Nach 30 Jahren Kassiererin beim VfB Fichte Bielefeld ist Ursula Böhnisch jetzt nur noch Fan

Bielefeld. Ursula Böhnisch war am Sonntag zeitig an der Rußheide. Wie immer, wenn der VfB Fichte Bielefeld ein Heimspiel hat. Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit führte ihr Weg aber nicht in das Kassenhäuschen des Stadions. &bdquo;Ulla“, wie sie bei den &bdquo;Hüpkern“ von allen gerufen wird, hat Schluss gemacht. Rund 30 Jahre hat sie auf der Rußheide den Eintritt für den VfB Fichte kassiert. Im November wird sie 87 Jahre alt. Eigentlich wollte sie längst aufgehört haben. &bdquo;Nach dem Bezirksliga-Abstieg habe ich gesagt, ich kassiere nicht mehr, das ist unter meinem Niveau“, meint sie lachend. Doch sie ließ sich überreden, und das Jahr drauf noch einmal. Jetzt aber ist es endgültig vorbei. Mit der Kasse, nicht aber mit dem VfB Fichte. Ihr begehrtes Backwerk bringt sie weiterhin mit. Und Fan bleibe sie natürlich auch. Für Sonntag hat Böhnisch fünf Kuchen gebacken. Drei für den VfB Fichte, zwei für die Handballerinnen des TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck. Bei denen ist ihr Schwiegersohn Heiko Voss Betreuer. Eine ihrer Enkelinnen hat mal dort Handball gespielt. Böhnisch begleitet ihren Mann wegen des Fußballs nach Bochum Wie Ulla Böhnisch selbst auch. 1954 meldet sie sich mit einer Freundin beim VfB 03 an. Böhnischs späterer Mann Arthur war Torwart bei den Fußballern. Er wechselt dann aber zur Saison 1962/63 zum VfL Bochum in die damals zweithöchste deutsche Spielklasse. Ulla Böhnisch begleitete ihren Mann ins Ruhrgebiet. Zwei Jahre später war das Paar wieder zurück. Böhnisch: &bdquo;Mein Mann hatte sich ausgerechnet im Spiel des VfL auf der Alm gegen Arminia das Schlüsselbein gebrochen.“ Arthur Böhnisch spielte später noch mal beim VfB 03 und danach kurz in Jöllenbeck, wo die Familie wohnte. Ursula Böhnischs ehemaliger Arbeitgeber, die Gebrüder Starke von der Herforder Straße, half bei der Rückkehr aus Bochum mit einer Wohnung und einem Arbeitsplatz. &bdquo;Gelernt hatte ich Verkäuferin bei Opitz, dann war ich Versandleiterin bei Starke“, erzählt Böhnisch. Zurück beim VfB 03 ging es dann ins Kassenhäuschen Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1985 wandte sie sich wieder dem VfB 03 zu. Ende der 1980er Jahre, &bdquo;als meine vier Töchter flügge waren“, wurde die Verbindung zum VfB 03 wieder intensiver. &bdquo;Ich war immer viel mit Gisela Kott zusammen“, erinnert sich Böhnisch. Kott war damals Kassiererin beim VfB 03. &bdquo;Und ich war dann ihre Nachfolgerin“, sagt Böhnisch. Nach der Verschmelzung mit der SV Fichte 06/07 sollte es ursprünglich ein Team für den Kassendienst geben. Doch aus verschiedenen Gründen blieb nur Ulla Böhnisch übrig: &bdquo;Immer ehrenamtlich, ohne die Hand aufzuhalten.“ Jahr für Jahr versah sie ihren Dienst. &bdquo;Dass man jemanden im Verein hat, der sich so engagiert, ist keine Normalität“, sagt Jobst Hölzenbein. Lesen Sie auch: VfB Fichte Bielefeld verspielt 2:0-Vorsprung Der langjährige Fußball-Abteilungsleiter und Sponsor des VfB Fichte &bdquo;zieht den Hut“ vor dem unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz Böhnischs. Die ist über die Jahre beim VfB Fichte eine Institution geworden. Eine Respektsperson, die ihre Meinung sagt. Sie habe immer einen guten Draht zu den Spielern gehabt. Böhnisch sagt sogar Futsal-Nationalspieler Sözer Bescheid Die mussten sich manchen Spruch gefallen lassen: Böhnisch lächelnd: &bdquo;In der letzten Saison habe ich nach dem ersten Spiel gemeckert, dass sie zu viel quer spielen. Da kam der Memos Sözer und ich habe zu ihm gesagt: du gehörst auch dazu. Hinterher hieß es dann, die Böhnisch hat sogar dem Sözer Bescheid gesagt.“ Ulla habe ihm manche Ansprache abgenommen, erinnert sich Jobst Hölzenbein schmunzelnd. &bdquo;In einigen Momenten, als es schlecht lief, musste ich gar nicht mehr ran. Da saßen die Spieler wie kleine Schulkinder vor ihr.“ Sie habe durchaus Fußballverstand, meint Böhnisch, auch wenn Mario Ermisch ihr den mal abgesprochen hätte. Mit dem ehemaligen Trainer des VfB Fichte verstehe sie sich. Mit dem Bus zu den Auswärtsspielen der Bielefelder Über das Team von der Rußheide kann sich Böhnisch auf jeden Fall ein Urteil erlauben. Sie hat den Klub durch (Oberliga)-Höhen und (Kreisliga)-Tiefen begleitet. &bdquo;Ich kenne noch die besseren Zeiten“, sagt sie. Bei Heimauftritten ist sie stets zur zweiten Halbzeit auf der Tribüne gewesen. Auswärtsspiele verpasst sie selten. &bdquo;Wenn es einen Bus gab oder jemand anders fuhr, bin ich mitgefahren.“ Und das will sie beibehalten, auch bei Wind und Wetter. Böhnisch: &bdquo;Dann muss man sich halt richtig anziehen.“ Der Fanclub &bdquo;Fichte, Tanne, Nadelholz“ hat ihr zum Dank für ihre Tätigkeit als Kassiererin eine Tafel mit Fotos und einigen ihrer Sprüche geschenkt. Böhnisch hat ein Foto der Tafel auf dem Handy. Mit dem Smartphone ist sie bei Facebook und Instagram unterwegs. Da kann sie auch verfolgen, was ihr Nachwuchs macht, die mittlerweile sieben Enkelkinder und drei Urenkel. &bdquo;Ulla ist oft die erste, die antwortet, wenn der Verein etwas auf Social Media veröffentlicht“, sagt Hölzenbein. Zu Weihnachten verteilt Böhnisch Geschenke Legendär seien ihre Weihnachtsgeschenke. &bdquo;Sie hat für jeden was, meist etwas Selbstgemachtes“, sagt Hölzenbein. &bdquo;Socken“ wirft Böhnisch ein. Die strickt sie abends beim Fernsehen. Oder auf der griechischen Insel Kos, die sie regelmäßig besucht. Gerade ist sie wieder dabei, die Geschenke für die nächste Weihnachtsfeier fertigzustellen. Hoffentlich ist die Bezirksligamannschaft bis dahin erfolgreicher als beim 2:3 gegen Sende am ersten Spieltag. Sonst gibt es nicht nur Socken, sondern auch eine &bdquo;Ansprache“ von Ulla Böhnisch.

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