Löhne. "Ehrwürdige Mutter, ist dein Mann zu Hause?" So meldete sich Walter Eschweiler bei Christl Teichert am Telefon, wenn der ehemalige deutsche Top-Schiedsrichter seinen früheren Linienrichter Heinz Teichert zu sprechen wünschte. Der Löhner Heinz Teichert gehörte in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu den besten und erfolgreichsten Schiedsrichtern in Deutschland.
Er stand oft gemeinsam mit Walter Eschweiler im Gespann, der bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Spanien 1982 beim Gruppenspiel Italien gegen Peru mit dem Peruaner José Velásquez zusammen rasselte und seine berühmte "Eschweilerrolle" schlug. Noch heute werden diese Bilder im Zusammenhang mit der Karriere Eschweilers gern gezeigt - der Zusammenstoß kostete ihn allerdings einen Zahn.
"Wir hatten eine tolle Zeit miteinander und der Kontakt zu Walter Eschweiler besteht nach wie vor, bei der Szene bei der WM 82 war ich aber leider nicht dabei", erzählt Heinz Teichert mit funkelnden Augen. Schon 1957 war der Löhner im Alter von 18 Jahren Schiedsrichter geworden. Sein Weg ging steil nach oben. So fand er sich früh als Linienrichter beim Spiel der Oberliga West zwischen Preußen Münster und Schalke 04 wieder. Die Oberliga West entsprach dem Gebiet von Nordrhein-Westfalen und war in jener Zeit eine von fünf Staffeln, die die höchsten Spielkassen in Deutschland bildeten.
Die hoffungsvolle Schiedsrichterlaufbahn wurde jedoch 1963 erst einmal beendet. "Ich musste wegen meines Studiums mit der Pfeiferei aufhören", erinnert sich Heinz Teichert. Drei Jahre später begann er erneut als Referee und musste wieder als Anwärter ganz unten anfangen. "Der damalige Verbands- und Kreisschiedsrichterlehrwart Erich Kornmannshaus, der schon lange verstorben ist, sollte zu meinen großen Förderer werden", berichtet Teichert.
Obwohl er selbst nie Fußball spielte, führte ihn sein Weg in die höchsten Bereiche des Fußballs. "Let?s go", rief ihm Kevin Keegan nach dem letzten Bundesligaspiel gegen Bayern München in der Saison 1978/79 zu, als der Hamburger SV seine Meisterschaft im Volksparkstadion mit den Fans feiern wollte und es zu schrecklichen Ausschreitungen mit 71 zum Teil schwer Verletzten kam. "Da hatte meine Familie Angst um meine Gesundheit, und mein Schwiegervater erkundigte sich beim NDR nach meinem Befinden", kennt Heinz Teichert auch die dunklen Seiten des Fußballs.
Die Begegnungen mit den Persönlichkeiten im Fußball sind Heinz Teichert nachhaltig in Erinnerung geblieben. Hierzu gehören auch der heutige UEFA-Präsident Michel Platini in Frankreich, "Kaiser" Franz Beckenbauer, aber auch Willi "Ente" Lippens. "Dem konnte man nicht böse sein", so Teichert über das Original von Rot-Weiß Essen.
"Heinz Teichert hat etwas von der Welt durch seine Schiedsrichtertätigkeit gesehen und der Fußballkreis konnte von seiner Erfahrung viel profitieren", spielt Kreisvorsitzender Günter Temme auf die spätere Arbeit des Löhners als Kreis-Jugendspruchkammermitglied oder als Lehrwart an.
"Mit Walter Eschweiler als Schiri und mir als Linienrichter leiteten wir ein ägyptisches Pokalfinale, mitten in der Wüste, vor 110.000 Zuschauern. Hier kamen uns Walters Kontakte zum Auswärtigen Amt wegen der Sicherheit schon entgegen", erzählt Teichert von einem Spiel, das ihm wie ein Märchen aus 1.001 Nacht in Gedächtnis geblieben ist. Aber auch Europapokalspiele wie das von Dynamo Tiflis gegen West Ham United oder Spielleitungen in Marseille oder Saint Étienne standen auf dem Programm des heute 74-jährigen Mitglieds im SV Löhne-Obernbeck.
Neun lange Jahre stand Teicherts Name auf der DFB-Liste. Er war für den DFB, die UEFA und FIFA in der Fußballwelt unterwegs. "1983 war damit Schluss, mein damaliger Chef, Hans-Dieter Wellmann, selbst ein Fußballverrückter, mahnte meine Anwesenheit für seine Firma immer mehr an", so der Diplom-Ingenieur.
Kritisch verfolgt Teichert die aktuelle Entwicklung der Schiedsrichter im Fußball. Torlinientechnik und den Funkkontakt zwischen Schiedsrichter und den Assistenten hält er für überflüssig. "Mit Blickkontakten und Handzeichen haben wir uns bestens verstanden", äußert Heinz Teichert seine Überzeugung. Mit zahlreichen Auszeichnungen würdigten der DFB und seine Verbände die Verdienste des wohl erfolgreichsten Schiedsrichters des Kreises Herford.
Beim Förderverein des Seniorenzentrums St. Laurentius in Gohfeld bringt sich Heinz Teichert ehrenamtlich und sozial als Vorstandsmitglied ein, und er darf auch sicherlich hier von seinen großen Spielen oft berichten.