NRW-Unternehmer ärgert sich: „Einzelpersonen tanzen uns auf der Nase rum“

Düsseldorf. Arndt Kirchhoff gehört als Arbeitgeberpräsident in NRW zu den einflussreichsten Menschen im Land. Der Unternehmer steht an der Spitze der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände in NRW mit rund 80.000 Betrieben und drei Millionen Beschäftigten. Kirchhoff beherrscht die Gepflogenheiten der politischen Kommunikation schnörkellos – doch inzwischen hat der Unternehmer zunehmend Schwierigkeiten, seinem Ärger Einhalt zu gebieten. Er beobachte die Entwicklungen der deutschen Infrastruktur inzwischen seit 45 Jahren, sagte Kirchhoff jetzt bei einer Konferenz in Düsseldorf. &bdquo;Wir sagen immer, es geht zu langsam, aber es wird nichts gemacht. Wir planen unheimlich viel und entscheiden gar nichts.“ Es sei nötig, &bdquo;völlig neu zu denken“, um strukturelle Probleme der Industrie zu beheben. &bdquo;Wir lassen uns von einzelnen Personen auf der Nase rumtanzen – bei Straßen, Schienen, Industriegebieten und Brücken“, sagte Kirchhoff und fordert, das Planungsrecht im Bund endlich zu ändern. So könne ein einzelner Bürger noch immer ein Bauprojekt stoppen, wenn er zum Beispiel anführe, dass dadurch Tiere wie die Haselmaus gefährdet würden, sagte Kirchhoff. &bdquo;Zack – schon gibt es eine Verzögerung von sechs Monaten.“ Kirchhoff: &bdquo;Die Einzelpersonen verhindern diese Projekte – und gar nicht unbedingt die Natur- und Artenschützer.“ Er habe diese Bedenken immer wieder NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) sowie NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) vorgetragen und einen &bdquo;radikal anderen Ansatz in der Planung gefordert“, so Kirchhoff. Tenor: &bdquo;Wenn ihr das nicht versteht, werden wir nicht vorankommen.“ Kirchhoff: Zu viele Personen in Planungen involviert Grundsätzlich seien zu viele Personen in Bauplanungen und Prozessen involviert. &bdquo;Wir haben uns sehenden Auges festgefahren.“ Erforderlich sei eine Geschwindigkeit wie beim Bau der Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven, so Kirchhoff. &bdquo;Wenn wir nicht schneller werden, dann werden hier im Land keine Investitionen mehr stattfinden.“ Bereits der frühere NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) habe im Bereich der Planungsbeschleunigung &bdquo;nichts“ gemacht. &bdquo;Es wurde geredet, aber nichts gemacht. Heute kommt ein Schwertransport mehr raus“, so Kirchhoff. Lesen Sie auch: Wüst stellt Kohle-Aus 2030 überraschend in Frage Mehr Tempo und Effizienz bei Planung und Prozessen ist also derzeit eine Hauptforderung der Unternehmer. Das Geld spielt dabei eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle. &bdquo;Wir haben als Staat kein Einnahmenproblem“, sagt Kirchhoff. Deshalb müsse die Schuldenbremse bleiben. Dennoch zeigt sich der Arbeitgeberpräsident in NRW offen für einen Sonderhaushalt für &bdquo;streng gebundene“ Infrastrukturmaßnahmen und Transformation. &bdquo;Das muss man klar trennen und nicht sofort in den Konsum-Haushalt übernehmen.“ Einen solchen Sonderhaushalt brauche es nur, um &bdquo;schneller zu werden.“ Während der Infrastrukturkonferenz von Unternehmer NRW sowie der Bauindustrie NRW diskutierten Experten auch den politischen Kurs in NRW. Der sieht vor, dass die Sanierung von Straßen und Brücken Priorität haben soll vor dem Neubau. FDP-Fraktionschef Henning Höne bezeichnet diesen Kurs als &bdquo;grundsätzlich vollkommen falsch“. Die vorausgegangene schwarz-gelbe Landesregierung habe wesentlich mehr in den Neubau investiert, so Höne. Am Geld könne es nicht liegen. &bdquo;Das Haushaltsvolumen hat sich in den vergangenen 12 Jahren verdoppelt. Das Geld geht jetzt einfach woanders hin.“ Grünen-Politiker Haase weist Vorwürfe zurück Viktor Haase, Staatssekretär im Umwelt- und Verkehrsministerium, entgegnete, dass &bdquo;natürlich“ auch Planungen für den Neubau von Straßen im Land liefen. So seien knapp 90 Straßen in der Planung und 30 bereits in der &bdquo;Realisierung“. Es handle sich bei der Frage von Neubau und Sanierung nicht um ein Entweder-oder, sondern um eine Prioritätensetzung. &bdquo;Darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt“, betonte Haase. Kritik übte aber auch der Präsident des Bauindustrieverbands in NRW, Daniel Strücker. Ihm sei bekannt, dass beim Land keine Mittel für Neubauplanungen zur Verfügung stünden beziehungsweise beantragt worden seien. &bdquo;Das ist ärgerlich, weil die Mittel dann zurück nach Berlin gehen.“ Lesen Sie auch: Wie sich die Grünen in der NRW-Regierung wandeln Wie schwierig und mitunter paradox die Lage in der Bauindustrie ist, machte Strücker an einem anderen Beispiel fest. Ohne politische Klarheit werde es immer schwieriger, Mitarbeiter zu halten, weil Unsicherheit bei den Investitionsbudgets bestünde. &bdquo;Die nächsten Brückenbauunternehmen planen nächstes Jahr mit Kurzarbeit. Das ist eine Katastrophe“, so Strücker.

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