Wüst stellt Kohle-Aus für 2030 in NRW überraschend in Frage

Düsseldorf. Es ist inzwischen zweieinhalb Jahre her, als Hendrik Wüst neuer Ministerpräsident in NRW wurde - und auf Armin Laschet folgte. Der bis dato unbekannte Landesminister Wüst ließ prompt mit einer Ankündigung aufhorchen: Er sei bereit, den Kohleausstieg um acht Jahre vorzuziehen, auf 2030 - sollten die Vorzeichen passen. Diesen Kurs verfolgte Wüst in den folgenden Monaten. Jetzt stellt er den Plan überraschend deutlich infrage. Bleibe es bei der aktuellen Kraftwerkstrategie der Ampel-Koalition, so gefährde die Bundesregierung den Kohle-Ausstieg 2030, sagte Wüst am Dienstag in Düsseldorf. So deutlich hat er sich bislang noch nicht geäußert. Im Gegenteil: Nach seiner Ankündigung in seiner Regierungserklärung im November 2021 forcierte Wüst ein früheres Kohle-Aus in NRW Schritt für Schritt. Der gilt als ein Herzstück des schwarz-grünen Koalitionsvertrags. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hatte das vereinbarte Kohle-Aus 2030 schließlich im Oktober 2022 vorgestellt - wenig später folgten die weltweit beachteten Demonstrationen in Lützerath, weshalb diese Nachricht damals etwas unterging. Ende des vergangenen Jahres setzte Wüst dann ein erstes vorsichtiges Fragezeichen hinter den ambitionierten Plan. Es brauche in NRW sechs Gaskraftwerke, um den Energiehunger der mächtigen Industrie zu stillen, sagte Wüst. Das dauere aber fünf bis sechs Jahre. Es brauche Klarheit und Tempo der Bundesregierung, sonst gefährde sie den Ausstieg 2030, sagte der CDU-Politiker. Schon FDP-Minister Pinkwart forderte den Bau von Gaskraftwerken Es sind jetzt genau diese Pläne des Bundes, auf die Wüst sich erneut bezieht. Die Ampel-Koalition hatte vor wenigen Wochen angekündigt, neue Gaskraftwerke zu bauen, die zunächst mit Erdgas betrieben - und ab 2032 schrittweise auf Wasserstoff umgestellt werden sollen. Das ist eine Reaktion auf den Stopp der russischen Gaslieferungen und auf das Ende des Atomstroms in Deutschland. Zugleich sollen die Kraftwerke Energie liefern, um Wind- und Sonnenstrom zu ergänzen. Die Bundesregierung hat Gaskraftwerke in einer Größenordnung von rund zehn Gigawatt angekündigt. Zum Vergleich: NRW bezieht aktuell knapp acht Gigawatt Energie aus Sonnenkraft. Die NRW-Regierung hält die Pläne der Ampel-Koalition für unzureichend - so sieht es auch Grünen-Ministerin Neubaur. Arbeitgeber-Präsident Arndt Kirchhoff sagt, dass es mindestens 25 Gigawatt brauche - statt der geplanten zehn. Laut Wüst fordern einige Experten sogar mehr als 30 Gigawatt. Entscheidend sei jetzt unter anderem, wo die Bundesregierung die einzelnen Gaskraftwerke bauen werde. Und: Wenn sich die Planungs- und Genehmigungsverfahren nicht reduzierten, dann sei alles, was nach 2024 auf den Weg gebracht werde, zu spät, um bis 2030 am Netz zu sein, so Wüst. &bdquo;Stand heute passen die Dinge nicht zusammen.“ Völlig überraschend ist die aktuelle Diskussion indes nicht. Neubaurs Amtsvorgänger, Andreas Pinkwart (FDP), hatte bereits Anfang 2022 gegenüber dieser Redaktion betont, dass NRW bis zu zwölf zusätzliche Gaskraftwerke bauen müsse - mit einer Leistung von bis zu sieben Gigawatt. Damals bezog Deutschland noch russisches Gas und Energie aus eigenen Atomkraftwerken. Nach dem Regierungswechsel in NRW wurde es jedoch still um diese Pläne. Zwar haben CDU und Grüne die erneuerbaren Energien im Land - wie angekündigt - ausgebaut - doch beim Thema Gas zeigt die NRW-Regierung umso stärker nach Berlin. Damit dürfte auch klar sein, wer in den Augen der Landesregierung am Ende schuld sein wird, falls sich der Kohle-Ausstieg in NRW doch nicht bis 2030 realisieren lassen sollte.

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