Goldener Käfig? Beamtenbund reagiert auf Kritik eines Ingenieurs aus OWL

Düsseldorf. Ein junger Ingenieur aus OWL spielt mit dem Gedanken, das Beamtentum zu verlassen, da er sich eingeengt fühlt und damit liebäugelt, in die Privatwirtschaft zu wechseln. Der Beamtenbund in NRW kennt diese Fälle. Landeschef Roland Staude nimmt Stellung, inwieweit Kritik am Beamtentum zulässig ist – und inwieweit nicht. Staude führt den Beamtenbund in NRW (DBB) seit zehn Jahren und vertritt 200.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, wie Lehrer, die Justiz, Polizei und Teile der Kommunalverwaltung. Der 59-jährige Bielefelder ist mit der komplexen Materie des Beamtenrechts bestens vertraut. Staude sieht durchaus großen Reformbedarf im Beamtentum – doch er erkennt auch eine Menge Vorteile für Beamtinnen und Beamte, wie er im Gespräch deutlich macht. Jobsicherheit im Öffentlichen Dienst Ein ganz &bdquo;wichtiges“ Argument sei der Aspekt der Jobsicherheit. &bdquo;Wenn es der Privatwirtschaft gut geht, wird der Öffentliche Dienst oft belächelt“, sagt Staude. &bdquo;Sobald diese Situation aber kippt, zum Beispiel aufgrund einer Rezession, wird der Öffentliche Dienst plötzlich wieder interessanter.“ Der Grund: Eine Insolvenz des Arbeitgebers – dem Staat – ist nahezu ausgeschlossen. In Krisenzeiten wie den aktuellen sei dies ein unschätzbarer Vorteil. &bdquo;Wir merken derzeit, dass der Sicherheitsaspekt für die Bewerber wieder an Bedeutung gewinnt.“ Lesen Sie auch: Öffentlicher Dienst fordert Führerscheinentzug bei Angriffen auf Beamte Das zeige sich unter anderem daran, dass die Anzahl der unbesetzten Landesstellen in NRW in den vergangenen Jahren von 21.000 auf 17.000 zurückgegangen ist. &bdquo;Der Zuspruch für den Öffentlichen Dienst wird wieder größer“, sagt Staude. Unterm Strich gelte also: Der Öffentliche Dienst hänge &bdquo;extrem“ von der Entwicklung der Privatwirtschaft ab. Der 31-jährige Ingenieur Maik F. (Name geändert) aus OWL hatte im Gespräch moniert, dass das Beamtentum ihn im Arbeitsalltag einenge. Fehlende Aufstiegschancen und die Abhängigkeit vom Dienstherrn hatte er als &bdquo;Goldenen Käfig“ bezeichnet. Dazu Staude: &bdquo;Man könnte hingegen auch sagen, dass die Beamten durch den ,Goldenen Käfig’ geschützt werden.“ Es sei auch für Bundes- und Landesbeamte möglich, sich bundesweit zu bewerben. Die Möglichkeit, innerhalb der Verwaltung die Stelle zu wechseln, sei immer gegeben – und davon werde auch regelmäßig Gebrauch gemacht. &bdquo;Es gibt auch beim Staat eine große Flexibilität“, sagt Staude. Besoldung eines Beamten Ingenieur Maik F. glaubt, dass er bei einem Wechsel in die Privatwirtschaft umgerechnet rund 11.000 Euro netto mehr pro Jahr verdienen könnte. Auch Staude räumt ein: &bdquo;Die Bezahlung ist eine Schwierigkeit“; die Unterschiede zur Privatwirtschaft seien mitunter &bdquo;enorm“. Beispielsweise in der Finanzverwaltung sei es großen Steuerberatungsgesellschaften oft ohne Weiteres möglich, hohe Ablösen zu zahlen, um so gut ausgebildete Landesbeamte abzuwerben. Lesen Sie auch: &bdquo;Paradox“: Tausende Fachkräfte in OWL könnten sofort arbeiten Weiterer Nachteil: &bdquo;Bei einer Haushaltssperre werden in der Regel keine Beförderungen der Beamten ausgesprochen“, sagt Staude. In NRW – und auch in OWL – ist die finanzielle Lage vieler Kommunen aktuell äußerst angespannt – das könnte also auch Folgen für die Beamten in den Verwaltungen