Salafisten-Treffen in Gütersloh: Radikaler Islamist trat in Moschee auf

Gütersloh/Düsseldorf. Die Sicherheitsbehörden warnen vor einer Salafisten-Gruppe, die als besonders radikal gilt. Vor einigen Monaten organisierten die Extremisten, die vor allem aus Norddeutschland kommen, ein Seminar in einer Gütersloher Moschee. Die Behörden und auch die muslimische Einrichtung wussten jedoch offenbar nicht, dass Islamisten in die Stadt kamen. Als &bdquo;Brüdertreffen“ war das Seminar Anfang des Jahres von der Salafisten-Gruppe &bdquo;Nur al Ilm“ beworben worden. Recherchen zeigen, dass die Veranstaltung im Islamischen Zentrum Gütersloh (IZG) an einem Wochenende im März stattfand. In einem Video in sozialen Medien sind etwa 20 junge Männer – sie sollen teils aus OWL kommen – zu sehen, wie sie dem Anführer von &bdquo;Nur al Ilm“ lauschen, während er einen Vortrag über die Großzügigkeit des Propheten Mohammed hält. Andere Aufnahmen zeigen die Gruppe in einem Park in der Stadt mit Gebetsteppichen. Auf Filmausschnitten ist zu sehen, wie der Kopf von &bdquo;Nur al Ilm“ der Gemeinde des IZG vorbetet – die Moschee ist voll besetzt. Zum Zeitpunkt des Seminars war der Fastenmonat Ramadan. Lesen Sie auch: Islamisten in Gütersloh? Hinweise auf Treffen von salafistischer Gruppierung Die Gruppe &bdquo;Nur al Ilm“ steht im Fokus der Sicherheitsbehörden. Aktiv sind die Protagonisten vor allem in Bremen. Auch wenn der Schwerpunkt in Norddeutschland liegt, sind dem NRW-Verfassungsschutz auch Aktivitäten hier bekannt. Etwa durch Info-Stände in Essen und Dortmund, bei denen extremistisches Material verteilt wird. Eine Sprecherin des Nachrichtendienstes betont, &bdquo;Nur al Ilm“ sei &bdquo;eindeutig dem extremistisch-salafistischen Spektrum zuzuordnen“. Durchsuchung bei der Salafisten-Gruppe Für die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann wirkt die Gruppe eher &bdquo;elitär und konspirativ“. Immerhin können Teilnehmer solche Seminare nur nach vorheriger Anmeldung besuchen. Sie weist auf polizeiliche Maßnahmen vor wenigen Wochen gegen die Köpfe von &bdquo;Nur al Ilm“ hin. Mitte September hat der Staatsschutz Bremen die Wohnungen von zwei Mitgliedern der Gruppe (24 und 30 Jahre alt) durchsucht. Hintergrund sind Äußerungen in sozialen Medien. Darin soll &bdquo;Nur al Ilm“ volksverhetzende Inhalte verbreitet und öffentlich zu Straftaten aufgerufen haben. Der jüngere von beiden, ein Ägypter, soll die Aussagen getätigt haben. Ob er auch das Seminar in Gütersloh geleitet hat, ist unklar. Hetze gegen Homosexuelle und Juden in Videos Dieser Redaktion liegen Videos vor, die mit ausschlaggebend für die Durchsuchungen waren. In einem Online-Vortrag (das Originalvideo wurde mittlerweile gelöscht) sagt eine männliche Stimme sinngemäß, dass Homosexualität eine große Sünde sei und entsprechende Personen im Islam getötet werden. Es werden Beispiele genannt, die islamische Gelehrte überliefert haben sollen – so sollen Homosexuelle von einem hohen Gebäude geworfen oder gesteinigt werden. In einem anderen Vortrag wird Gewalt gegen Frauen gerechtfertigt. In einem weiteren Video wird von &bdquo;dreckigen Juden“ gesprochen. Die Aussagen wurden Anfang 2025 im Internet veröffentlicht. Lesen Sie auch: Wie sich Moscheen in OWL gegen den Einfluss von Salafisten wehren Doch wieso konnte die Veranstaltung in Gütersloh überhaupt stattfinden? Wusste niemand, wer da sprechen wollte? Beworben wurde das Treffen bereits einige Wochen zuvor in sozialen Medien. Die Anmeldung sollte über eine Handynummer erfolgen, die Gebühren lagen bei 15 Euro. Details zum Veranstaltungsort sollten die Teilnehmer nach der Anmeldung erhalten. Dem NRW-Verfassungsschutz dürfte die Einladung bekannt gewesen sein. Eine Sprecherin spricht von allgemeinen Maßnahmen im Rahmen von islamistischen Veranstaltungen, die die Sicherheitsbehörden treffen. Beispielsweise berichtet der Verfassungsschutz über extremistische Bestrebungen öffentlich. Andere Ordnungsbehörden setzen auf &bdquo;Störfeuer“, etwa durch breite Kontrollmaßnahmen – diese erfolgen oft in enger Abstimmung zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Ämter vor Ort. In Sicherheitsbehörden soll es aber umstritten sein, ob man Gebühren für die Teilnahme an extremistischen Veranstaltungen zur Erkenntnisgewinnung zahlen sollte. Immerhin würde das Geld in die Strukturen der Verfassungsfeinde fließen. Weder Behörden noch Moschee sollen gewarnt worden sein Das Islamische Zentrum Gütersloh wusste laut eigenen Angaben vor dem Seminar nicht, wer Mitte März in die Moschee kam. Man sei auch nicht von Behördenseite gewarnt worden. Ein Vorstandsmitglied berichtet, dass man auf Empfehlung aus der Gemeinde Kontakt mit dem Prediger von &bdquo;Nur al Ilm“ aufgenommen habe für eine Veranstaltung während des Ramadans. &bdquo;Der Mann gab sich harmlos“, beteuert das Mitglied des Vorstands. Doch statt in Gütersloh die gesamte Gemeinde einzubeziehen, habe die Gruppe ihr konspiratives Treffen veranstaltet. &bdquo;Mittlerweile glauben wir, sie waren nur auf der Suche nach einer Räumlichkeit, um ihre extremistische Ideologie weiterzugeben“, heißt es vom Vorstand. Lesen Sie auch: Verfassungsschutz sieht Ostwestfalen-Lippe als Schwerpunkt für Salafisten Auch die Moscheefunktionäre wollen erst im Nachgang von der radikalen Ideologie erfahren haben. Mittlerweile habe man Gespräche mit den Behörden geführt. &bdquo;Wir haben uns zudem umgehend distanziert und auch unsere Gemeindemitglieder aufgefordert, sich von der Gruppe fernzuhalten“, betont das Vorstandsmitglied. Ob der NRW-Verfassungsschutz konkrete Maßnahmen vor dem Seminar in Gütersloh ergriff, teilte die Sprecherin nicht mit – aus operativen Gründen. Grundsätzlich betont sie: &bdquo;Wann immer konkrete Angaben vorliegen, werden diese auch übermittelt.“ Allerdings: Die Polizei Bielefeld und der Staatsschutz haben &bdquo;zuvor keine Kenntnis“ von der Veranstaltung gehabt, berichtet eine Sprecherin. Der Polizei in Gütersloh soll das Seminar ebenfalls nicht bekannt gewesen sein. Auch die Stadt Gütersloh habe keine Hinweise zu dem Salafisten-Treffen vorliegen gehabt, berichtet eine Sprecherin. Erst mehrere Wochen danach habe die Verwaltung davon erfahren.

Meistgelesen