Der Mann mit dem Klappstuhl

HANDBALL: Diethard von Boenigk kehrte am Samstag kurz nach Bielefeld zurück

Diethard von Boenigk kehrte mit dem Oberliga-Aufsteiger ASV Senden nach Bielefeld zurück. | © FOTO: ANDREAS ZOBE

11.09.2012 | 11.09.2012, 00:00

Bielefeld. Wenn es den berühmten bunten Hund gäbe, wäre der Mann wohl ein Vertreter dieser Spezies. Diethard von Boenigk ist in Westfalens Handballszene bekannt wie eben jenes Fabeltier. Auch zu Bielefeld hat der 56-Jährige eine ganz besondere Beziehung. Am Samstag kehrte "Didel" mal wieder zurück nach OWL. Sein ASV Senden trat zum Saisonauftakt beim TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck an.
Die 21:25 (8:13)-Niederlage hatte der Münsteraner, der mit dem ASV gerade aus der Verbandsliga aufgestiegen war, schnell verschmerzt: "Wir haben gemerkt, dass in dieser Liga doch komplett anderer Handball gespielt wird", erklärte er gerade, als ein Kumpel aus alten Tagen auftauchte: Martin Räber hatte seinen Segeltörn auf dem Steinhuder Meer extra verkürzt, um seinen alten Mannschaftskollegen aus Lemgoer Zeiten zu treffen. "Hatte ich dir doch versprochen", verkündete ein sichtlich sonnenverwöhnter Räber mit leicht rotem Kopf. Das TSG-Urgestein und der handballerische Kosmopolit haben eine weit zurückreichende Vergangenheit.

Zusammen spielten sie mit dem TBV Lemgo in der Bundesliga. Später feierten sie als Trainer (Räber) und Spieler (von Boenigk) mit der TSG Altenhagen-Heepen den Aufstieg in die Regionalliga (1991). Regisseur "Didel" war zwei Jahre später eine der zentralen Figuren, als die TSG mit dem Zweitliga-Aufstieg den größten Bielefelder Handballerfolg aller Zeiten feierte. Von 1994 bis 1996 kehrte von Boenigk als Trainer zurück zur TSG. Viel zu erzählen also, für zwei alte Kämpfer. Doch von Boenigk wiegelte gleich ab: "Ich muss ja leider den Vereinsbulli zurück fahren." Immerhin hatte der Coach ein bisschen was von seiner Handschrift präsentiert. Sein ASV, bei dem er seit drei Jahren tätig ist, machte trotz der Niederlage viel Spaß. Offensives Spiel mit schnellen Aktionen, einer guten Abwehr und gleich drei Versuchen eines Kempa-Tores (alle gingen daneben) verlangten dem späteren Sieger TuS 97 alles ab.

Für von Boenigk war die Niederlage Lehrgeld, welches er und sein Team ohne zu murren bezahlten: "Wir sind ein Ausbildungsverein. Unsere jungen Spieler sind noch nicht so weit, eine erfahrene Mannschaft wie den TuS 97 schlagen zu können. Das geht schon in Ordnung." Bielefelds Coach Walter Schubert wird das Kompliment nur bedingt unterschreiben, denn er grübelte noch lange nach dem Spiel über mögliche Erkenntnisse. Eine Standortbestimmung sei es jedenfalls nicht gewesen. Immerhin hatten die Neuzugänge Torben Pieper, Benjamin Zöllner und Torwart Kai Bierbaum sehr gute Eindrücke hinterlassen. Letzterer hatte sich schon vor der Partie auf ein Wiedersehen mit von Boenigk gefreut und geflachst: "Dann kann ich gleich schon mal die Fahrt nach Mallorca bei ihm buchen."
Tatsächlich, und damit schließt sich der Kreis zum Bild vom bunten Hund, kennen Diethard von Boenigk zur richtigen Zeit auf Mallorca mindestens genau so viele Menschen wie in Westfalen. Er organisiert für zahlreiche Klubs die Mannschaftsfahrten. Wenn die Teams auf "der Insel" ihren Saisonabschluss begießen, ist "Didel" natürlich auch da. Mit einem Klappstuhl zieht er dann über den Strand der Cala Guya und verweilt alle paar Meter bei einem neuen Grüppchen seiner Kunden.

Und wie sieht es mit einer möglichen Rückkehr nach Bielefeld aus? Der Trainer grinst und laviert: "Es ist ja nicht so, dass wir nicht zwischendurch mal gesprochen hätten . . ." Als die TSG Altenhagen-Heepen Ende vergangenen Jahres einen Ersatz für Helmut Bußmeyer suchte, klingelte auch in Münster das Telefon. "Aber den Aufwand kann ich nicht mehr leisten", wiegelte Sportlehrer von Boenigk sofort ab. Den Job übernahm sein Spezi "Matze" Räber - aus "Didels" Sicht war das sicher keine schlechte Wahl.