Bielefeld. Im Moment führt Stefan Conrad, der langjährige Frontmann der Bielefeld Bulldogs, ein Leben auf der Überholspur. Was zweimal wöchentlich sogar wörtlich zu nehmen ist, denn es ist nicht anzunehmen, dass sich Conrad bei den Fahrten mit Kai Stockfisch zum Training der Marburg Mercenaries hinter den Lastwagenkolonnen auf der Autobahn einreiht.
„Fahrtechnisch läuft alles hervorragend“, sagt der 37-Jährige, „wir haben den Stress der Anreise nach Marburg eher über- als unterschätzt.“ Nächtens sei die Bahn eigentlich immer frei, so dass das Duo den vom Verein zur Verfügung gestellten Dienstwagen gefahrlos ordentlich prügeln könne und in der Regel kurz nach Mitternacht zu Hause in Bielefeld eintreffe, berichtet Conrad. Die Rahmenbedingungen sind also kein Problem, und auch sportlich hat die Ex-Bulldogge statt des Rückwärtsgangs in die Regionalliga den sechsten Gang in die GFL 1 eingelegt. „Die Trainingsintensität ist sicher höher als in meiner jüngeren Vergangenheit bei den Bulldogs, aber das war in der ersten Liga und mit Dale Heffron als Headcoach nicht anders zu erwarten“, so Conrad.
»Ich will auf meine alten Tage noch mal nach Berlin«
Heffron, der frühere Heilsbringer der Bulldogs, der die heimischen Footballer 2012 beinahe in die GFL 1 geführt hätte, hat in Marburg sein Netzwerk aktiviert und eine Menge echter Cracks ins Hessische geholt. So gerät Conrad bei der Aufzählung der US-Importe, mit denen er bei den Mercenaries zusammenspielt, beinahe ins Schwärmen: Von Wide Receiver „Firebird“ Johnson über Quarterback Emanuel Lewis bis hin zu den Linebackern Travis Taylor und Neil Howey – Letzterer spielte im vergangenen Sommer drei Monate für die Bulldogs – sei die Qualität der „Amis“ vom Feinsten. Da zudem demnächst noch einige Asse hinzukommen, die die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und somit nicht unter das begrenzte US-Kontingent fallen, scheint in Marburg in dieser Saison Einiges zu gehen.So gibt der Klub auf seiner Homepage kühn Platz eins in der Süd-Staffel der GFL 1 als Saisonziel an. Stefan Conrad geht sogar noch weiter und lässt verlauten, dass er „auf meine alten Tage noch mal nach Berlin will – und das nicht als Zuschauer!“ Was schlicht und ergreifend bedeutet, dass er mit einer Endspielteilnahme liebäugelt: „Damit würde ich mir einen großen Traum erfüllen, denn mehr kann ich im Football wirklich nicht erreichen.“
"Wenn Kay nicht Stammspieler wird, weiß ich es nicht."
Der Ex-Bielefelder, auf der Rußheide immer einer der Leader, darf auch in Marburg seine reichlich vorhandenen Führungsqualitäten einbringen. „Defense-Koordinator Sam Weiss hat mich zum Teamcaptain der D-Line ernannt“, freut sich Conrad über einen „riesigen Vertrauensbeweis“. Inwiefern ihm dieses Amt auch einen Platz in der Anfangsformation sichert, vermag er allerdings nicht zu sagen. Dafür hält er große Stücke auf seinen alten Buddy Kai Stockfisch: „Wenn der nicht Stammspieler wird, dann weiß ich es nicht.“Ein Datum haben sich die früheren Bulldogs-Cracks, zu denen übrigens seit kurzem auch Olli Nsingui gehört, natürlich ganz dick und rot im Kalender angestrichen: Am 1. April gastieren sie um 17 Uhr mit den Mercenaries bei ihrem Ex-Klub auf der Rußheide. „Dieses Testspiel ist lange vor unserem Wechsel nach Marburg angebahnt worden, aber wir finden es natürlich alle toll, dass es zu diesem Aufeinandertreffen kommt“, sagt Conrad, der nach wie vor gute Kontakte zu seinem Leib- und Magenverein pflegt und auch regelmäßig zum Krafttraining in Pascal Bröhls Fitness-Studio aufschlägt. Für die vier Quarters am 1. April wird er aber keine Verwandten kennen. So viel ist schon mal sicher – auch wenn das Ganze nur ein freundschaftlicher Vergleich ist.