Herford. "Wir hatten ein echt gutes Mittelfeld und waren richtig stark", sagt Rolf Muchow, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Herford, und meint damit Rolf Siekmann, Herbert Bittner, Wolfgang Flüshöh und sich selbst. "Ich war eine echte Nummer 10", ergänzt Muchow. Unter Trainer Dieter Garbers war der SC Herford 1976 in die damalige 2. Fußball-Bundesliga Nord aufgestiegen und der Verein durchlebte seine beste Zeit.
In höchsten Tönen lobt Rolf Muchow seinen früheren Coach. "Er vertrat schon damals eine ähnliche Philosophie wie heute Pep Guardiola", schwärmt der Arzt über den 1999 verstorbenen Trainer und ehemaligen Leiter einer Hauptschule in Porta Westfalica, wo es sogar eine Direktor-Garbers-Straße gibt. "Dieter Garbers blieb im Schuldienst, und wir bekamen mit Otmar Calder einen neuen Trainer für unsere erste Profi-Saison. Er hatte in meinen Augen leider nicht die Qualität wie ich sie mir gewünscht hatte", erinnert sich Muchow.
"Bei Calders Vorgängern, Martin Scheiding und Dieter Garbers, war Rolf Stammspieler im Mittelfeld. Calder setzte andere Prioritäten und Muchow kam in der 2. Bundesliga kaum noch zum Zuge", zeigt Karl-Heinz Menzel vom heutigen Vorstand des SC Herford Verständnis für Muchows Enttäuschung zu jener Zeit. Menzel nennt Garbers die große Vaterfigur für die Spieler beim SC Herford in den Aufstiegsjahren. Der neue Trainer "gönnte" dem angehenden Mediziner gerade noch ein Spiel gegen Union Solingen am 28. August 1976, bei dem er in der 66. Minute eingewechselt wurde. "Otmar Calder, mit dem ich heute nach fast 40 Jahren natürlich im Reinen bin, hat mir meine Entscheidung leichter gemacht, meine medizinische Laufbahn mehr zu verfolgen als meine Karriere als Fußballprofi ", erklärt Muchow, warum er seinen Zweijahresvertag beim SC Herford schon nach zehn Monaten auflöste und sich reamateurisieren ließ. "Seine Eltern baten mich einmal, weil ich etwas älter bin, etwas Einfluss auf ihn zu nehmen, damit er sein Medizinstudium forciert", weiß sein alter Freund und Mitspieler Rolf Siekmann. "Rolf war Vollblutfußballer, ich hatte gar keinen Einfluss auf ihn", schiebt Siekmann lachend nach.
Beim SV Oetinghausen, der unter dem damaligen Mäzen Hans-Dieter Wellmann in den 70er-Jahren zu den aufstrebenden Vereinen im Kreis gehörte, beendete Muchow 1981 seine Fußballer-Laufbahn, die beim SuS Herford, einem Vorgängerverein des SC Herford, begonnen hatte. Eine Fortsetzung bei den Alten Herren konnte sich Rolf Muchow nicht vorstellen. "Die sind mir zu wild und zu verbissen", feixt der Kinderarzt.
Noch lieber als von seiner Profilaufbahn erzählt Muchow von den Jahren vor dem Aufstieg in die 2. Bundesliga. "Wir spielten in der Verbandsliga, die damals die höchste deutsche Amateur-Klasse war. Gegen Porta Neesen oder Stift Quernheim waren über 10.000 Zuschauer im Jahn-Stadion", berichtet er von glänzenden Zeiten beim SC Herford. Parallel studierte der junge Kicker in Hannover Medizin. Hannover 96 mit seinem fast legendärem Trainer "Fiffi" Kronsbein gab ihm unter der Woche die Möglichkeit zum Mittrainieren. "Co-Trainer in Hannover war Hannes Baldauf, der später in Herford Trainer wurde", erinnert sich der heute 63-Jährige, der seine Dissertation über ein Kind mit einem Herzfehler verfasste. Seit dem Staatsexamen 1979 ist Rolf Muchow am Klinikum Herford beschäftigt und wurde am 1. Juli 2002 dort Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik, wo er zuvor Oberarzt war. "Ich muss mich oftmals zusammenreißen, wenn die Kinder in der Klink mit den schwarz-gelben BVB-Schals am Bett für ihre Dortmunder schwärmen", räumt der Bayern-Sympathisant schmunzelnd ein, den mit Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge eine lose Freundschaft verbindet.
Als Tennisspieler machte Rolf Muchow ebenfalls ein gute Figur und gehörte in den 70er- und 80er-Jahren beim Tennisclub Herford zu den Top-Spielern. Im März dieses Jahres wurde er für seine 50-jährige Mitgliedschaft beim TCH geehrt. Gelegentlich ist Muchow Gast einer Saunarunde, bei der sich ehemalige Fußballer der Region schon seit 1990 treffen. "Natürlich wird dann der aktuelle Fußball diskutiert, aber auch in der Vergangenheit geschwelgt", so Ulrich Mehrmann aus diesem Kreis, den Muchow in den 70er-Jahren manchmal mit zum Training nahm. "Aus dem Auto dröhnte immer die Musik von Eros Ramazotti. Er war auch bei einigen Konzerten", zeigt Mehrmann eine ganz andere Seite des bekannten Mediziners auf, der sich wohl richtigerweise vor über 35 Jahren für den weißen Kittel statt des Fußballtrikots entschied.