Selten wurde eine Kader-Nominierung der Fußball-Nationalmannschaft vor zwei bedeutungslosen Testspielen mit so viel Spannung erwartet. Würde Julian Nagelsmann weniger als ein Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen Land noch einmal alles umkrempeln?
Die erste Antwort lautet: nein. Nagelsmann setzt mit der Berufung mehrerer Neulinge und einiger Rückkehrer zwar deutliche Akzente. Der Kern des Kaders aber bleibt bestehen – mit Spielern wie Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan, Jamal Musiala und auch Mittelstürmer Niclas Füllkrug als eine mögliche Achse. Sie zählten auch in den vergangenen Monaten zu den Nationalspielern mit den größten Einsatzzeiten.
Nagelsmanns Auswahl dürfte darüber hinaus aber auch in verschiedenen Richtungen auf Zustimmung stoßen. Mit der Rückkehr des formstarken Mats Hummels und dem Festhalten an Thomas Müller sind erfahrene Führungsspieler dabei, die sich Traditionalisten im Kader wünschen. Dazu kommt mit Leverkusens kompromisslosem Mittelfeld-Abräumer Robert Andrich ein charakterstarker, mitunter auch streitbarer Typ. Und in Stürmer Kevin Behrens von Union Berlin ist auch ein klassischer Mittelstürmer erstmals dabei, dessen herausragende Qualität das Kopfballspiel ist. Es sind Nominierungen, die auch am Stammtisch gut ankommen, wo zuletzt das Fehlen vermeintlich "deutscher Tugenden" beklagt wurde.
Zugleich sind sie durch gute Leistungen gedeckt. Nagelsmann machte deutlich, dass die Performance der Spieler in ihren Vereinen für ihn das wichtigste Kriterium ist. Er untermauerte das auch mit der Nominierung von England-Legionär Pascal Groß und des Stuttgarters Chris Führich, die zwar noch keinen großen Namen haben, auf ihren Positionen aber zweifellos zu den besten deutschen Spielern der vergangenen Monate zählen.
Es ist eine Mischung, die eine dringend benötigte Euphorie entfachen könnte. Fehlt nur noch eins: der Erfolg.