Münster (lnw/from). In der Debatte um die Rückführung von syrischen Flüchtlingen hat sich jetzt der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Johannes Albert Gehle, zu Wort gemeldet. Er hat sich dabei vor die syrische Ärzteschaft in Deutschland gestellt.
Die syrischen Ärztinnen und Ärzte leisteten einen unverzichtbaren Beitrag zur Patientenversorgung, sagte er vor dem westfälisch-lippischen Ärzteparlament in Münster. Gehle, der aus dem Kreis Höxter stammt, kritisierte demnach Äußerungen der AfD-Bundesvorsitzenden Alice Weidel. Diese habe gefordert, syrischen Flüchtlingen den Schutzstatus abzuerkennen, sie gegebenenfalls abzuschieben und nicht einzubürgern.
Angriffe auf syrische Beschäftigte im Gesundheitswesen forderten „die Solidarität der westfälisch-lippischen Ärzteschaft“ heraus, so Gehle. Viele Kollegen aus Syrien seien seit Jahren integriert und Teil der medizinischen Versorgung in der Region.
Mehr als 7.000 syrische Ärzte arbeiten in Deutschland
Nach Zahlen der Bundesärztekammer arbeiten bundesweit mehr als 7.000 Ärztinnen und Ärzte mit syrischer Staatsbürgerschaft. In Westfalen-Lippe seien es rund 900, davon etwa 570 in Kliniken. In Westfalen-Lippe stellten die Syrer in den vergangenen Jahren häufig die größte Gruppe von Kandidaten bei den Fachsprachenprüfungen für Ärzte.
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Um die Rückführung von Syrern war eine öffentliche Debatte entstanden, als der deutsche Außenminister Johann Wadephul bei einer Reise nach Syrien gesagt hatte „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“. Er bezweifle, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde.
Das hatten Teile der CDU im Widerspruch zum Migrationskurs der Partei gesehen. Der sieht vor, dass syrische Flüchtlinge nach dem Ende des Bürgerkriegs perspektivisch in ihr Land zurückkehren. Statistiken zufolge leben 1,2 Millionen Syrer in Deutschland. 721.000 davon gelten als schutzsuchend. Zuletzt hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) jedoch erklärt, dass gut integrierte Syrer eine Aussicht auf eine Zukunft in Deutschland hätten. „Wer sich integriert und arbeitet, hat eine Bleibeperspektive. Wer sich nicht integriert, wer nicht arbeitet, hat die Perspektive, nach Syrien zurückzukehren“, sagte er. Zugleich bekräftigte er seinen Willen zu Abschiebungen. Gespräche dazu liefen. „Sobald die Vereinbarung steht, schieben wir Straftäter und Gefährder ab.“
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Viel mehr ausländische Ärzte
Laut Bundesärztekammer wird die Zahl der neu zugelassenen Ärzte nicht ausreichen, um den nahenden Ruhestand zahlreicher Ärzte auszugleichen. Ohne Zuwanderung werde dies noch schwieriger. Die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte ohne deutsche Staatsangehörigkeit erreichte im Jahr 2024 mit insgesamt 68.102 einen neuen Höchststand. Sie hat sich im Verlauf der vergangenen zehn Jahre mehr als verdoppelt. Häufigste Herkunftsländer sind Syrien, Rumänien, die Türkei und Russland.