
Bielefeld. Die sieben Herren kennen sich gut. Dann verloren sie sich aus den Augen, und seit zehn Jahren treffen sie sich regelmäßig einmal im Jahr am letzten Samstag vor Weihnachten zum Frühstück, so auch am Wochenende. Sie alle hatten zeitweilig den gleichen Arbeitgeber - Arminia Bielefeld - und spielten auf einem Platz, der damals noch Alm hieß und nicht Schüco-Arena. Ihre große Zeit waren die siebziger Jahre. Auch die Zeit des Bundesligaskandals.
Das Treffen ins Leben gerufen hatte der frühere Abwehrspieler Georg "Schorsch" Stürz, der 2009 im Alter von 64 Jahren einem Krebsleiden erlag. Sein Nachfolger als Organisator ist jetzt der ehemalige Verteidiger und gelernte Industriekaufmann Klaus Köller (68).
Der Bundesligaskandal von 1971
Arminentrainer Egon Piechaczek wurde wegen des Bundesligaskandals auf Lebenszeit gesperrt, dann aber 1975 begnadigt. Unter genau diesem Trainer spielten etliche der Alt-Arminen in der Mannschaft von 1970 (siehe Foto unten). DFB-Chefermittler Hans Kindermann stellte fest, dass unter anderem das Bundesligaspiel des FC Schalke 04 gegen Arminia Bielefeld am 17. April 1971 von Gelsenkirchener Spielern verkauft worden war. Die Arminen gewannen wunschgemäß mit 1:0 und hätten in der Bundesliga bleiben können, wenn die Bestechung nicht aufgeflogen wäre. Für 40.000 D-Mark hatte sich die Arminia den Sieg bei Schalke erkauft. Vereinspräsident Wilhelm Stute legte ein umfassendes Geständnis ab. Arminia musste in die Amateurliga absteigen. außerdem wurden die Spieler Waldemar Slomiany und Jürgen Neumann gesperrt.Außerdem kamen der Betreuer und Sponsor der Arminenmannschaft Hans Lösekann (74), Inhaber des gleichnamigen Modegeschäfts, Mittelfeldspieler Detlef Kemena (64), Defensivspieler Dieter Brei (61), die beiden Rechtsaußen Dietmar Erler (64) und Günter Lubasch (67) sowie Torwart Gerd "Bulli" Siese (67).
Siese wurde in Sieker geboren und spielte von 1966 bis 1978. Er lernte das Malerhandwerk und arbeitete auch immer in seinem Beruf. "Von dem Geld, dass man als Fußballer bekam, konnte kein Mensch auf Dauer leben", sagt er. Die Zeit der Millionenverträge war noch nicht angebrochen. "Ein so genannter Vertragsspieler bekam zwischen 120 und 400 D-Mark im Monat", erinnert sich der Torwart.
1969 stieg Arminia zum ersten Mal in die Bundesliga auf. Jetzt erhielten die Kicker Lizenzspielerverträge, das Grundgehalt lag um die 1.000 D-Mark. Dazu kamen Punkte- und Auflaufprämien.
Siese: "Diese Prämie bekam ein Spieler, egal ob er 90 Minuten spielte oder erst kurz vor dem Abpfiff eingewechselt wurde." Ein Wechsel in den letzten Minuten müsse daher nichts mit Spieltaktik zu tun haben, sondern könne auch Prämien-Gründe haben. Seit seinem Karriereende kümmert sich Siese um seinen eigenen Malerbetrieb.

Dieter Brei blieb beim Fußball, erst als Spieler, dann als Trainer. Er begann mit dem Fußballspielen in der Jugend von Schwarz-Weiß Sende (Schloß Holte) in der Kreisliga A. 1970 wechselte Brei im Alter von 20 Jahren zu Arminia in die Bundesliga. Der Defensiv- und Mittelfeldspieler: "Ein Wechsel von der Kreis- in die Bundesliga wäre heute unmöglich."
Nach dem Zwangsabstieg als Folge des Skandals ging er 1972 zu Fortuna Düsseldorf. 1974 kam er zu seinem einzigen Einsatz in der B-Nationalmannschaft, als er in Kiel gegen Schweden eingewechselt wurde. Höhepunkt und zugleich Tiefpunkt seiner Karriere war das Finale im Europapokal der Pokalsieger am 16. Mai 1979, in dem Fortuna Düsseldorf gegen den FC Barcelona mit 3:4 nach Verlängerung unterlag. Brei musste bereits nach 25 Minuten ausgewechselte werden, weil er im Rasen hängen geblieben war und sich eine Knieverletzung zugezogen hatte: "Kreuzbandriss. Davon habe ich mich nie wieder erholt. Das war das Karriereende."
Später war er Trainer von Fortuna Düsseldorf, Rot-Weiß Essen, dem FC Gütersloh, SC Verl und SC Wiedenbrück. In Schloß Holte am Pollhansplatz wohnt er noch heute.
Dietmar Erler kommt aus der Jugend des VfB Fichte. Von 1966 bis 1968 begann seine höherklassige Karriere bei Arminia in der Regionalliga West. 1968 wechselte er zu Borussia Dortmund und nach zwei Jahren zu Eintracht Braunschweig. Zu Günter Mast ("Jägermeister"), dem Sponsor der Eintracht, hatte Erler ein gutes Verhältnis. Mast wollte eigentlich Patenonkel von Erlers Tochter Theresa werden. Erler: "Meine Frau und ich haben uns das überlegt, aber das hatte doch keinen Sinn, denn Günter Mast hatte doch nie Zeit." Der Likörfabrikant nahm Abstand von der Idee.

Mit 33 Jahren beendete Erler seine Fußball-Laufbahn und wurde Lehrer an einer Braunschweiger Hauptschule in den Fächern Sport, Mathe und Erdkunde. "Als ehemaliger Fußballer war ich an einer Hauptschule genau richtig aufgehoben.", sagt er. Heute hat er Verbindungen zu beiden Städten, Braunschweig und Bielefeld. Sein 94-jähriger Vater lebt noch hier.
Günter Lubasch, gebürtiger Dortmunder kam von Bergedorf 85 zu Arminia. Er spielte Rechtsaußen, Gerd Roggensack - später Trainer von Arminia - kam über links. Nach seiner aktiven Laufbahn ging Lubasch in die Textilbranche.
Detlef Kemena arbeitete nach seiner Fußball-Karriere auch als Lehrer. Bis 2010 unterrichtete er Sport und Englisch an der Realschule Bethel. In jungen Jahren kam Kemena in Berührung mit den ganz Großen. Als Spielführer der Jugendnationalmannschaft spielte er mit Norbert Nigbur, Torwart von Schalke 04, Berti Vogts und - Franz Beckenbauer.