Fußball-Europameisterschaft

Was die deutsche Nationalelf gegen Portugal besser machen will

Warum die DFB-Auswahl hofft, gegen Portugal die Standards besser für sich zu nutzen und besser zu verteidigen.

19.06.2021 | 19.06.2021, 18:30

Die blauen Damenfahrräder, sie sind so etwas wie das Markenzeichen der deutschen Nationalmannschaft bei dieser Fußball-Europameisterschaft. Auch am Freitag radelten die Spieler in Herzogenaurach von ihrer Unterkunft aus zum Training.

Nur eine kurze Einheit war angesetzt vor dem richtungsweisenden zweiten Gruppenspiel (18 Uhr) gegen Europameister Portugal. Feinschliff heißt das in der Absprache – noch einmal das wichtigste besprechen.

Viel wird gerade diskutiert in der Öffentlichkeit und vielleicht auch innerhalb der DFB-Auswahl. Soll es wieder eine Dreierkette sein, wie gegen Frankreich? Muss Joshua Kimmich nicht doch von der rechten Außenbahn ins Zentrum rücken? Und wenn ja, wer soll nach der Verletzung von Lukas Klostermann dann dort spielen? Matthias Ginter oder Emre Can?

Die Standards sind seit Jahren Thema

Intern werden auch andere Dinge angesprochen. „Ja, die Standards waren heute wieder ein Thema", verriet Matthias Ginter am Donnerstag. „Wir wissen, dass wir uns verbessern müssen. In der Defensive hat es gegen Frankreich gut geklappt. Offensiv hatten wir keine Chance", betonte der Defensivmann.

Die Standards, seit Löws Amtsantritt vor 15 Jahren sind sie ein Thema, dass gerade bei großen Turnieren immer wieder aufploppt. Schon früh gab es Wetten zwischen Löw und seinem damaligen Assistenten Hansi Flick – die bekannteste bei der EM 2008, beim Viertelfinalsieg gegen Portugal.

Flick, bald Löws Nachfolger im Amt, wettete, dass die DFB-Auswahl mindestens ein Tor nach einem Standard erzielen würde. Für jeden Treffer gab es von Löw eine Flasche Wein. Zwei Pullen räumte Flick damals ab.

Nach zwei Freistößen von Bastian Schweinsteiger erzielten Miroslav Klose und Michael Ballack je ein Kopfballtor in dieser Partie. Das Trainerteam hatte bei der EM in der Schweiz und Österreich das Verteidigen von Standards als Schwäche der Portugiesen ausgemacht.

Bei allen Titelgewinnen gab es Tore nach Standards

Aktuell sieht der Bundestrainer bei seiner eigenen Mannschaft Probleme dieser Art. „Per Standards haben wir zu viele Tore bekommen und zu wenig draus gemacht. Das ist absolut ausbaufähig. Darauf müssen wir besonderen Wert legen", betonte er im Trainingslager in Seefeld. Dem 0:1 beim EM-Auftakt gegen Frankreich ging ebenso ein Einwurf voran wie dem Gegentor beim 1:7 im letzten EM-Test gegen Lettland. „Wir haben es im Trainingslager angesprochen, dass wir Einwürfe besser verteidigen müssen", monierte Löw: „So etwas möchte ich nicht sehen."

Dazu tut sich die DFB-Auswahl oft selbst schwer, Standardsituationen für sich zu nutzen. Das letzte Tor nach einem direkten Freistoß erzielte Michael Ballack 2008 gegen Österreich. Bis heute ist der platzierte Schuss nebst Jubel in jedem EM-Best-of der deutschen Nationalmannschaft zu sehen. Toni Kroos traf bei der Weltmeisterschaft 2018 gegen Schweden ebenfalls per Freistoß, allerdings war es kein direkter.

Freistöße, Ecken, Elfmeter – wie wichtig sie sind, zeigt ein Blick in die Historie. Bei allen deutschen Titelgewinnen gab es Tore nach ruhenden Bällen. 1980 köpfte Horst Hrubesch nach einer Ecke von Karl-Heinz Rummenigge im Finale Deutschland zum EM-Titel. Sein zweites Tor an diesem Tag war „eine einstudierte Variante", wie der Stürmer später sagt. Auch 1972 und 1996 halfen ruhende Bälle mit bei den EM-Triumphen.

Was es fürs Weiterkommen braucht

Davon ist die deutsche Mannschaft noch weit entfernt. Das nächste Ziel lautet Achtelfinale. Um das zu erreichen, sollen auch einstudierte Varianten nach ruhenden Bällen helfen. „Standardsituationen können entscheidend sein", betonte Ginter: „und das wollen wir zu unseren Gunsten nutzen."

Am besten bereits gegen Portugal. Zwar kann die DFB-Auswahl mit einem Sieg gegen Ungarn möglicherweise als einer der vier besten Gruppendritten weiterkommen. Zumal sie den Vorteil hätte, dass sie im letzten Spiel der Vorrunde wüsste, was es dazu benötigt. Ein Sieg gegen Portugal, so wie in den letzten vier Duellen der beiden Mannschaften, oder ein Unentschieden würden aber die Option auf eine bessere Ausgangsposition und einen besseren Rang geben.

Damit die blauen Damenfahrräder in Herzogenaurach nicht bald wieder im Schuppen verschwinden.