Benex kauft die Westfalenbahn – Gewerkschaftschef: „Das ist Kannibalismus“

Bielefeld. Die jüngste Nachricht vom Verkauf der zum niederländischen Abelliokonzern gehörenden Westfalenbahn hat in der Bahnbranche zu vielen Diskussionen geführt. Wie berichtet, will der Mobilitätsdienstleister Benex mit Sitz in Hamburg die Gesellschafteranteile des Bielefelder Eisenbahnunternehmens mit rund 400 Beschäftigten ebenso übernehmen wie die Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH (Halle Saale) sowie die Servicegesellschaft PTS GmbH (Neuss). Für die betroffenen Beschäftigten werde sich nichts ändern, ebenso wenig für die Fahrgäste, hieß es von Benex. Denn alle vertraglichen Verpflichtungen würden künftig auch von Benex übernommen, versicherte eine Unternehmenssprecherin. Dennoch gibt es besorgte Stimmen zu der Transaktion, etwa von Neithard von Böhlen, Landeschef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) NRW. Er sagt gegenüber dieser Redaktion: &bdquo;Der Gesellschafterwechsel von Abellio zu Benex hat rein gar nichts mit funktionablem Marktgeschehen zu tun – sondern eher mit Schlussverkauf oder Kannibalismus.“ Hier zeige sich mal wieder, &bdquo;dass die Bahnreform von 1994 gescheitert ist“. &bdquo;Ich fürchte, dass es die Eurobahn als Nächstes trifft“ Der Markt für den Schienennahverkehr (SPNV) sei &bdquo;nicht tragfähig und unwirtschaftlich“, so von Böhlen weiter. &bdquo;Für das Gelingen der Verkehrswende brauchen wir dringend einen gesellschaftlichen Konsens.“ Es gehe um ein tragfähiges wirtschaftspolitisches Konzept für mehr Bahnangebote in NRW. Dieses müsse zukunftsfähig ausgestattet sein, so der EVG-Chef. &bdquo;Abellio ist ja leider nicht der Erste, der über die Klinge springt und seinen Betrieb aufgibt. Ich befürchte, dass es die Eurobahn als Nächstes trifft“, sagt der Gewerkschafter. Mit dieser Aussage spielt von Böhlen auf die aktuelle Lage der Eurobahn an, die seit 2021 nach einem neuen Investor sucht, seitdem sich der französische Staatskonzern Keolis von der deutschen Tochter getrennt hatte. Aktuell hat die Eurobahn in OWL und dem Münsterland, wie berichtet, den Verkehr auf etlichen Strecken aufgrund von Personalmangel stark eingeschränkt oder sogar eingestellt. Lesen Sie auch: Eurobahn kürzt den Fahrplan – drei Zugverbindungen in OWL fallen weg &bdquo;Entscheidend ist, was der Fahrgast geboten bekommt“ &bdquo;Die Westfalenbahn ist ein erfolgreiches Unternehmen. Dass dieses gekauft wird, kann ich nachvollziehen“, sagt Kurt Kalkreuter, Vorsitzender der Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Ostwestfalen-Lippe (VVOWL) auf Anfrage. Letztlich sei entscheidend, &bdquo;was der Fahrgast geboten bekommt“. Es gehe insgesamt um die Stabilität des Systems, sowohl für die Beschäftigten als auch die Bahnkunden. Auch der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) als Aufgabenträger äußerte sich zur Situation. &bdquo;Der NWL begrüßt den Schritt der Benex mit Blick auf das damit gesendete Signal der Kontinuität“, heißt es in einem Schreiben an die Redaktion. &bdquo;Die Westfalenbahn liefert trotz der schwierigen Marktsituation sehr soliden Verkehr, und wir erwarten, dass ein Gesellschafterwechsel keine negativen Auswirkungen auf die Performance haben wird“, so der NWL weiter. Über die konkreten Hintergründe der Entscheidung des niederländischen Gesellschafters habe der NWL keine Kenntnis. &bdquo;Dass der Ausstieg jedoch ohne Zutun der Aufgabenträger abläuft, ist positiv.“ Im Rahmen der Zustimmungspflichten werden sich die Vertragspartner nun laut NWL mit dem beabsichtigten Gesellschafterwechsel befassen. &bdquo;Die notwendigen Prüfungen der beiden Parteien müssen jedoch zunächst abgeschlossen werden.“ Die Benex Holding wächst mit der Übernahme eigenen Angaben zufolge von derzeit 2.100 auf künftig mehr als 3.500 Mitarbeiter und einer Verkehrsleistung von jährlich rund 65 Millionen Zugkilometern (aktuell: 49) an. Mit dem Verkauf seiner drei verbliebenen deutschen Bahntöchter trennt sich der niederländische Abellio-Konzern endgültig von seinen deutschen Aktivitäten, um sich auf den Heimatmarkt zu konzentrieren. Nach Angaben von Angelique Magielse, Finanzvorständin von Abellio Niederlande, hatte Abellio in Deutschland im Jahr 2023 einen Umsatz von mehr als 400 Millionen Euro und mehr als 1.600 Mitarbeiter. Der Hauptsitz von Abellio Deutschland befindet sich derzeit in Berlin.

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