„Flucht aus der Verantwortung“: Kritik am Rücktritt der Grünen-Jugend aus OWL

Düsseldorf/Bielefeld. Zum Abschied machen sie das ganz große Fass auf: Der Bundesvorstand der Grünen Jugend sieht &bdquo;keine Perspektive“ mehr, dass die Partei in Zukunft einen &bdquo;grundsätzlich anderen Kurs“ einschlagen wird. Deshalb tritt der Vorstand der Nachwuchsorganisation geschlossen zurück. Wird das eine Sogwirkung entfalten – und weitere Austritte mit sich bringen? In Paderborn sei keine Entwicklung dieser Art zu erkennen, sagt Grünen-Politikerin Sigrid Beer dieser Zeitung. Diskutiert werde in der Partei &bdquo;nicht erst seit gestern“, schildert die langjährige Landtagsabgeordnete. Was sie vom Rücktritt der Grünen Jugend hält? &bdquo;Wir tun gut daran, auch in schwierigen Zeiten nicht vor Verantwortung wegzulaufen.“ Lesen Sie auch: OWL-Grüne: &bdquo;Partei hat ein Image-Problem“ Ähnlich reagiert auch Dominic Hallau. &bdquo;Reisende soll man nicht aufhalten“, sagt der Chef der OWL-Grünen im Gespräch. Hallau ist ein abwägender und zugewandter Mensch – für die Entscheidung der Grünen Jugend findet er auffallend deutliche Worte. &bdquo;Ich finde, das ist Flucht aus der Verantwortung.“ Weitere Rücktritte seien ihm aktuell nicht bekannt – weder beim politischen Nachwuchs noch in der Gesamtpartei. &bdquo;Es kann natürlich gut sein, dass einige Mitglieder austreten werden, aber es zeichnet sich derzeit nicht ab, dass es zu einer Austrittswelle kommen wird.“ Erinnerungen an 1982/83 und die FDP um Guido Westerwelle Die Grüne Jugend macht der Partei in ihrem Abschiedsschreiben schwere Vorwürfe und spricht von einem &bdquo;strategischen Dissens“. Die bisherige Spitze wolle sich nun aufmachen, einen &bdquo;neuen, dezidiert linken“ Jugendverband zu gründen. Das erinnert ein wenig an die Zeit um 1982/83, als die Jungdemokraten die FDP nach dem Koalitionswechsel ihrer Partei verließen – und der damals junge Guido Westerwelle die Jungliberalen (Julis) zur Nachwuchsorganisation machte. Ob es nun 40 Jahre später zu einer ähnlichen Entwicklung bei den Grünen kommen könnte? Lesen Sie auch: Rücktritt der Grünen Jugend legt Risse in der Partei offen Hallau jedenfalls wundert der Schritt der Grünen Jugend nicht allzu besonders. &bdquo;Bei den jüngsten Parteitagen war bereits zu spüren, dass die Grüne Jugend noch kritischer aufgetreten ist als ohnehin schon – und dass viele Inhalte nicht mehr zusammenpassen.“ Insofern sei der Austritt vielleicht eine &bdquo;sinnvolle“ Entscheidung, so Hallau. Tatsächlich führt auch der inhaltliche Kurs der Grünen Jugend in NRW bei Mitgliedern der Gesamtpartei bereits seit Monaten zu Irritationen. Ein Landtagsabgeordneter spricht von einer &bdquo;inhaltlichen Radikalisierung“, &bdquo;Marxismus-Schulungen“ und &bdquo;Klassenkampf-Rhetorik“. &bdquo;Das weicht von den Grundprinzipien von uns Grünen als demokratische Rechtsstaatspartei ab“, sagt der Politiker, der anonym bleiben möchte, dieser Zeitung. Mitgliederzahl der Grünen in NRW seit 2017 verdoppelt Inwieweit die aktuellen Entwicklungen der Partei im Bund sich auf die Lage in NRW auswirken werden, ist derweil noch nicht absehbar. In den vergangenen Jahren zeigt der Daumen bei den Mitgliederzahlen jedenfalls nach oben. Während die NRW-Grünen Ende 2017 noch rund 13.000 Mitglieder hatten, so waren es sechs Jahre später bereits fast 26.000 – also eine Verdopplung. Bis März 2024 kamen noch einmal rund 1.000 Mitglieder hinzu, teilt ein Parteisprecher auf Anfrage mit. Sigrid Beer warnt derweil davor, sich thematisch zu verengen. Die Grünen seien &bdquo;keine Einthemenpartei“. Die &bdquo;Menschheitskrise“ Klimawandel wirke sich aus auf Wirtschaft, Migration, Gesundheit und soziale Gerechtigkeit. &bdquo;Wir müssen es leisten, Zukunftshoffnung zu vermitteln, aber auch nicht zu verschweigen, dass wir dazu einiges schultern müssen“, so Beer.

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