Neue Details: Warum es keinen zweiten Abschiebeversuch von Issa al H. aus OWL gab

Paderborn/Solingen. Um genau 2.30 Uhr, an einem lauen Sommertag im Juni 2023, sollte Issa al H. von den Behörden aus der Paderborner Dempsey-Kaserne abgeholt werden. Von hier sollte der Syrer, der seit einigen Monaten in der Flüchtlingsunterkunft lebte, nach Düsseldorf gebracht werden. Denn um 7.20 Uhr wartete eine Passagiermaschine auf den mittlerweile in Untersuchungshaft sitzenden mutmaßlichen Terroristen, die ihn in die bulgarische Hauptstadt Sofia bringen sollte. Doch al H. war an dem frühen Morgen nicht in der Unterkunft. Stunden zuvor und danach schon. Ob er die Nacht womöglich in einem anderen Zimmer verbrachte, blieb offen – die Behörden durften damals noch die Zimmer Dritter nicht betreten, um nach Issa al H. zu suchen. Für sie schien zudem ein weiterer Abschiebeversuch nicht erfolgversprechend. Lesen Sie auch: Chronologie des Anschlags: Wie Issa al H. von Paderborn nach Solingen kam Diese Beschreibungen der Abschiebungen gehen aus einer Antwort des zuständigen NRW-Fluchtministeriums auf Anfrage dieser Redaktion hervor. Darin gibt das Ministerium auch Aufklärung: Denn dass ein zweiter Abschiebeversuch nicht unternommen wurde, weil er offenbar als nicht sehr aussichtsreich angesehen werde, liege an den komplexen Modalitäten einer Dublin-Überführung. Im Fall von Issa al H. bedeutet das: Er hat vor seinem Asylantrag in Bielefeld bereits einen solchen Antrag in Bulgarien gestellt und sollte daher in das osteuropäische Land rückgeführt werden. Syrer hätte innerhalb von sechs Monaten abgeschoben werden sollen Die Vorgaben, die Bulgarien für solche Überführungen mache, seien allerdings von verschiedenen Kriterien geprägt. So dürfe die Einreise der abgeschobenen Personen nur montags bis donnerstags in der Zeit von 9 bis 14 Uhr erfolgen. Sie müssen neun Werktage vorher angekündigt werden und seien nur auf dem Flugweg zum Flughafen in Sofia möglich. Nur drei Airlines akzeptiere das Land für diese Maßnahmen. Zudem nutzen auch Staaten ohne Direktverbindung nach Sofia deutsche Flughäfen für Dublin-Rückführungen nach Bulgarien. Dies komme &bdquo;einschränkend“ hinzu. Als die Behörden Issa al H. nun am 5. Juni 2023 nicht angetroffen hatten und damit die Überführung nach Bulgarien platzte, kamen sie zu dem Ergebnis, dass eine Abschiebung ohnehin nicht mehr geschafft werden könne. Grund dafür sind gesetzliche Fristen. Lesen Sie auch: Wieso scheiterte die Abschiebung des mutmaßlichen Solinger Attentäters aus OWL? Ende Februar 2023 erhielt al H. seinen Abschiebebescheid. Nun hätte er innerhalb von sechs Monaten abgeschoben werden müssen. Danach wäre es nicht mehr möglich gewesen. Doch die Behörden erhielten für al H. nur Flugtermine wenige Tage nach Ablauf der Abschiebefrist. Ein zweiter Versuch, den Syrer nach Bulgarien zu bringen, fand daher gar nicht erst statt. .responsive23-uKRJCBz8Gw9fLiUK-map-test-map { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-uKRJCBz8Gw9fLiUK-map-test-map { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-uKRJCBz8Gw9fLiUK-map-test-map { padding-top: 142.86%; } } &bdquo;Islamischer Staat“ reklamiert Solingen-Attentat für sich Ende August zog der Mann nach Solingen. Fast ein Jahr später, am Abend des 23. August, soll al H. auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet haben, acht weitere Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt. Die Terrororganisation &bdquo;Islamischer Staat“ (IS) reklamierte die Tat für sich, es tauchten Bekennerschreiben sowie ein Foto und Videos in IS-Kanälen auf. Laut Bundesanwaltschaft habe sich al H. der Terrororganisation zu einem nicht bekannten Zeitpunkt angeschlossen und teile deren Ideologie. NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) betont nach der gescheiterten Abschiebung, dass nun alle staatlichen Ebenen gefordert seien, die Rückführungspraxis &bdquo;genau zu überprüfen und Verbesserungen herbeizuführen“. Zudem weist sie darauf hin, dass bisher keine sicherheitsrelevanten zu dem Verdächtigen vorlagen.

Meistgelesen