Bielefelder Amateurfußball

Saisonende weiterhin völlig offen

Fußball: Hinrunde beenden, 50-Prozent-Regel oder Annullierung – die Meinungen differieren. Die Saisonwertung hängt von einem Re-Start-Termin ab.

Rechnet mit einer Annullierung: Dominik Popiolek (vorn), Trainer des Bezirksligisten VfR Wellensiek. | © Foto: Andreas Zobe/NW

26.01.2021 | 26.01.2021, 23:00

Bielefeld. Wie geht es weiter? Wird vor dem Sommer überhaupt noch mal gespielt? Diese Fragen stellen sich die heimischen Amateurfußballer dieser Tage. Antworten gibt es möglicherweise Anfang Februar. Grundvoraussetzung für eine Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen ist eine politische Entscheidung. In der Woche vor Ende des zunächst bis zum 14. Februar befristeten Lockdowns treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dann soll angeblich auch der Amateursport ein Thema sein. Allerdings dürften zeitnahe Lockerungen angesichts der aktuellen Situation eher unrealistisch sein. Dabei ist die Zeit der entscheidende Faktor für den Sport. Kalkuliert man, dass bis zum 30. Juni gespielt werden kann, würde es reichen, Ostern oder kurz danach mit dem Spielbetrieb zu beginnen, möglicherweise mit einigen Mittwochspielen.

Je eher wieder mit dem Training und der Fortführung der Saison begonnen werden kann, desto realistischer ist, dass die Variante umgesetzt werden kann, die der Westfälische Fußballverband (FLVW) präferiert. Wenn möglich soll eine komplette Hinrunde gespielt und entsprechend gewertet werden. Zweite Wahl ist, dass mindestens 50 Prozent der zu absolvierenden Begegnungen in einer Liga gespielt werden und dann über den Quotienten eine Abschlusstabelle errechnet wird.

Fußballer warten auf Szenen wie diese: Fichtes Eike Baehr (l.) und Theesens Brian Ketscher. - © Peter Unger
Fußballer warten auf Szenen wie diese: Fichtes Eike Baehr (l.) und Theesens Brian Ketscher. | © Peter Unger

Die Saison vorzeitig zu annullieren, wie es der Hamburger Fußballverband erwägt, ist für Manfred Schnieders, Vizepräsident des FLVW, keine Lösung: „So lange wir die Chance haben, zeitlich die 50 Prozent zu erreichen, dürfen wir die Saison nicht annullieren.“ Allein aus rechtlichen Gründen dürfe der FLVW nicht frühzeitig abbrechen. Vertretern der heimischen Klubs sind unterschiedlicher Meinung, wie es weitergehen könnte. Hier einige Stimmen:

"Komplette Hinrunde wäre das Positivste"

Heinz-Werner Stork, Vorstandsvorsitzender VfL Theesen: „Wenn wir eine komplette Hinrunde gespielt bekommen, ist das nach meinem Dafürhalten die positivste Variante. Jeder hätte einmal gegen jeden gespielt, es gäbe Auf- und Absteiger. Und wir wären am 30. Juni mit dieser Saison durch. Ich denke, es wird sich in den nächsten sechs bis acht Wochen entscheiden. Wie im vergangenen Jahr gehe ich nicht davon aus, dass wir in einer möglichen ersten Lockerungsphase dabei sein werden. Einen Re-Start im April halte ich für denkbar, wenn im Vorfeld wieder Trainingsmaßnahmen möglich gemacht werden. Hier denke ich, dass es zunächst wieder kontaktlos starten wird, ehe es in den richtigen Kontaktsport eintritt.“

"Eine Annullierung wäre sehr schade"

