Großdemo in NRW zeigt Wirkung: Landesregierung mildert Sozialkürzungen ab

Düsseldorf. Der Aufschrei war groß, als im Herbst bekannt wurde, dass NRW soziale Kürzungen in Höhe von bis zu 83 Millionen Euro vornehmen wollte. Die Freie Wohlfahrtspflege mobilisierte in der Folge 32.000 Menschen, die auf den Rheinwiesen in Düsseldorf gegen die Pläne protestierten. Mit Erfolg. Das Land NRW nimmt die geplanten Einschnitte in Teilen nun wieder zurück. Das kündigten die Fraktionen von CDU und Grünen am Dienstag im Landtag an. &bdquo;Ich glaube, dass wir substanzielle Verbesserungen in einem großen Umfang erreicht haben“, sagte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer. Es sei gelungen, für den Sozialbereich rund 43 Millionen Euro mehr zur Verfügung zu stellen als zuvor geplant, so Schäffer. Möglich sei das durch Umschichtungen im Haushaltsentwurf, Finanzierungen über den Europäischen Sozialfonds (ESF) und über den Präventionsbereich im geschnürten Maßnahmenpaket nach dem Solingen-Attentat. Mehr dazu: Vor Protesttag in NRW: Wüst hält an Kürzungen im Sozialbereich fest Bei der Suchtberatung will NRW geplante Kürzungen &bdquo;nahezu“ komplett zurücknehmen und nun erneut zwei Millionen Euro zur Verfügung stellen. Für die Armutsbekämpfung sind nun 1,6 Millionen Euro mehr vorgesehen; auch die Aidshilfe erhält 1,2 Millionen Euro mehr als zunächst vorgesehen. Zur Unterstützung für Maßnahmen im Förderplan Alter und Pflege schichtet das Land 3,6 Millionen Euro um. &bdquo;Damit sichern wir die Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen“, so CDU und Grüne. Auch die Förderung für die bestehenden Frauenhäuser soll erhalten bleiben. NRW will bestimmte Gruppen in den Fokus nehmen Für den Gewaltschutz von Frauen und ihren Kindern sieht die Regierung nun 1,89 Millionen Euro mehr vor als zuletzt geplant. In die Inklusion sollen zusätzliche zwei Millionen Euro fließen. Auch die &bdquo;stark nachgefragte“ Energieberatung soll erhalten bleiben - sie wird mit vier Millionen Euro im nächsten Jahr gefördert. Ganze 17 Millionen Euro sind für den Bereich Integration als Reaktion auf das Attentat von Solingen vorgesehen. Sie kommen quasi neu hinzu. Lesen Sie auch: NRW hat den Protest der Sozialverbände unterschätzt Schäffer bezeichnet die Maßnahmen als &bdquo;echten Erfolg“ und &bdquo;erhebliche Verbesserungen“. Sie seien eine &bdquo;echte Kraftanstrengung“ gewesen, in Abstimmung mit den Ministerien. Man nehme bei den Maßnahmen besonders vulnerable Gruppen in den Blick. Die Verbesserungen würden dazu beitragen, &bdquo;dass wir den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken können“, glaubt Schäffer. Die zunächst geplanten Kürzungen hatten für viel Wirbel gesorgt. So hatte zum Beispiel die Aidshilfe in NRW davor gewarnt, dass die Kürzungen Menschenleben gefährdeten. &bdquo;Sie zerschlagen die hochwirksame Versorgungsstruktur der Aidshilfen in NRW – insbesondere für die ohnehin schon unterfinanzierten Angebote im ländlichen Raum.“ Die Verbraucherzentrale hatte wiederum eindringlich davor gewarnt, die Förderung der Beratungen zum Energiesparen zu streichen. Jede Branche konnte gute Gründe vortragen. Streichung der Kinderwunschförderung bleibt &bdquo;Wir können nicht alle Kürzungen zurücknehmen. Das ist schlichtweg nicht möglich mit diesem Haushalt“, betont Schäffer jedoch. So bleibe es beispielsweise bei der ebenfalls heftig kritisierten Streichung der Kinderwunschförderung. CDU und Grüne betonen, dass die jetzt verkündeten Maßnahmen durch &bdquo;nicht einfache“ Umschichtungen zustande kommen. Es würden keine neuen Lücken an anderen Stellen entstehen, betonen die Fraktionen. Mehr dazu: Herforder Paar ist verzweifelt: NRW streicht Kinderwunsch-Förderung Auf die Frage, ob die Schritte eine konkrete Reaktion auf die Großdemonstration Mitte November sind, antwortet Schäffer: &bdquo;Wir haben sehr genau zugehört, vor allem, was die Auswirkungen sind.“ Man sei aber seit langer Zeit im Gespräch mit den Akteuren; so gebe es seit Jahrzehnten &bdquo;gewachsene Vertrauensstrukturen“ zur Wohlfahrtspflege. &bdquo;Minus bleibt Minus“, kritisiert derweil SPD-Fraktionschef Jochen Ott. &bdquo;CDU und Grüne wollten die Axt an den Sozialstaat anlegen, jetzt nehmen sie vermeintlich nur noch eine Säge.“ Die SPD kämpfe für die komplette Rücknahme der Kürzungen, so Ott. Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW spricht von einem Schritt in die richtige Richtung. &bdquo;Das ist ein Teilerfolg, aber kein Grund zum Jubeln“, sagt der Vorsitzende Hartmut Krabs-Höhler. Die noch bestehenden Kürzungen seien unbefriedigend. Zudem seien viele Bereiche der Wohlfahrts- und Sozialarbeit weiterhin nicht auskömmlich finanziert. Krabs-Höhler dankt sowohl den Demonstrierenden für ihren lautstarken Protest als auch den Parlamentariern für ihr offenes Ohr.

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