Bielefeld

Sport-Heimat der Schildsker Familienbande

Klubhäuser in Bielefeld: Das aktuelle Vereinsheim des VfL hat im Jahr 2004 das alte abgelöst. Geschichte und Geschichten gibt es beiden Treffpunkten.

Oliver Stüwe, aktueller 1. Vorsitzender des VfL, ist durchaus Stolz auf das neue, stylishe Vereinsheim. | © Oliver Krato

31.05.2021 | 01.06.2021, 10:28

Bielefeld. Familie. Ein großes Wort. Da gibt es zum einen den Klassiker: Vater, Mutter, Kind. Das hat sich jedoch gewandelt. Zwei Männer können genauso liebevolle Väter sein wie zwei Frauen Mütter. Mittlerweile sprechen viele Fußballvereine auch immer davon, eine große Familie zu sein. Beim VfL Schildesche, sportlich in der Fußball-Kreisliga B beheimatet, bekommt das Wort Familie noch einmal eine ganz andere Bedeutung.

Eine Heimat für seine „VfL-Familie“ hat der sympathische Klub in seinem Vereinsheim. „Wir sind hier in Schildesche ja durchaus eine Besonderheit“, sagt Karl-Friedrich Wiegand. Von 1993 bis 1997 bekleidete er die Funktion des ersten Vorsitzenden beim VfL Schildesche. Der 72-Jährige sagt grinsend über sich selbst, er sei ein „ewiger Meckerkopp.“ Allerdings einer, der auch anpacken kann. 1990, Wiegand war natürlich schon Vereinsmitglied, erwuchs die Idee, ein Vereinsheim zu bauen. „Alles in Eigenregie“, verrät Wiegand. Im März war Baubeginn. „Eröffnet haben wir es dann im November 1990.“ Rund 700 Stunden Arbeit steckten in dem 80 Quadratmeter großen Gebäude.

Das alte Vereinsheim war bis 2004 der „Familiensitz“ des VfL. Inzwischen ist es abgerissen. Foto: VfL Schildesche - © VfL Schildesche
Das alte Vereinsheim war bis 2004 der „Familiensitz“ des VfL. Inzwischen ist es abgerissen. Foto: VfL Schildesche | © VfL Schildesche

„Das ging flott voran damals“, erinnert sich Lothar Guhl. Der „Bomber“, wie er in Schildesche genannt wird, ist seit 1966 Vereinsmitglied und durchlief alle Mannschaften. Heute ist er 73 Jahre alt und kommt immer noch regelmäßig zum Sportplatz.

Der abendliche Tanz war nicht zu verachten

Die Schildescher Lothar (v. l.), Björn Feldbusch-De Sia und Karl-Friedrich Weigand stoßen in ihrem Schmuckstück gemeinsam an. - © Oliver Krato
Die Schildescher Lothar (v. l.), Björn Feldbusch-De Sia und Karl-Friedrich Weigand stoßen in ihrem Schmuckstück gemeinsam an. | © Oliver Krato

Er erinnert sich an das alte Klubhaus gern zurück. „Sonntags war da immer was los“, erzählt er und grinst schelmisch. Neben dem Kartenspiel „Schwimmen“ – passend in Anbetracht der Lage am Obersee – war auch der abendliche Tanz nicht zu verachten. „Unsere Frauen kamen meist später zum Platz – und dann ging es los.“

Einen kräftigen Abschlag vom Viadukt entfernt entstand 2004 die neue kulturelle Heimat der Schildescher. Foto: VfL Schildesche - © VfL Schildesche
Einen kräftigen Abschlag vom Viadukt entfernt entstand 2004 die neue kulturelle Heimat der Schildescher. Foto: VfL Schildesche | © VfL Schildesche

„Es gibt auch genauso viele Sonntage, an denen der Ehekrach programmiert ist“, fügt Oliver Stüwe hinzu. Der amtierende erste Vorsitzende der „Schildsker“ verrät: „Manch eine Gattin findet das nicht so gut, wenn man morgens um neun das Haus verlässt und erst gegen 20 Uhr zurückkommt.“ Immerhin müssen sich die Partner sonntags nicht unbedingt um die Verpflegung kümmern. „Das kriegen wir ja alles hier am Platz“, so Stüwe, der von Wiegand auch als „Pommes-Dieb“ bezeichnet wird. „Jeden Sonntag das gleiche Spiel, kaum habe ich die Fritten, ist Olli da und isst sie mir weg“, verrät Wiegand.

