Bielefelder Forscher bei den G7: Diese Rolle spielt der Gipfel im Ukraine-Krieg

Bari/Bielefeld. Der G7-Gipfel der sieben großen Industrienationen will seine Unterstützung für die Ukraine massiv ausweiten. Um dem von Russland angegriffenen Land bis Ende des Jahres 50 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen, sollen die Zinserträge aus eingefrorenen russischen Vermögen genutzt werden. Insgesamt haben die G7-Staaten und die EU etwa 325 Milliarden US-Dollar an Vermögen der russischen Zentralbank eingefroren. Die Einigung auf die Nutzung der Zinserträge ist ein Kompromiss zwischen US-Präsident Joe Biden, der das gesamte Vermögen der Ukraine zur Verfügung stellen wollte, und seinen europäischen Partnern, die eine Beschlagnahmung durch das internationale Recht ausgeschlossen sehen. Für den Bielefelder Politikwissenschaftler Martin Koch zeigt diese Einigung, wie wichtig die G7-Gipfel für die Weltpolitik sind. &bdquo;Die Entscheidungen der G7-Gipfel sind zunächst nur Vereinbarungen, doch diese werden in den allermeisten Fällen kurz danach auch durchgesetzt, sodass dieser rein informelle Austausch die Weltpolitik bestimmt“, erklärt Koch, der an der Universität Bielefeld die Rollen von G7 und G20 erforscht. &bdquo;Das Beispiel der Ukraine-Hilfe zeigt sehr gut, wie die G7-Nationen bei ihren Treffen vorgehen. Vor politischen Entscheidungen stimmen sie Mehrheiten und Kompromisse ab, die sie dann mit einer Stimme verkünden und anschließend umsetzen.“ Lesen Sie auch: G7 wollen Ukraine mit Russland-Geld langfristig stärken So setzen die G7, bestehend aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA, nach Angaben Kochs als Wertegemeinschaft, die für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte steht, ein einheitliches Zeichen gegen China und Russland. &bdquo;Die G7 galten im Vergleich zur G20 vor dem russischen Angriff auf die Ukraine in einigen Kreisen bereits als überflüssig, doch spätestens seit Kriegsbeginn ist klar, wie wichtig eine gemeinsame Stimme des Westens und die Gipfel zur Abstimmung sind.“ Das macht die Forschung zu den beiden Gruppen nach Angaben Kochs so spannend: &bdquo;Die Entscheidungen der Gipfel haben massive Folgen.“ G7 sichert Ukraine-Hilfe gegen Trump ab Den diesjährigen Gipfel im italienischen Bari bewertet der Politikwissenschaftler als Erfolg. &bdquo;Das machen vor allem zwei Einigungen aus. Zum einen die Vereinbarung zur Ausweitung der Ukraine-Hilfen um weitere 50 Milliarden US-Dollar bis Ende 2024. Zum anderen die Stärkung der globalen Partnerschaft für Infrastruktur und Investitionen mit 600 Milliarden US-Dollar für Programme in Afrika bis 2027.“ Lesen Sie auch: Bielefelder Wissenschaftler beim G20-Gipfeltreffen: &bdquo;Die Einigung ist ein Erfolg“ Von den Investitionen in afrikanische Staaten sollen laut Koch beide Seiten profitieren. &bdquo;Das haben die G7-Nationen deutlich gemacht. Das sind keine Almosen, sondern Mittel, um afrikanische Staaten wirtschaftlich zu stärken.“ Mittelfristig wollen die Geber nach Angaben des Politikwissenschaftlers von günstiger grüner Energie und weniger Migration aus Afrika profitieren. Beide Vereinbarungen sind nach Angaben Kochs langfristig angelegt. Auch die Ausweitung der Ukraine-Hilfen, da vor der Präsidentschaftswahl in den USA im November die Sorge bestehe, dass Joe Biden durch Donald Trump ersetzt wird. &bdquo;Mit ihrer Vereinbarung zum jetzigen Zeitpunkt und der Absicherung sorgen die G7 dafür, dass auch Trump als möglicher nächster Präsident die daraus resultierenden Beschlüsse nicht einfach aushebeln kann.“ Das sei nicht nur wichtig für die Ukraine, sondern auch für die europäischen Partner der USA. Papst Franziskus als Gast beim Gipfel Besonders macht den diesjährigen Gipfel laut Koch der Besuch von Papst Franziskus, der einer Einladung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gefolgt ist. &bdquo;Das ist eine Premiere, zuvor hat noch kein Papst an einem Gipfel teilgenommen. Spannend ist, dass er nicht nur einen Vortrag zum Thema Ethik und Künstliche Intelligenz halten wird, sondern auch diverse Gespräche mit Staatsvertretern vereinbart hat.“ Der Papst nutze den Gipfel, um als globaler Akteur aufzutreten und sich offenbar auch einzumischen, sagt Koch.

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