
Bielefeld. Ein Paukenschlag ist es nicht, denn viele Beobachter hatten über diese Entscheidung schon spekuliert. Trotzdem lässt die Personalie aufhorchen: Die TSG A-H Bielefeld wird mit einem neuen Coach in die Saison 2018/2019 gehen. Am Dienstag gab der Klub bekannt, dass sich die Wege des Oberligisten und seines aktuellen Trainers Michael Boy trennen werden.
Wenn am kommenden Samstag der Schlusspfiff der Partie TSG gegen Mennighüffen ertönt, wird Boy zum 128. Mal die Bank der Bielefelder gehütet haben. Der Trainer ist damit alleiniger Rekordhalter, bringt es auf sieben Einsätze mehr als Helmut Bußmeyer. Er hat den heimischen Handball mit geprägt. "Ich hätte das Projekt natürlich gerne weiter begleitet. Es hat einige konstruktive Gespräche gegeben. Letztlich trifft die Geschäftsführung aber die Entscheidung. Das sind die Mechanismen des Sports. Ich bin nicht sauer. Ich blicke auf eine wunderbare Zeit zurück", erklärte Boy.

»Ich blicke auf eine wunderbare Zeit zurück«
"Wir haben Michael viel zu verdanken und er hat die Mannschaft in dieser Saison auf einen guten zweiten Platz geführt. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass das Team für die kommende Saison neue Impulse braucht", so Geschäftsführer Christian Sprdlik zu dieser Maßnahme.
Michael Boys Verbindungen zur TSG, und damit zu Bielefeld, sind lang: Als die beiden großen Klubs der Stadt, TSG und TuS 97, unter dem Namen HSG 02 Bielefeld für einige Jahre verschmolzen waren, spielte er zwischen 2003 und 2005 in 57 Partien für die Bielefelder. Nach Abstechern zu Eintracht Hildesheim und Konstanz stand der Mittelmann bei GWD Minden II, seinem Heimatverein, bei dem er mit dem Handballspielen begonnen hatte, unter Vertrag. Die TSG rief abermals. Als im Jahr 2010 akute Verletzungsprobleme den Kader schwächten, nutzte Boy eine Ausstiegsklausel, um GWD zu verlassen und sich erneut der TSG anzuschließen. Er gibt zu: "Bielefeld war über all die Jahre eine Herzensangelegenheit für mich." Von Oktober 2010 bis Mai 2013 zog er die Fäden im Rückraum des damaligen Drittligisten.
Die Karriere des Michael Boy
- Jahrgang 1981.
- Geboren in Minden, wo er seine handballerische Grundausbildung erhielt.
- Deutscher A-Jugendmeister mit GWD Minden.
- Spieler beim TuS 97, der HSG 02 Bielefeld, Eintracht Hildesheim (2. Bundesliga), HSG Konstanz, GWD Minden II, TSG Altenhagen-Heepen, TuS Möllbergen. Seinen letzten Einsatz als Aktiver absolvierte er für ein Spiel im Trikot des TuS Lahde/Quetzen (November 2016).
- Als Spieler erzielte er in 133 Partien 564 Tore für die TSG.
- Als Trainer der Bielefelder holte Boy 63 Siege, 12 Unentschieden und kassierte 52 Niederlagen. (Die anstehende Partie gegen Mennighüffen noch nicht eingerechnet).
- Inhaber der C- und B-Lizenz. Am kommenden Wochenende absolviert Boy die letzten Prüfungen zur A-Lizenz.
Boys Übergang ins Traineramt verlief nicht ohne Umwege. Nachdem die Bielefelder Coach Micky Reiners vorzeitig entlassen hatten, übernahmen Boy und Tobias Fröbel bis zum Saisonende den Posten auf der Bank. Boy verließ die TSG im Sommer 2013 in Richtung Möllbergen, kaum ahnend, in welche Turbulenzen sein Ex-Klub geraten würde. Der trennte sich nämlich noch vor Saisonbeginn von Übungsleiter Bernd Schramme. Erneut übernahm Fröbel - als Spielertrainer, was in der dritten Liga äußerst ungewöhnlich war.
Mitte Dezember 2013, Boy war an der Schulter verletzt und stand in Möllbergen nicht mehr als Spieler zur Verfügung, einigte man sich. Der einstige Regisseur kehrte als vollwertiger Trainer zurück. Die holprige Vorbereitung ließ sich allerdings kaum noch kompensieren und so stieg der Klub am Ende der Spielzeit in die Oberliga ab. Die Verantwortlichen hielten an ihrem Coach fest. In den drei folgenden Spielzeiten rangierte die TSG immer in der oberen Tabellenhälfte. Nach dem Abstieg in den Jahren 14/15 hielt sich das Team lange im Kampf um Platz zwei, wurde am Ende Vierter. Danach schlossen die Bielefelder mit den Plätzen sechs (15/16) und sieben (16/17) ab.
Boys finale Saison in Bielefeld wird ihm besonders in Erinnerung bleiben. Während er ein hoch gerüstetes Team durch die Spielzeit führte, erwarb er parallel seine A-Trainer Lizenz. "Ich habe insgesamt bei der TSG viel gelernt und viele Erfahrungen gemacht. Sportlich haben wir keine schlechte Saison gespielt. Zweiter zu werden in einer solch starken Liga, ist nicht von Pappe", bilanziert der Coach.
Trainer, das sei sein Ding. Michael Boy will im Geschäft bleiben. Sein bisheriger Weg als TSG-Rekordtrainer ist eine gute Referenz. "Ich habe mich nie mit den Statistiken beschäftigt, aber gestern habe ich mal rein geguckt", sagt er abschließend leicht wehmütig.