Eine Geschichte ist jedem alteingesessenen „Schildsker“ im Kopf, wenn er an das alte Vereinsheim am Obersee denkt. „Unser Mister VfL Schildesche, Buddy Haselhorst, hatte eine illustre Begegnung mit Fiete, dem Dackel vom ehemaligen Mannschaftsbetreuer“, beginnt Stüwe zu erzählen. Dazu ist wichtig zu wissen: Buddy Haselhorst hatte nach einem Unfall ein Holzbein.

Als Dackel Fiete am Holzbein knabberte

„Wir saßen eines abends im Vereinsheim, es war gesellig und lustig“, erinnert sich Oliver Stüwe. Auch Dackel Fiete saß friedlich unter dem Tisch. Vermeintlich friedlich zumindest. Irgendwann schaute der Vierbeiner auf und hatte die gesamte Schnauze voller Fäden und Flusen. Allgemeine Verwunderung machte sich breit. „Kurz darauf jaulte er einmal auf“, fügt Wiegand hinzu. Schnell stellte sich heraus: Fiete hatte einen Holzsplitter in der Lefze. „Nachdem der Dackel zunächst Buddys Hosenbein mehr oder weniger aufgefressen hatte, hat er auch noch am Holzbein geknabbert“, erzählt „Bomber“ Guhl.

Viele rauschende Feste wurden im alten Vereinsheim gefeiert. Unter anderem Silvester. Auch die jüngsten VfL-Mitglieder feierten mit, wenn auch schlafend in der Umkleidekabine. Oliver Stüwe erinnert sich an den Jahreswechsel 1995. „Unsere Tochter Lena war damals knapp ein Jahr alt. Während wir im alten Klubhaus den Jahreswechsel feierten, schlief sie mit Baby-Phone ganz selig nebenan.“ Heute ist Lena Stüwe 27 Jahre alt und sehr aktiv beim VfL Schildesche. Neben der eigenen Fußballkarriere coacht sie auch eine der zahlreichen Schildescher Jugendmannschaften. „Lena ist beim VfL groß geworden und bis heute hier geblieben“, freut sich Oliver Stüwe. „Familie eben“, sagt er.

"Eine tolle Lage am Viadukt"

Seit 2004 hat der VfL Schildesche nun eine neue sportliche Heimat. Vis-a-vis zum Viadukt. „Eine tolle Lage“, findet Sportvorstand Björn Feldbusch-De Sia. Das neue Vereinsheim, diesmal nicht in Eigenregie gebaut, sondern von einem Architekten entworfen, kommt modern daher. Eine große Glasfront, die den Blick auf den modernen Kunstrasen ermöglicht, sticht sofort ins Auge. Das ist nicht nur von außen stylish. Innen geben VfL-rote Wände dem Raum eine gewisse Wärme. Auf Regalen stehen unzählige Pokale, an der Wand gegenüber hängen Urkunden. „Die Zapfanlage ist noch ein Überbleibsel aus dem alten Vereinsheim“, sagt Wiegand.

Der 20. September 2004 bleibt jedem „Schildsker“ wohl noch geraume Zeit im Gedächtnis. Die Eröffnung des neuen Sportplatzes inklusive Vereinsheim. „Das war ein rauschendes Fest“, berichtet Oliver Stüwe. Feucht-fröhlich ging es zu und endete – weit nach Mitternacht – mit einem sportlichen Wettkampf. „Textilfreies Lattenschießen“, sagt Stüwe, „also mit dem Fußball auf die Querlatte des Tores“, erklärt er.

"Mittwochs ist immer Weißbiertag"

„Mittwochs ist Altherren-Tag“, verrät Feldbusch-De Sia. „Dann wird vom Pächterehepaar Görges auch frisch gekocht“, fügt Stüwe hinzu. Ob gefüllte Paprika oder der klassische Schaschlikspieß – für Gaumenfreuden ist gesorgt. „Und mittwochs ist auch immer Weißbiertag. Zu den Altherren kommt dann auch noch die Laufgruppe – die haben auch immer Durst“, plaudert der Sportvorstand aus dem Nähkästchen. Das neue Klubhaus lässt keine Wünsche offen.

Der 42-jährige Björn Feldbusch-De Sia hat eine besondere Verbindung zum Vereinsheim. „Hier fing alles an, mit meiner Frau.“ Giuliana De Sia ist ebenfalls fußballverrückt und kickt für die VfL-Damen. „Da läuft man sich dann unweigerlich auch mal im Vereinsheim über den Weg und beginnt zu plaudern“, berichtet Feldbusch-De Sia über die ersten Flirts mit seiner heutigen Ehefrau. Mittlerweile hat das Schildsker Paar mit Sohnemann Leonardo für Nachwuchs gesorgt. „Er spielt natürlich auch für den VfL“, macht der Sportvorstand deutlich. Ein besseres Beispiel für die „VfL-Familie“ gibt es kaum.