Verden/Porta Westfalica. Ermittlungsbehörden in Niedersachsen bitten die Bevölkerung abermalig um Hinweise zu drei früheren Mitgliedern der linksterroristischen Roten Armee Fraktion (RAF). Die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt haben sich am Freitag in einer Mitteilung an die Öffentlichkeit gewandt. Bei den Beschuldigten handelt es sich um Ernst-Volker Staub, Daniela Marie Luise Klette und Burkhard Garweg. Am Mittwoch ist die Fahndung nach dem RAF-Trio Thema der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY". Die wichtigsten Antworten im Überblick.
Wer sind die Gesuchten?
Staub, Klette und Garweg sollen Teil der sogenannten dritten Generation der RAF sein, die sich Ende der 1990er Jahre auflöste. Die linksterroristische Gruppierung hat seit den späten 1960er Jahren Dutzende Personen bei Anschlägen getötet. Die letzte bekannte Aktion der RAF ereignete sich Ende März 1993: Gegen die JVA Weiterstadt bei Darmstadt kommt es zu einem Sprengstoffanschlag. Zwar werden keine Menschen verletzt, der Schaden an dem Gefängnis ist mit 90 Millionen D-Mark aber enorm. Klette, Garweg und Staub könnten laut DNA-Spuren beteiligt gewesen sein.
Die drei leben mittlerweile im Untergrund. Sie sollen für mehrere Raubüberfälle verantwortlich sein. Deren Hintergrund ist jedoch nicht politisch motiviert, sondern soll der Lebensfinanzierung dienen. Weil sie die Taten mit Waffengewalt (teilweise sogar Kriegswaffen wie Sturmgewehren oder einer Panzerfaust) warnen die Behörden davor, selbst an die Gesuchten heranzutreten.
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Was wird dem RAF-Trio konkret zur Last gelegt?
Zwölf Raubstraftaten in den Jahren zwischen 1999 und 2016 werden den Beschuldigten zugerechnet. Unter anderem sollen sie in Stuhr bei Bremen versucht haben, einen Geldtransporter auszurauben, wie DNA-Spuren nachwiesen. Weitere Taten sollen sich unter anderem in Bochum-Wattenscheid, Essen, Wolfsburg und Cremlingen ereignet haben. Der Schaden geht in den siebenstelligen Bereich. Die Ermittler sind sich sicher, dass das RAF-Trio während der Taten in Deutschland gewohnt haben soll. Jüngste Ermittlungen ergaben, dass mindestens eine Person noch intensive Kontakte im Land pflege.
Welche Verbindungen gibt es nach OWL?
Kurz nach Ostern 2009 sollen die drei Gesuchten in Löhne (Kreis Herford) einen Marktkauf überfallen haben, wie Auswertungen nahelegen. Bei der Tat soll damals eine Kassiererin von zwei Maskierten in den Kassenraum gedrängt worden sein. Die Täter sollen Geld verlangt haben und in einem roten VW Golf II geflohen sein.
Auch die Suche nach den Fluchtautos führte nach OWL: Im Großraum Bielefeld kauften die Kriminellen mehrere ihrer späteren Fluchtfahrzeuge, die sie entweder am Tatort zurückließen oder nach der Flucht anzündeten. So hieß es schon 2017 vom LKA Niedersachsen: „Die Gebiete um die Städte Bielefeld, Porta Westfalica und (...) Osnabrück sind für die Fahnder von besonderem Interesse. Hier dürften die Gesuchten besonders häufig gewesen sein."
So sollen die Gesuchten Ende November 2013 in Bielefeld einen dunkelblauen VW Golf III gekauft haben, den sie im August 2014 bei einem Überfall auf einen Marktkauf in Elmshorn bei Hamburg genutzt haben sollen. Etwa ein Jahr später soll das Trio ebenfalls in Bielefeld einen blauen VW Passat Kombi gekauft haben, den sie etwa zwei Monate später bei dem Überfall in Osnabrück genutzt haben sollen. Insgesamt sind es fünf Autos, die die Kriminellen in Bielefeld und Porta Westfalica gekauft haben sollen.
Was interessiert die Ermittler nun?
Vor allem stehen die Fragen im Raum, wo sich die Gesuchten aufhalten, wer das Trio gesehen hat oder mit den Kriminellen in Verbindung stand. Allerdings interessieren die Ermittler auch mögliche Unterstützer oder Personen (oder auch Gruppen oder Organisationen), die Kontakt zu den Gesuchten hatten. Zudem bitten die Ermittler um Bilder oder Videoaufnahmen der Täter.
Auch nähere Informationen zu den Gesuchten erhoffen sich die Ermittler. Zum Beispiel zu ihrer Familiensituation, zu möglichen psychischen Problemen, zu Krankheiten oder Drogenkonsum, aber auch Interessen oder Vorlieben. Die Ermittler weisen ausdrücklich darauf hin, dass es auch die Möglichkeit gibt, anonym Hinweise zu geben. Zudem richten sich die Ermittler auch an die Gesuchten selbst: Sollten sich die Gesuchten stellen, könne auch die Möglichkeit der Kronzeugenregelung besprochen werden. Dies würde Strafmilderung für die Gesuchten bedeuten.