Herford

Box-Weltmeister ist in der Justizvollzugsanstalt Herford zu Gast

Christian Pawlak erteilt Sportstunden

Intensiv: Die Arbeit an den TRX-Bändern ist schweißtreibend. Boxweltmeister Christian Pawlak hat ein strammes Fitnesstraining für die Häftlinge zusammengestellt. | © Heike von Schulz

07.08.2018 | 07.08.2018, 17:30

Herford. "Weitermachen, keine Pause." Christian Pawlaks Ansage ist deutlich. Die Jungs strengen sich an. Draußen brütet die Hitze. In der Turnhalle der Justizvollzugsanstalt Herford fließt der Schweiß. Die hellgrünen Anstaltsporthemden färben sich dunkel. Keiner möchte vor dem amtierenden WBU-Weltmeister im Supermittelgewicht aus Espelkamp als Looser da stehen. Für diesen Nachmittag hat Pawlak ein Ganzkörpertraining an sogenannten TRX-Bändern vorgesehen. Kraft, Koordination, Gleichgewicht und Stabilität werden mit hoher Intensität trainiert. Darauf haben sich die zwölf Jugendlichen im Alter von 17 bis 22 die ganze Woche gefreut. Denn sie haben sich die Teilnahme an der Sportstunde mit dem prominenten Profiboxer durch gutes Benehmen und dem Befolgen der Anstaltsregeln verdient.

»Sport ist soziales Training und wichtig für die Wiedereingliederung«

Friedrich Waldmann, Leiter der Justizvollzugsanstalt, freut sich über das Angebot von Pawlak, ehrenamtlich mit Häftlingen zu trainieren: "Unsere Jungs brauchen Vorbilder, die etwas geleistet und erreicht haben. Christian Pawlak ist so ein Vorbild und er hat einen Promi-Status. Da strengen sich die Jungs richtig an." Boxen als Sportart habe zwar etwas martialisches, doch gerade das komme bei den Jugendlichen gut an. Bei diesem Training gibt es allerdings keinen Körperkontakt. Pawlak hat ein strammes Fitnessprogramm zusammengestellt, bei dem es nur darum geht, den eigenen Körper besser kennenzulernen, Kraft und Wut durch Sport zu kontrollieren. Kampftechniken werden nicht vermittelt.

"Sport ist soziales Training und wichtig für die Wiedereingliederung. Es ist Lernen durch Tun und sinnvolle Freizeitgestaltung für die Gefangenen. Das Angebot von Christian Pawlak passt sehr gut in unsere Konzeption", erläutert Waldmeier, der seit 2005 die JVA leitet.

Der 21-jährige Alexander findet die Sportstunde mit dem Boxweltmeister sehr gut. Er muss zwei Jahre wegen Körperverletzung und Raub absitzen und ist fest entschlossen, sein Leben in Griff zu bekommen: "Meine Mutter ist zu Hause und weint, nur weil ich meine Wut nicht unter Kontrolle hatte." Der 20-jährige Fabian hat noch 42 Tage von seiner zweijährigen Haftstrafe wegen Einbruch und Diebstahls abzusitzen. Auch für ihn ist das Training mit Pawlak ein Höhepunkt im Anstaltsalltag.

»Wir beurteilen die Menschen nicht nach ihrer Straftat«

Der Gefangenensport beginnt 7 Uhr morgens mit dem Reinigen der Sporträume. Markus Goertz (44) ist seit 20 Jahren Justizvollzugsbeamter und seit zehn Jahren Sportübungsleiter. Er und Christoph Real (34) betreuen die Gruppe mit Pawlak. "Wir beurteilen die Menschen nicht nach ihrer Straftat. Hier drinnen interessiert uns nicht, ob wir es mit Mördern, Dieben oder Sexualstraftätern zu tun haben. Wer sich vernünftig benimmt, dem treten wir vernünftig gegenüber. Für die Teilnahme am Training mit Christian Pawlak müssen sich die Jungs bewerben. Es gehört zu unserem Belohnungssystem", erklärt Goertz. Die meisten kommen aus der Therapievorbereitungsabteilung für süchtige- und suchtgefährdete Jugendliche und Heranwachsende, über die die JVA Herford als eigenständigen Teilbereich seit 2003 verfügt, aber auch aus anderen Abteilungen.

Nach der ersten Trainingseinheit ist Christian Pawlak überrascht, mit wie viel Respekt die jungen Gefangenen ihm begegnen. Er möchte ihnen etwas von seinem Kampfgeist und seiner Disziplin vermitteln. "Bekannte Boxer wie Graciano Rocchigiani und Jürgen Brähmer haben hinter Gittern gesessen. Manchmal geht es schnell, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten", sagt Pawlak. "Ich möchte den Jungs zeigen, dass es sich lohnt, immer wieder aufzustehen und sich anzustrengen."