicher vieles anders und besser machen. Die 3. Liga ist für uns eine große Herausforderung, aber auch die Chance für einen Neuanfang. Wichtig ist, dass wir zu den Tugenden zurückkehren, die uns früher ausgezeichnet haben. Wir sollten das Ganze mit Demut und Bescheidenheit angehen. Entscheidend ist das Wir-Gefühl. Wir müssen alle an einem Strang ziehen.
Nach dem Zweitliga-Abstieg 2008 ist der Verein ein großes finanzielles Risiko eingegangen. Wie groß ist denn diesmal die Risikobereitschaft?
Hornberger: Wir wollen schon versuchen, den Verein möglichst schuldenfrei zu halten. Bei Bedarf müssen wir dann vielleicht sehen, ob wir auch mal ein gewisses Risiko eingehen. Aber es wird ganz sicher niemals ein unkalkulierbares Risiko sein. Wir müssen vielmehr daran arbeiten, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um auch bei einem längeren Verbleib in der 3. Liga attraktiven Fußball bieten zu können. Ansonsten sind wir im Vergleich zu früher weitaus besser aufgestellt. Der Verein steht finanziell gut da. Und wir haben eine ganz andere Infrastruktur mit exzellenten Trainingsbedingungen. Auch damit können wir nun bei Spielern punkten.
Dennoch stellt die 3. Liga den Verein auch vor finanzielle Herausforderungen. Sind die besagten Rahmenbedingungen für die Saison 2016/2017 denn schon geschaffen?
Hornberger: Wir haben die wirtschaftlichen Bedingungen soweit vorbereitet, dass wir am 31. Mai die testierten Unterlagen einreichen können. Und wir gehen fest davon aus, dass wir dann die endgültige Zulassung für die 3. Liga bekommen. Nahezu alle Bedingungen sind erfüllt. Der Deckel ist fast drauf.
Wie laufen denn derzeit die Sponsorengespräche? Und was ist mit dem Trikotsponsor kfzteile24, dessen Vertrag ausgelaufen ist?
Hornberger: Trotz des Abstiegs ist hier schon wieder eine Aufbruchstimmung spürbar. Täglich flattern unterschriebene Sponsorenverträge ins Haus. Und unser Vermarktungspartner Infront ist auch in Gesprächen mit kfzteile24. Ich schaue insgesamt sehr positiv in die Zukunft. Der SC Paderborn bleibt eine gute Werbeplattform.
Wie sieht es derweil bei der Entwicklung der Mitgliederzahlen aus?
Hornberger: Durch den Erstliga-Aufstieg sind wir da in ganz andere Dimensionen vorgestoßen. Die Mitgliederzahl stieg damals von 1.800 auf 10.500. Wenn wir am 30. Juni den nächsten Strich ziehen, gehe ich von einem Verlust von rund 20 Prozent aus. Das wären dann immer noch 8.000 verbleibende Mitglieder. Das ist für uns eine gewaltige Zahl, wenn man sieht, wo wir herkommen. Aber auch hier werden wir eine Menge tun, um neue Mitglieder zu gewinnen.
Ein Reizthema, das auch viele Fans und Mitglieder verprellte, war die Gestaltung der Eintrittspreise. Wie wird diese denn in der nächsten Saison aussehen? Und mit welchem Zuschauerschnitt wird kalkuliert?
Hornberger: Die Preise stehen noch nicht fest, denn darüber muss in den entsprechenden Gremien noch abschließend beraten werden. Aber die Tickets werden natürlich günstiger sein als in der zweiten Liga. Im Etat wird ein Zuschauerschnitt von 7.500 veranschlagt. Wir werden die neuen Ticketpreise wohl Anfang Juni bekanntgeben. Dann startet auch der Dauerkartenverkauf.
Trainingsauftakt ist unterdessen am 12. Juni. Wird es bis dahin auch einen neuen Sport-Geschäftsführer geben oder übernimmt Chefcoach René Müller diese Aufgabe auch langfristig?
Hornberger: Die Entscheidung ist noch offen, aber wir haben da auch keinen Zeitdruck. Denn das Team um René Müller steckt schon mitten in den Kaderplanungen und leistet sicher gute Arbeit. Mittel- bis langfristig könnte die Stelle aber sicherlich neu besetzt werden.
René Müller hatte als Leiter des Trainings- und Nachwuchsleistungszentrums einen Vertrag bis 2019. Gilt der noch immer?
Hornberger: An der Laufzeit ändert sich nichts. Er ist nur in einen Vertrag als Cheftrainer umgewandelt worden.
Wer wird dann neuer Leiter des Trainings- und Nachwuchsleistungszentrums?
Hornberger: Florian Fulland hat diese Aufgabe ja kommissarisch von René Müller übernommen. Und die Chancen, dass er NLZ-Leiter bleibt, sind groß.
Und wie groß sind die Chancen, dass der SC Paderborn den sofortigen Wiederaufstieg schafft?
Hornberger: Es wäre unseriös, wenn wir jetzt schon Ziele für die neue Saison ausrufen, obwohl wir noch nicht wissen, wie die Rahmenbedingungen und die Kaderzusammensetzung aussehen. Fakt ist: Die dritte Liga wird bestimmt nicht einfach. Und auch beim Formulieren von Zielen rate ich allen zu Demut und Bescheidenheit. Es gibt halt gute und schlechte Zeiten. Und derzeit sind die Zeiten nicht so gut. Aber wir haben alles im Griff. Und ich bin gewillt, vorweg zu marschieren.