Bielefeld. „Was ist denn eigentlich Vertrauen?“ Projektleiter Norbert Niebius, langjähriger Mitarbeiter bei dem Verein Natursinn, schaut die Schüler der 10. Klasse der Sonnenhellweg-Schule fragend an. „Und wie kann Vertrauen entstehen?“ Sarah ist sich zunächst sicher, dass sie niemandem aus ihrer Klasse so richtig vertraut. Doch nach einer kurzen Vertrauensübung in der Grünanlage am Gellershagener Bach sieht die Sache schon ganz anders aus: Die Oberstufen-Schüler sollen sich zu zweit zusammen finden und einen Vertrauten und einen Vertrauensschenker wählen, eine Führenden und einen, der sich führen lässt. Wer sich traut, mit geschlossenen Augen. „Wem das zu heikel ist, kann die Augen offen lassen!“ Ja – das wird auch für Sarah gehen, und sie schafft es auch, die Augen während der Übung zu schließen. In der abschließenden Gesprächsrunde wird klar: Vertrauen entsteht, wenn man es erlebt.
Natursinn begleitete unterschiedliche Gruppen der Oberstufenschüler der Waldorf-Förderschule an drei Vormittagen im August. Der Verein bietet seit Jahren naturerlebnispädagogische Projekte für Kinder und Jugendliche an, die die Entwicklung junger Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten fördern. Im Programm sind neben regelmäßigen, festen Gruppen, die sich an schönen Orten im Grünen in und um Bielefeld treffen, auch Projekte für Schulen.
„Die Projekttage sind für uns eine Wundertüte“, erzählt Schulsozialarbeiterin Ursula Flörkemeier. Sie werden ermöglicht durch Gelder der Koordinierungsstelle Schulsozialarbeit. „Sie sind wichtig neben dem täglichen Unterricht“, sagt Flörkemeier. Sie fördern gemeinschaftliches Handeln. „Es ist immer eine tolle Erfahrung für die Schüler, mal Aufgaben gestellt zu bekommen, die anders sind als im Schulalltag. So übernimmt auch schon mal der eine oder andere die Rolle eines Führenden in einer Gruppe, bei dem man es sonst nicht so oft erlebt“, sagt Flörkemeier.
Wenn man in der Gemeinschaft arbeitet, kann vieles erreicht werden
Für die nächste Übung kommt ein langes Seil zum Einsatz: Tauziehen! Hier ist schnell klar, dass man den besten Erfolg hat, wenn man gemeinsam zieht und sich gegenseitig vertrauen kann, das niemand loslässt. Dies dient zur Vorbereitung der eigentlichen Abschlussübung: Ein Schatz ist rund vier Meter hoch in einem Baum versteckt: Wer vertraut den übrigen Mitgliedern der Gruppe und lässt sich am Seil in die Höhe ziehen? „Das geht nur, wenn man sich bewusst macht, dass jemand ernsthaft verletzt werden kann, wenn einer loslässt“, erläutert Trainer Norbert Niebius die Situation. Nach kurzer Diskussion in der Gruppe findet sich ein Schüler, der sich auf das Abenteuer einlässt und sich in die Höhe begeben möchte. „Ihr müsst auch jemanden auswählen, dem ihr das Kommando am Seil anvertraut!“ Hier kommt wieder das Thema Vertrauen ins Spiel. „Die Aufgaben scheinen oft erst schwer für die Schüler“, erzählt der Trainer: „Doch wenn man in der Gemeinschaft zusammen arbeitet, kann vieles erreicht werden“.
Die Übungen fanden in der Grünanlage statt, die direkt an das Schulgelände angrenzt, sowie auf der Wiese vor dem Haupteingang der Sonnenhellweg-Schule.
Mehr Infos zur der Waldorf-Förderschule unter: www.sonnenhellweg.de