
Zur Überraschung vieler ist der Spanier Rodri mit dem Ballon d’Or als bester Fußballer der Welt ausgezeichnet worden. Als Favorit auf den renommierten Preis der Fußball-Zeitschrift „France Football" galt eigentlich der Brasilianer Vinicius Junior von Real Madrid. In der Branche löste das Abstimmungsergebnis nicht zum ersten Mal heftige Diskussionen aus.
Welche Probleme gab es beim diesjährigen Ballon d’Or? Welche Probleme gibt es generell? Und wie könnte man den Ballon d’Or fairer gestalten?
Vini Jr. oder Rodri?
Für viele ist klar: Vini Jr. wurde in diesem Jahr seines Ballon d’Or beraubt. In 39 Pflichtspielen schoss er 24 Tore und bereitete 11 Tore vor – eine ausgezeichnete Statistik. Mit Real gewann er nicht nur den spanischen Meistertitel, sondern auch erneut die Champions League. Für sein provokantes Verhalten auf dem Spielfeld stand er dabei jedoch auch häufiger in der Kritik. Er hat als Offensivspieler genauso viele gelbe Karten wie Rodri gesammelt. Auch wenn es kein direktes Kriterium für den Ballon d’Or ist: Ein Titelträger dieser prestigeträchtigen Trophäe hat eine Vorbildfunktion. Das könnte bei den Journalisten, die abgestimmt haben, sicherlich eine Rolle gespielt haben.
Rodri hat mit Spanien die Europameisterschaft und mit Manchester City die Premier League gewonnen. Seine Präsenz war hierbei in allen Spielen enorm. In 50 Pflichtspielen traf er 9 Mal und legte 14 Treffer auf. Das ist für einen Spieler im zentralen Mittelfeld ebenfalls sehr erwähnenswert.
Beide Spieler hätten den Ballon d’Or verdient, dass Rodri ihn knapp gewonnen hat, geht in Ordnung, genauso wie es andersherum auch in Ordnung gewesen wäre.
Ein ganzes Team boykottiert
Doch nachdem intern bei den "Galaktischen” (Real Madrid) klar geworden ist, dass Vinicius Junior trotz seiner individuellen Leistungen und seiner Erfolge im Verein nicht den Ballon d’Or erhalten wird, trat das gesamte Aufgebot die Reise nach Paris nicht an. Diese Entscheidung ist besonders umstritten, da Carlo Ancelotti als bester Trainer und Real Madrid als beste Mannschaft des Jahres ausgezeichnet wurden.
Im vergangenen Jahr war in einem ähnlich knappen Duell Erling Haaland Lionel Messi unterlegen. Manchester City hatte den Titel als "Mannschaft des Jahres” gewonnen und war trotz Haalands Niederlage anwesend. Aus Sicht der Organisatoren bleibt zu hoffen, dass in Zukunft das Verhalten von Real Madrid keine Nachfolger findet, da das einer Preisverleihung sehr großen Schaden hinzufügt.
Einzelleistungen im Fokus
Ein weiteres Problem beim Ballon d’Or sind die Kriterien. Offensivspieler haben einen klaren Vorteil, da die beiden zusammenhängenden Statistiken Tore und Vorlagen für jeden Laien einfach erkennbar sind. Ein defensiverer Spieler fällt für die breite Masse eben eher durch Fehler auf. Gutes Stellungsspiel, gewonnene Zweikämpfe oder Laufleistung sind schwieriger zu messende Werte, aber eben auch sehr wichtige.
„Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr gewinnt Meisterschaften" – oft steckt in diesem Spruch viel Wahrheit. Und genau aus diesem Grund müssen auch die Einzelleistungen von Nicht-Offensivspielern mehr Berücksichtigung finden.
Reform über Positionstrophäen?
„France Football" könnte diesen Vorteil für offensive Spieler beseitigen, indem sie auch Trophäen an Defensivspieler vergeben. Der Tod von Franz Beckenbauer, einem der größten Defensivspieler aller Zeiten, wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, das Portfolio des Ballon d’Or um eine "Beckenbauer-Trophäe” zu erweitern. Der "Kaiser" wurde an diesem Abend für sein Lebenswerk geehrt.
Damit wäre ein Virgil van Djik in einem knappen Rennen gegen einen Lionel Messi auch 2019 nicht leer ausgegangen. Weitere Positionstrophäen für den besten Außenverteidiger, Mittelfeldspieler, Außenspieler könnte es ebenfalls geben. So hätten nahezu alle Spieler, die dieses Mal in der engeren Auswahl waren, einen Titel gewinnen können (Carvajal, Vini Jr. und Rodri beispielsweise). Dazu sollten dann die bereits vergebene Jaschin-Trophäe für den besten Torwart und die Gerd-Müller-Trophäe für den erfolgreichsten Torjäger bleiben.