haben. Arbeitszeit für Beamte Die Wochenarbeitszeit unterscheidet sich zumindest offiziell: Maik F. moniert, dass er als Landesbeamter 41 Stunden pro Woche arbeiten muss, während es laut Tarifvertrag in der Privatwirtschaft in der Regel 35 Stunden sind. &bdquo;Dieses Argument kann ich nachvollziehen“, sagt Staude. Die Unterschiede bei der Wochenarbeitszeit seien eine &bdquo;gefühlte Ungerechtigkeit“ – und &bdquo;immer ein Thema“ für den DBB. Staude ordnet aber ein, dass sich die Wochenarbeitszeit auch für Beamte in NRW ab dem 55. Lebensjahr reduziert. Ingenieur Maik F. meint, dass Beamte mitunter &bdquo;Spielball der Politik“ seien, da der Landesgesetzgeber die Besoldung festlege und es keine Sozialpartner beim Aushandeln gebe. Auch dieser Argumentation kann Staude etwas abgewinnen. &bdquo;Deshalb führen wir als DBB oft intensive Verhandlungen mit der Landesregierung.“ Die Problematik zeigt sich laut Staude aber zum Beispiel auch bei der Alimentation – und dem Abstandsgebot. Lesen Sie auch: Goldener Käfig? Warum ein Ingenieur aus OWL kein Beamter mehr sein will Das sieht vor, dass die Nettoalimentation in den unteren Besoldungsgruppen der Beamten um mindestens 15 Prozent über dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liegen muss. Durch Entwicklungen zum Beispiel beim Bürgergeld ändert sich entsprechend auch regelmäßig die Alimentation der Beamten – ein mitunter höchst komplexer Sachverhalt. Qualität des Beamtentums Eine aktuelle Schieflage ist laut Staude, dass derzeit auch im Beamtentum viel &bdquo;mit dem Fachkräftemangel“ argumentiert werde. &bdquo;Die Voraussetzungen, um Beamter zu werden, werden laxer“, stellt Staude fest. Aus der Not heraus werde immer häufiger auf Quereinsteiger gesetzt. &bdquo;Das darf nicht der Normalfall werden“, fordert Staude. Lesen Sie auch: Führerschein-Entzug bei Angriffen auf Beamte? So reagiert das Land NRW Es brauche eine Rückbesinnung: &bdquo;Was versteht die Politik unter dem hoheitlichen Bereich des Beamtentums – und wie wichtig ist uns die Daseinsvorsorge?“ Das Beamtentum sei die &bdquo;Garantie“ für die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats, so Staude. Man müsse aufpassen, dass der Staat nicht seine &bdquo;qualitätssichernde“ Funktion verliere. Staude fordert, den Öffentlichen Dienst &bdquo;in die heutige Zeit“ zu stellen. &bdquo;Ich bin für eine echte Besoldungsstruktur. Wir haben im Beamtentum heute ganz andere Schwerpunkte als vor 50 Jahren. Wir müssen uns Zeit nehmen, um eine echte und ganzheitliche Reform durchzuführen.“ Mit anderen Worten: &bdquo;Eigentlich steht bei uns eine große Operation an; doch wir kleben derzeit alles nur sporadisch mit Pflastern zu“, sagt Staude. Kosten für den Staat durch Beamte Ein nicht selten gehörter Vorwurf: Beamte sind teuer – und kosten letztlich auch den Staat mehr. Diesen Vorwurf weist Staude zurück. Berechnungen des DBB auf Basis eines Gutachtens aus Schleswig-Holstein zeigten: Es gebe keine &bdquo;signifikanten Kostenunterschiede“ zwischen einem Beamten gegenüber einem Tarifbeschäftigten – unter Berücksichtigung finanzwirtschaftlicher Berechnungsmethoden und mit Blick auf die Lebenszeit der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. &bdquo;Wenn man das finanzmathematisch betrachtet, dann ist ein Beamter in der Gesamtbetrachtung je nach Besoldung 5 bis 14 Prozent günstiger“, sagt Staude.

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