Es begann in Hövelriege

FUSSBALL: Heinrich Schmidtgals Weg vom kleinen Steppke zum Nationalspieler

10.04.2013 | 10.04.2013, 00:00
Beim WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Kasachstan (4:1) war Heinrich Schmidtgal (l.), der sich hier gegen Marco Reus durchsetzt, der stärkste Feldspieler der Gäste. - © FOTO: AFP
Beim WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Kasachstan (4:1) war Heinrich Schmidtgal (l.), der sich hier gegen Marco Reus durchsetzt, der stärkste Feldspieler der Gäste. | © FOTO: AFP

Hövelhof-Hövelriege. Aufgewachsen ist er in Stukenbrock- Senne. Das "Fußball-Ein-mal-eins" hat er beim FC Hövelriege gelernt - von einer Frau. Dass dies eine ausgesprochen erfolgsversprechende Formel sein kann, hat Heinrich Schmidtgal gerade in den vergangenen Wochen hinlänglich bewiesen. So schoss der Erstliga-Profi der SpVgg Greuther Fürth unlängst sein erstes Länderspieltor für Kasachstan. Beim 4:1-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft in Nürnberg gelang Schmidtgal der Ehrentreffer für die Gäste.

Information

Die Stationen

Geboren am 20. November
1985 in Issyk in Kasachstan.

Mit zwei Jahren siedelt er mit seiner Familie nach Stukenbrock-Senne um.

Mit acht Jahren fängt er das
Fußballspielen beim FC Hövelriege an und wechselt in der C-Jugend zum SCVerl.

Nach dem Abitur 2005 in Sennestadt studiert er zunächst Sport und Maschinentechnik in Paderborn.

2007 geht Schmidtgal zum VfL Bochum II, 2009 zu RW Oberhausen und 2011 zur SpVgg Greuther Fürth.

"Ausgerechnet gegen Deutschland", erklärte der 27-Jährige anschließend. "Natürlich habe ich mich für Heinrich gefreut", sagt Gabi Pollak. Sie hatte den kleinen Schmidtgal beim FC Hövelriege trainiert. Erstmals 1994, in der E-Jugend. Heinrich war acht Jahre alt und in Sachen Fußball ein "Spätzünder" (Schmidtgal über Schmidtgal). "Sein Talent war aber sofort zu erkennen. Er war ungeheuer schnell und hat sehr viele Tore geschossen", berichtet seine ehemalige Trainerin.

Dass er aber einmal Bundesliga-Profi und kasachischer Nationalspieler wird - nein, damit hat in Hövelriege niemand gerechnet. "Schließlich gehört dazu auch immer eine gehörige Portion Glück", sagt Gabi Pollak und fügt an: "Aber er war immer sehr konzentriert bei der Sache. Und wenn ich ihn zum Training abgeholt habe, hatte er beim Warten schon immer einen Ball am Fuß."

Gabi Pollak (l.) überreicht hier ihrem ehemaligen Spieler Heinrich Schmidtgal, zu diesem Zeitpunkt noch in Diensten von RW Oberhausen, ein Trikot des FC Hövelriege. Beim FCH hatte die Karriere des Deutsch-Kasachen vor 19 Jahren begonnen. - © FOTO: PRIVAT
Gabi Pollak (l.) überreicht hier ihrem ehemaligen Spieler Heinrich Schmidtgal, zu diesem Zeitpunkt noch in Diensten von RW Oberhausen, ein Trikot des FC Hövelriege. Beim FCH hatte die Karriere des Deutsch-Kasachen vor 19 Jahren begonnen. | © FOTO: PRIVAT

Nach der D-Jugend wechselte Schmidtgal zum SC Verl. "Dort wurde er weiter gefördert. Das war damals genau die richtige Entscheidung", so Gabi Pollak. Bei den Verler C-Junioren traf Schmidtgal auf Marcel Rogalla, der heute als Torwart beim Bezirksligisten VfB Schloß Holte spielt. Auch er hat sich übers Schmidtgal-Tor gefreut. "Wenn ich jemanden einen Treffer gegen Deutschland gönne, dann Heinrich. Er war damals mit Abstand unser bester Spieler mit einem unglaublich starken linken Fuß", erinnert sich Rogalla.

Bereits in seinem letzten A-Jugend-Jahr schaffte Heinrich Schmidtgal den Sprung in die Oberliga-Elf des SC Verl. "Trotzdem ist er immer auf den Boden geblieben", so Rogalla. Schmidtgals steile Karriere war aber trotz des vorzeitigen Sprungs in die damalige 4. Liga immer noch nicht absehbar. Denn sie verlief nicht geradlinig. Nach der Oberliga-Meisterschaft 2007 und dem Aufstieg in die Regionalliga wechselte er zum VfL Bochum II. "In der Meistersaison war Heinrich ein Leistungsträger. Wir haben uns gewundert, warum er nach Bochum ging, wo er weiter in der Oberliga spielte", sagt Verls Stadionsprecher Mario Lüke. "Und als er nach zwei Jahren kein einziges Profispiel bestritten hatte, dachte ich, dass er sich vielleicht verpokert hatte", ergänzt Lüke.

Doch das hatte er nicht. Der Deutsch-Kasache wechselte zu RW Oberhausen in die 2. Liga und schaffte dort den Durchbruch. Vorläufiger Höhepunkt seiner Karriere waren nun die starken Auftritte in den WM-Qualifikationsspielen gegen Deutschland, die vom ersten Länderspieltor gekrönt wurden.

Klar, dass fast die ganze Familie, die immer noch in Liemke an der Helleforthstraße wohnt, im Stadion in Nürnberg war. "Drei meiner Brüder waren da, dazu etliche Cousins und Cousinen", sagt Dimitri Schmidtgal und fügt lachend an: "Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie viele Karten wir hatten." Der zweitälteste der fünf Schmidtgal-Brüder konnte selbst nicht dabei sein: "Ich musste leider arbeiten." Der 34-Jährige hat sich aber riesig über das Tor seines Bruders Heinrich gefreut - auch wenn es gegen Deutschland fiel: "Blut ist eben dicker als Wasser", sagt Dimitri Schmidtgal. Ganz besonders stolz ist Vater Eduard, ein ehemaliger Ringer. "Er hat Heinrich immer gepusht", sagt Dimitri, "und nach dem Spiel gegen Deutschland musste Heinrich total viele Interviews geben. Vor allem viele Aussiedler sind stolz auf ihn." Und nicht zuletzt auch Gabi Pollak vom FC Hövelriege.