Philipp Willmann, Trainer VfB Fichte: „Eine Annullierung der Saison wäre für alle Fußballer sehr schade. Nimmt man mal den 2000er Jahrgang unter die Lupe, so haben diese Jungs in zwei Jahren im Herrenbereich kaum Spiele absolviert. Da geht dem Amateurfußball viel Qualität verloren. Wenn es nach mir persönlich geht, würde ich gerne so viele Spiele wie möglich absolvieren. Aus der aktuellen tabellarischen Sicht würde man wohl vermuten, dass wir mit einer Annullierung der Saison nicht unzufrieden wären. Aber ich sage ganz ehrlich, jede Trainingseinheit und jedes Spiel ist für einen jungen Kader, wie wir ihn haben, Gold wert. Dennoch ist eine Annullierung der Saison in meinen Augen aktuell sinnvoller, als 50 Prozent der Saison zu werten. Bei einer 50-Prozent-Wertung ist die Tabelle nicht aussagekräftig genug, um über Auf- oder Absteiger zu werten. In 17 weiteren Partien und 51 Punkte, die noch zu vergeben wären, kann viel passieren. Unabhängig davon wie das persönliche Empfinden ist, gibt es Regeln. Wenn wir es noch schaffen, 50 Prozent zu absolvieren, dann ist das so. Da gibt es kein fair oder unfair. Regeln sind Regeln. An weiteren Spekulationen möchte ich mich derzeit nicht beteiligen.“

"Sinnlose Diskussion"

Jens Horstmann, Trainer TuS Dornberg: „Ich finde es aktuell relativ sinnlos über das Thema zu sprechen, weil niemand weiß, wie es in sechs Wochen aussieht. Die Situation war schon mehrfach so dynamisch, dass zwei Wochen eine Menge verändert haben. Es ist also alles ziemlich wilde Spekulation. Zumal vor dem Mannschaftssport erstmal Restaurants, Schulen und so weiter Vorrang haben. Folgendes Szenario halte ich für durchaus möglich: Mai und Juni haben neun Sonntage, dazu noch zwei Feiertage auf einem Donnerstag für etwaige Nachholspiele. Um am ersten Maiwochenende spielen zu können, müsste man im April trainieren. Dann hätte man viereinhalb Wochen fußballspezifische Vorbereitung. Die Zeit davor müsste man individuell nutzen, zum Beispiel mit Läufen. Das machen ja aktuell eh viele Hobbysportler. So ein Szenario halte ich für durchaus realistisch und auch für alle Ligen und Teams umsetzbar und fair. Schließlich wurde die 50 Prozent-Regel genau für den Fall eingeführt, der jetzt eingetreten ist. Daher fände ich es auch nur angemessen, diese Möglichkeit zu nutzen. Besondere Umstände erfordern eben besondere Maßnahmen, und ich sehe in so einem Szenario auch niemanden unverhältnismäßig bevor- oder benachteiligt. Sollte im April aber kein Training möglich sein, macht eine Fortsetzung dann tatsächlich wohl kaum noch Sinn. Ich hoffe unabhängig vom Sport, dass wärmere Temperaturen im Frühling und die Impfungen uns wieder einen Alltag mit mehr sozialen Kontakten ermöglichen.“

"Das große Ganze sehen"

Dominik Popiolek, Trainer VfR Wellensiek: „Ich gehe ganz stark davon aus, dass die Saison annulliert wird. So sehr wir uns den Fußball-Alltag wieder wünschen, so sehr müssen wir das große Ganze sehen. Es wäre gegenüber anderen Instanzen nur fair und nachvollziehbar, dass wir bis Juni nicht wieder auf den Platz dürfen. Das wichtigste Ziel sollte sein, dass wir die Saison 2021/2022 komplett und möglichst ohne größere Ausfälle spielen können. Eine dritte Saison hintereinander, die abgebrochen würde, wäre das größte Fiasko. Ich hoffe sehr, dass wir für unsere Geduld und Disziplin belohnt werden und schon bald eine ganze Saison ohne Generalabsage durchführen können.“

"Ich habe nur wenig Hoffnung"

André Schulze Hessing, sportlicher Leiter VfL Ummeln: „Ich habe nur noch wenig Hoffnung auf einen Re-Start. Eigentlich bin ich mir sehr sicher, dass wir in dieser Saison nicht mehr spielen werden und dass es somit zu einer Annullierung kommen wird.“


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