Kühlungsborn / Herford

Herforder Segler Fabian Kirchhoff erfüllt sich seinen großen Traum

Segeln: Der Herforder wird in der Ostsee vor Kühlungsborn Weltmeister in der Europe-Klasse

Die weltweite Nummer 1: Fabian Kirchhoff bei der Siegerehrung. | © Privat

Markus Voss
14.08.2018 | 14.08.2018, 15:36

Kühlungsborn / Herford. Nein, richtig realisiert hat es Fabian Kirchhoff bis heute noch nicht. "Ich habe mich bei der Siegerehrung wie in einem Traum gefühlt", sagt der Herforder, "ich wusste gar nicht, ob das jetzt wirklich passiert ist oder nicht."

Ja, es ist tatsächlich passiert: Fabian Kirchhoff ist seit vergangenen Samstag Segel-Weltmeister in der Europe-Klasse. In der Ostsee vor Kühlungsborn sicherte sich der 28-Jährige den Titel, an den er jahrelang kaum denken wagte. "Als ich die Nationalhymne gehört habe, hatte ich komplett Gänsehaut", gibt der Segler zu. Und: "Es fällt mir schwer, mich selbst zu beurteilen, aber das ist etwas Historisches."

Rauhe See: Fabian Kirchhoff (r.) liegt bei einem der WM-Läufe quer über dem Wasser. Von seiner Jolle ist wegen der hohen Wellen nur das Segel (l.) zu sehen. Dahinter fährt ein Konkurrent. - © Foto: Privat||
Rauhe See: Fabian Kirchhoff (r.) liegt bei einem der WM-Läufe quer über dem Wasser. Von seiner Jolle ist wegen der hohen Wellen nur das Segel (l.) zu sehen. Dahinter fährt ein Konkurrent. | © Foto: Privat||

Womit der sympathisch-bescheidene Sportler vollkommen recht hat. Denn erst im vergangenen Jahr war er es, der mit seinem dritten Platz bei der Welttitelkämpfen vor der spanischen Costa Brava zum ersten deutschen Segler seit 33 Jahren avancierte, der in der Europe-Klasse (siehe Kasten) als Dritter eine WM-Medaille geholt hat. Und auf die er jetzt mit dem unverhofften Titelgewinn Gold draufsetzte.

Es war die Krönung eines Jahres, in dem Fabian Kirchhoff kaum Zeit zum Trainieren hatte. "Ich stecke in Flensburg mitten im Referendariat als Lehrer", sagt er. Kirchhoff: "Wenn die WM nicht in Deutschland gewesen wäre, wäre ich nicht gestartet." So unterzog er sich trotz der wenigen Stunden auf dem Wasser Mitte Juni bei der Kieler Woche einem freiwilligen Härtetest - und bestand diesen als Zweiter voll und ganz.

"Es lief erstaunlich gut", so der Herforder, "also habe ich die Sommerferien genutzt, um kräftig zu trainieren." Und dann hat vor Kühlungsborn bei der WM plötzlich alles gepasst. Oder wie Kirchhoff es ausdrückt: "Dann hat sich ein Traum erfüllt." Dabei ging es für den 28-Jährigen erst einmal gemächlich los. Unter 80 Booten aus zehn Ländern belegte er am ersten Tag in zwei Läufen die Plätze acht und 50 (wegen eines Regelverstoßes musste er hier zwei Extra-Kringel fahren), was im Gesamtklassement Rang 25 bedeutete.

Am zweiten Tag reichte es als viertbester Tagessegler für die Plätze 13 und elf. Kirchhoff: "Weil dann das schlechteste Ergebnis gestrichen werden konnte, war ich nun in der Gesamtwertung schon Neunter." Doch es sollte noch besser kommen. Der dritte Tag fiel wegen schlechter Bedingungen aus, und am vierten Tag lief es einfach nur perfekt. Bei richtig viel Wind und Wellen erkämpfte sich der Herforder die Plätze eins und drei - und eroberte so die Gesamtführung: "Das war der beste Tag in meiner WM-Geschichte."

Doch noch war nichts entschieden, schließlich sollten ja an den folgenden beiden Tagen noch vier Läufe folgen. Doch dann spielte das Wetter Kirchhoff in die Karten: Am Freitag fielen die Regatten wegen einer Sturmwarnung aus, und am Samstag gab es auch immer wieder Startverschiebungen. "Weil ich in Führung lag, habe ich mir zum ersten Mal überhaupt gewünscht, dass keine Läufe mehr stattfinden können", grinst Fabian Kirchhoff. Der musste dann fiese drei Stunden darauf warten ("Die längsten drei Stunden meines Lebens"), dass sich dieser Wunsch erfüllt.

Und dann war es soweit - und der große Traum des Fabian Kirchhoff wurde wahr.

Information

Bootsklasse Europe

  • Die Europe ist eine Einhand-Jolle.
  • Mit einem Rumpfgewicht von 45 kg ist sie besonders leicht.
  • Die Segelfläche (7 qm) bringt die Jolle bereits bei mittleren Winden zum Gleiten, so dass Böen direkt für höheres Tempo sorgen.
  • Die Europe wird von Frauen und Männern (ab etwa 12 Jahren) in Regatten gesegelt. Allein in Deutschland gibt es davon gut 60.
  • Die Europe-Klasse ist nichtolympisch. Nur von 1994 bis 2004 war sie für Frauen im olympischen Programm.    
   Quelle: Wikipedia