
Diez/Herford. Als alles vorbei ist, als die 47 Spiele und mehr als 100 Eis-Trainingseinheiten, als überhaupt die knallharte, inklusive Vorbereitung acht Monate andauernde Saison vergessen ist, als nur noch der hundertfach geküsste goldene Meisterpokal und die Medaillen, aber noch viel mehr dieses einmalige Gefühl eines großartigen Triumphes zählt - in diesem Augenblick wird auch der raueste Eishockeyspieler aus den Weiten Kanadas sentimental. "I have no words", sagte Killian Hutt nur, "it?s unbelievable."
Nicht nur dem Stürmer aus Edmonton, der sich im Herford gemeinsam mit seiner deutschen Freundin so wohl fühlt, "fehlten die Worte". Nicht nur er fand das, was sich am späten Abend des Gründonnerstags in der Diezer Eishalle abspielte, bevor um exakt 22.58 Uhr endlich der Schlusspfiff ertönte, "unglaublich". "Wir haben total gezittert", berichtet der HEV-Vorsitzende Uwe Johann von seinen Gefühlen auf der Tribüne, "die letzten Spielminuten waren kaum auszuhalten. Es war einfach nur fürchterlich." So wie ihm muss es allen, die es mit dem HEV halten, ergangen sein - vor Ort und daheim. Der Live-Ticker war längst wegen Überlastung zusammengebrochen, auf dem Eis gab es unendliche Diskussionen (und zwei Zehn-Minuten-Strafen) und dann musste auch noch der Eismeister kommen und ein Loch im Eis auffüllen. Ewig zog sich die Zeit hin - doch dann war es endlich so weit. Der größte Erfolg in der Historie des Herforder EV war perfekt.
"Wir haben zwar schon zwei Jahre Oberliga gespielt, aber das toppt alles. Das ist sportlich eindeutig der größte Tag in unserer Vereinsgeschichte und eine schöne Bestätigung unserer Arbeit", sagt Uwe Johann und erinnert an die jüngsten neun Playoff-Spiele: "Dass wir dort mit 9:0-Siegen durchgegangen sind, ist eine unfassbare Leistung. Das ist eine echte Ansage, bei der sich die Eishockey-Welt die Augen reibt." Eine Welt, in der der Name Herford einen guten Klang hat.

"In diesem letzten Spiel hat sich wieder einmal gezeigt, dass große Spieler große Spiele entscheiden", sagt HEV-Sprecher Lars Husemann und meint damit Leistungsträger wie Kapitän Fabian Staudt oder Ben Skinner, Gleb Berezovskij und wie sie alle heißen. Und eben Killian Hutt. Der ist zwar nur 1,73 Meter groß, aber bereits im dritten Jahr beim HEV eine herausragende Figur. "Killian ist immer vorangegangen. Er hat schon in der Vorsaison alles versucht, die Meisterschaft zu holen", sagt Uwe Johann. Jeder konnte dem Rotschopf mit dem Playoff-Vollbart ansehen, wie viel ihm dieser Titel bedeutet. Johann: "Das war schön zu beobachten." Und dann sind da noch die vielen jungen Spieler, die völlig ungläubig vor dem Pokal standen. "Jeff Job hat jeden von ihn besser gemacht", sagt Johann, "sie alle wussten nicht, was sie sagen sollten. Sie haben sich selbst gewundert, dass sie zu so einer Leistung fähig sind."

Und Cheftrainer Jeff Job, der den HEV in seinem zweiten Jahr zum Titel führte? Der wehrte bescheiden alle Glückwünsche ab. "Die gebühren dem Team", sagt er, "die Jungs haben sich die Meisterschaft verdient. Sie haben alles dafür getan. Wir haben eine echte Mannschaft ohne Superstars auf dem Eis. Das ist das Erfolgsgeheimnis."
INFORMATION
Es bleibt dabei: Kein HEV-Aufstieg
- Mannschaft, Trainer, Vorstand, Fans: Wohl jedem dürfte nach dem großen Triumph wenigstens für Sekunden das Wort Aufstieg durch den Hinterkopf geschwirrt sein. Doch es bleibt dabei: Der HEV spielt auch in der neuen Saison in der Regionalliga (4. Liga).
- „Sportlich würde uns das sicherlich reizen", sagt der Vorsitzende Uwe Johann, „aber wir sind realistisch. Die Oberliga ist aktuell nicht zu stemmen."
- Da sind zum einen die Spieler, die fast alle durch die Bank einem Beruf oder Studium nachgehen und darum nicht die Zeit für die 3. Liga aufbringen können. Johann: „Dort hast du weit mehr als 60 Spiele." Und es gibt Auswärtsfahrten nach Rostock oder Leipzig. „Da sitzt du acht Stunden im Bus", sagt Coach Jeff Job.
- Der zweite Punkt ist die Herforder Eishalle. „Ohne Sitzplätze, VIP-Bereich, Vermarktungsmöglichkeiten und einer größeren Kapazität können wir nicht 3. Liga spielen", so Johann, „das haben wir von 2010 bis 2012 sehr deutlich gemerkt." Damals spielte der HEV schon ein-mal in der Oberliga.