
Paderborn. Am Freitag wurde er verpflichtet, heute hat André Breitenreiter seinen ersten Auftritt auf Schalke. Dann wird der bisherige Coach des SC Paderborn offiziell als neuer Cheftrainer des Fußball-Erstligisten FC Schalke 04 vorgestellt. Frank Beineke sprach mit André Breitenreiter über die neue Herausforderung, seine Zeit beim SCP und über den Ablauf seines Wechsels.
Herr Breitenreiter, Glückwunsch zum neuen Job auf Schalke. Mit welchen Gefühlen sehen Sie der neuen Aufgabe entgegen?
ANDRÉ BREITENREITER: Zunächst einmal bin ich stolz und froh, dass ich diese große Herausforderung annehmen darf. Schalke ist ein absoluter Top-Club in Deutschland. Und ich habe die Chance, meine Trainerphilosophie in einer Mannschaft mit hoher individueller Qualität umzusetzen. Dafür bin ich dankbar.
In den Medien werden Sie allerdings oft als „kleine Lösung“ oder gar als „dritte Wahl“ bezeichnet. Belastet Sie das?
BREITENREITER: Das spielt für mich keine Rolle. Natürlich gibt’s kritische Stimmen, weil ich angeblich nicht die nötige Erfahrung habe. Aber das war schon so, als ich nach Paderborn gekommen war. Da hieß es: Reicht ein unerfahrener Regionalliga-Trainer für die 2. Liga? Der Ausgang ist bekannt.
Und wie wollen Sie auf Schalke ihre Kritiker überzeugen?
BREITENREITER: Das Wichtigste ist, die Herzen der Fans zurückzugewinnen. Als wir mit Paderborn am vorletzten Spieltag auf Schalke verloren hatten, haben uns die gegnerischen Fans mit stehenden Ovationen verabschiedet. Sie hatten eine Paderborner Mannschaft gesehen, die mit Herz, Leidenschaft und einer klaren Spielidee agiert hatte. Exakt dies muss uns auch auf Schalke gelingen. Die Fans wollen Spieler, die sich für ihren Verein zerreißen. Und wir wollen erfolgreichen, attraktiven Offensivfußball spielen.
Wie waren die Reaktionen aus Paderborn auf ihren Wechsel?
BREITENREITER: Ich habe gefühlte 500 Glückwunsch-Nachrichten bekommen. Viele SCP-Mitarbeiter, Spieler und Leute aus dem Funktionsteam haben mir gratuliert. Das Feedback macht mich stolz, denn es zeigt, dass wir im Umgang mit den Menschen vieles richtig gemacht haben. Ich hatte zwei wundervolle Jahre in Paderborn mit einer herausragenden Mannschaft, einem tollen Trainer- und Funktionsteam und super Fans. Gerade die Zusammenarbeit mit Manager Michael Born war hervorragend.
Dennoch gibt es auch Kritik an der Art und Weise Ihres Abgangs.
BREITENREITER: Ich habe immer mit offenen Karten gespielt. Ich stand mehrmals täglich im Kontakt mit Michael Born, den ich offen über jeden meiner Schritte informiert habe. Während der Saison galt mein Fokus ausschließlich unserem Verein, ich habe keine Kontakte zu anderen Clubs zugelassen. Ich finde es legitim, dass ich mir nach Saisonende die nötige Zeit nehme, um mögliche Anfragen zu prüfen und den Ist-Zustand beim SCP zu bewerten. Ich habe mir viele Gedanken gemacht und mich hinterfragt, was wir in Paderborn noch erreichen können. Dennoch haben wir parallel die Planungen für den Kader und die Vorbereitung vorangetrieben. Ich verstehe, dass Präsident Wilfried Finke Planungssicherheit haben wollte. Aber es stimmt nicht, dass ich mich Gesprächen verweigert habe.
Apropos, Präsident. Herr Finke spricht bereits vom Wiederaufstieg. Diese Zielsetzung schien Ihnen nicht zu behagen.
BREITENREITER: Da gibt es sicher eine Differenz zwischen dem Präsidenten und mir. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man Ziele erst dann formulieren sollte, wenn ich weiß, wie der Kader aussieht, wie stark die Konkurrenz ist und unter welchen Bedingungen man arbeitet. Denn der SCP wird vom Budget her auch nächste Saison vielen anderen Teams unterlegen sein. Sensationen, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben, werden auch in Paderborn nicht zur Normalität.
Hätten Sie einen Rat für ihren Ex-Verein?
BREITENREITER: Der SC Paderborn ist sicher nicht auf meine Ratschläge angewiesen. Der Verein weiß selbst, dass er nicht von seiner Philosophie abrücken darf. Der SCP benötigt dafür Spieler, die den nächsten Schritt machen wollen und bereit sind, hart zu arbeiten, um besser zu werden. Mit seinen Möglichkeiten wird Paderborn dabei aber auch stets ein Sprungbrett bleiben – für Spieler und Trainer.
Stichwort Sprungbrett. Werden Sie denn ihr bisheriges Trainerteam mit nach Schalke nehmen?
BREITENREITER: Da sind wir in Gesprächen. Alle haben noch Verträge in Paderborn. Aber ich habe großes Interesse daran, weiter mit vertrauten Personen zusammenzuarbeiten. Denn im gesamten Trainerteam herrschte eine super Chemie.
Gibt es für Sie möglicherweise ein schnelles Wiedersehen mit Paderborn? Ein Testspiel von Schalke in der Benteler-Arena wäre doch naheliegend.
BREITENREITER: Das könnte sicher ein Bestandteil unserer Gespräche sein. Wir müssen aber schauen, ob überhaupt Termine frei sind. Aber unabhängig davon werde ich zeitnah nach Paderborn zurückkehren und mich von den SCP-Mitarbeitern verabschieden. Ich habe in den zwei Jahren viele Freunde gewonnen. Und ich hinterlasse ganz sicher keine verbrannte Erde.
Am vergangenen Mittwoch hatte André Breitenreiter erste Gespräche mit dem FC Schalke 04 geführt. In Düsseldorf gab es ein Treffen mit Schalke-Manager Horst Heldt. Donnerstagvormittag folgte in Rheda ein Gespräch mit S04-Präsident Clemens Tönnies. Anschließend flog Paderborns Trainer mit seinem Berater nach Mallorca, wo eigentlich ein Treffen mit Wilfried Finke stattfinden sollte. Doch der SCP-Präsident sagte laut Breitenreiter kurzfristig aus terminlichen Gründen ab. Am Freitag flogen schließlich Horst Heldt und Schalke-Sportdirektor Gerhard Zuber auf die Sonneninsel, um sich mit André Breitenreiter per Handschlag auf einen Zweijahresvertrag zu einigen.