Bielefeld

Für den TSVE und den Post SV war es ein kurzer Spaß in der 2. Liga

Und sie spielen immer noch: Sascha Gorodetzki, Tilo Kentzler und Arnim Nölke (v. l.) waren schon zu Zweitligazeiten beim Telekom Post SV. Bastian Junker (3. v. l.) kam etwas später hinzu. | © Andreas Zobe

Hans-Joachim Kaspers
23.03.2017 | 23.03.2017, 06:01

Bielefeld. "Elf Freunde müsst ihr sein", lautet ein Erfolgsrezept im Fußball, das heutzutage allerdings - anders als 1954 in Bern - nicht mehr unmittelbar zu Meisterschaften führt. Zu Anfang des Jahrtausends kam es indes in Bielefeld zu der ungewöhnlichen Konstellation, dass eine verstärkte Schulmannschaft den Durchmarsch bis in die 2. Bundesliga schaffte: Das erfolgreiche Volleyballteam des Telekom Post SV hatte seinen Ursprung in einer Arbeitsgemeinschaft des Max-Planck-Gymnasiums. Der Siegeszug der Basketballer des TSVE Bielefeld, die sich plötzlich und unerwartet in der 2. Bundesliga Pro B wiederfanden, war dagegen ein Produkt mehrerer günstiger Zufälle.

"Wir hatten nie die Strategie, in die 2. Liga aufzusteigen", erinnert sich Heike Rixe, damals wie heute Abteilungsleiterin des TSVE, an "ein wirklich aufregendes Jahr, in das wir einfach reingestolpert sind." Grundlage der Regionalligameisterschaft waren einige wichtige Personalien: So erlebte David Bunts, der schon einige Zeit für den TSVE aktiv gewesen war, seinen zweiten Frühling - unter anderem auch deshalb, weil er mit Flügelspieler Emre Atsür, den es beruflich in die Region verschlagen hatte, und dem kanadischen Centerriesen Jordan Sabourin auf einmal zwei Akteure an seiner Seite hatte, die den ewigen Alleinunterhalter entlasteten. Zudem blühten langjährige Stützen wie Nordin Chaddadi oder Oliver Mankowski an der Seite dieser Klassespieler richtig auf - und fertig war im Sommer 2007 der Regionalliga-Titel.

Mit der Chance, in der 2. Liga zu spielen, kamen beim TSVE auf einmal Bedenken auf. "Es war allen klar, dass wir in dieser Spielklasse eine ganze Stange Geld würden aufbringen müssen", sagt Günter Entgelmeier. Der damalige Vorsitzende des Großvereins setzte sich stark für "seine" Basketballer ein, versuchte höchstpersönlich Sponsoren zu gewinnen und stellte am Ende mehr Vereinsmittel als normalerweise für die Basketball-Abteilung üblich zur Verfügung. "Ich fand, dass die Jungs diese Chance verdient hatten", erklärt Entgelmeier, nicht ohne darauf hinzuweisen, "dass wir im Vergleich zu den anderen Klubs der Liga immer noch mit einem Mini-Budget unterwegs waren."

Und als wären die ungleichen finanziellen Möglichkeiten nicht genug gewesen, stellten sich von Beginn an weitere Probleme ein. Jordan Sabourin wurde noch vor Saisonbeginn von einem A-Zweitligisten aus Bremen aus dem laufenden Vertrag herausgekauft, der für ihn eingetauschte Philip McCandies erreichte nie die Klasse seines Vorgängers. Gleichzeitig wirkte sich aus, dass alle Spieler berufstätig waren und mitunter für den Basketball keine Kompromisse aushandeln konnten - so geschehen bei Nordin Chaddadi, der nach einem Jobwechsel seinen Trainingsaufwand drastisch herunterschrauben musste.

Trotz aller Widrigkeiten schlugen sich die Bielefelder bis zur kurzen Winterpause sehr ordentlich und standen auf einem Nichtabstiegsplatz. Doch als die Konkurrenz für den Abstiegskampf noch einmal nachrüstete, konnte der TSVE nicht mehr mithalten. "Es gab im Verein zu keiner Zeit ein Konzept, das darauf ausgelegt gewesen wäre, Zweitliga-Basketball nachhaltig in Bielefeld zu verankern", meint Chris Huelsewede, der Ilijas Masnic in der Schlussphase der Saison auf der Trainerposition ablöste, den Abstieg aber nicht mehr verhindern konnte. "Die Saison war spannend und interessant, aber seit 2008 wissen wir beim TSVE alle, dass die 2. Liga bei den Männern für uns aus finanziellen Gründen eine Nummer zu groß ist", nimmt Huelsewede kein Blatt vor den Mund: Mittel- und langfristig sei wirtschaftlich gesehen höchstens die 1. Regionalliga möglich, in der die Dolphins aktuell ums sportliche Überleben kämpfen.

Anders sieht es laut Huelsewede bei den Frauen aus, bei denen Höherklassigkeit immer noch durch gute Jugendarbeit zu erreichen sei. Das junge TSVE-Team, das sich gerade erfolgreich in der Regionalliga schlägt, schürt jedenfalls schon wieder Zweitliga-Hoffnungen.

Die keimen auch bei den Volleyballern des Telekom Post SV, obwohl sie gerade in dieser Saison mit dem Abstieg der ersten Mannschaft in die Oberliga eine harte Nuss zu knacken hatten. Im kommenden Jahr ist aber wohl wieder Regionalliga angesagt - zum Aufstieg fehlt noch ein Punkt - und damit auch wieder eine Perspektive vorhanden, an die Erfolge der Spielzeiten 2002/2003 und 2004/2005 anzuknüpfen. In diesen Jahren absolvierte das um die MPG-Keimzelle mit Tilo Kentzler, Harald Pulina, Daniel Wirausky und Arnim Nölke aufgebaute Team des Telekom Post SV zwei Gastspielzeiten in der 2. Liga.

"Das war natürlich das Highlight meiner Karriere", sagt Arnim Nölke, der sich noch an Partien gegen den späteren Weltklasse-Angreifer Georg Grozer junior oder Beach-Olympiasieger Jonas Reckermann erinnert. Und der damalige Libero des Telekom-Teams legt Wert auf die Feststellung, "dass wir zwar beide Male gleich wieder aus der 2. Liga abgestiegen, aber nie so richtig verhauen worden sind". Will heißen, dass die Bielefelder eine durchaus konkurrenzfähige Truppe ins Rennen schickten. Die hätte sich aber noch besser schlagen können, wenn es nur ein wenig mehr Unterstützung aus der Wirtschaft gegeben hätte.

"Es war wirklich zum Verzweifeln. Wir alle haben ohne Ende Klinken geputzt, ohne dass etwas dabei herausgekommen ist", erzählt Wolfgang Stender, der Vorsitzende des Telekom Post SV. So hatte der Verein vor der zweiten Zweitligasaison gute Leute an der Hand, die nach Bielefeld gekommen wären, wenn man ihnen nur eine passende Arbeitsstelle verschafft hätte. "Selbst das war nicht machbar", sagt Stender.

"Insgesamt war die Struktur des Vereins zu keiner Zeit auf die Erfordernisse der 2. Liga eingestellt", erklärt Arnim Nölke: Der Höhenflug sei ausschließlich das Resultat vieler glücklicher Zufälle, des großen persönlichen Engagements einiger Weniger und der mannschaftlichen Geschlossenheit gewesen - der Verein habe kaum die Fahrtkosten tragen können.

Die Hoffnung, in Zukunft wieder höherklassig Volleyball spielen zu können, gründet sich zum einen auf die entwicklungsfähige junge Mannschaft, die im nächsten Jahr in der Regionalliga aufschlagen wird. Und andererseits auf die Verzahnung des Vereinsvolleyballs mit der NRW-Sportschule, die den Postlern in den nächsten Jahren Talente in ihre Mannschaften spülen soll. "Es gibt keinen anderen Weg", sagt Wolfgang Stender, der noch einmal betont, "dass unserem Verein die wirtschaftliche Basis fehlt, um Spitzensport anbieten zu können".

Die Zweitligaroutiniers juckt das alles nicht mehr. Sie spielen immer noch zusammen Volleyball - ganz gepflegt in der Oberliga.